König Heinrich IV. Erster Teil. William Shakespeare. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Shakespeare
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754178393
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      Durch Neid, daß Lord Northumberland der Vater

      Solch eines wohlgeratnen Sohnes ist:

      Ein Sohn, den Ehre stets im Munde führt,

      Der Stämme gradester im ganzen Wald,

      Des holden Glückes Liebling und sein Stolz;

      Indes ich, wenn ich seinen Ruhm betrachte,

      Wüstheit und Schande meinem jungen Heinrich

      Seh' auf die Stirn gedrückt. Oh, ließe sich's

      Erweisen, daß ein Elfe, nächtlich spükend,

      In Windeln unsre Kinder ausgetauscht,

      Meins Percy, seins Plantagenet genannt,

      Dann hätt' ich seinen Heinrich und er meinen.

      Doch weg aus meinem Sinn! – Was meint Ihr, Vetter,

      Vom Stolz des jungen Percy? Die Gefangnen,

      Die er bei diesem Treffen hat gemacht,

      Behält er für sich selbst und gibt Bescheid,

      Mordake, den Lord von Fife, nur sollt' ich haben.

      WESTMORELAND.

      Das lehret ihn sein Oheim, das ist Worcester,

      Euch feindlich unter jeglichem Aspekt;

      Dies macht, daß er sich brüstet und den Kamm

      Der Jugend gegen Eure Würde sträubt.

      KÖNIG HEINRICH.

      Auch hab' ich ihn zur Rechenschaf berufen,

      Weshalb auf eine Weile nachstehn muß

      Der heil'ge Vorsatz nach Jerusalem.

      Vetter, auf nächsten Mittwoch woll'n wir Rat

      Zu Windsor halten: meldet das den Lords!

      Kommt aber selbst mit Eil' zu uns zurück,

      Denn mehr noch ist zu sagen und zu tun,

      Als ich vor Zorne vorzubringen weiß.

      WESTMORELAND.

      Ich will's, mein Fürst.

      Alle ab.

      Zweite Szene

      Ein anderes Zimmer im Palast.

      Prinz Heinrich von Wales und Falstaff treten auf.

      FALSTAFF. Nu, Heinz! welche Zeit am Tage ist es, Junge?

      PRINZ HEINRICH. Dein Witz ist so feist geworden, durch Sekttrinken, Westenaufknöpfen nach Tisch und nachmittags auf Bänken schlafen, daß du vergessen hast, das eigentlich zu fragen, was du eigentlich wissen möchtest. Was Teufel hast du mit der Zeit am Tage zu schaffen? Die Stunden müßten denn Gläser Sekt sein, und Minuten Kapaunen, und Glocken die Zungen der Kupplerinnen, und Zifferblätter die Schilder von liederlichen Häusern, und Gottes Sonne selbst eine schöne hitzige Dirne in feuerfarbnem Taft; sonst sehe ich nicht ein, warum du so vorwitzig sein solltest, nach der Zeit am Tage zu fragen.

      FALSTAFF. Wahrlich! da triffst du es, Heinz. Denn wir, die wir Geldbeutel wegnehmen, gehn nach dem Mond und dem Siebengestirn umher, und nicht nach Phöbus, – »dem irrenden Ritter fein«. Und ich bitte dich, Herzensjunge, wenn du König bist, – wie du, Gott erhalte deine Gnaden! – Majestät sollte ich sagen, denn Gnade wird dir nicht zu teil werden –

      PRINZ HEINRICH. Was? keine Gnade?

      FALSTAFF. Nein, meiner Treu! Nicht so viel, um dir ein geröstet Ei damit zu gesegnen.

      PRINZ HEINRICH. Nun, was weiter? Rund heraus mit der Sprache!

      FALSTAFF. Nun gut denn, Herzensjunge: wenn du König bist, so laß uns, die wir Ritter vom Orden der Nacht sind, nicht Diebe unter den Horden des Tages heißen: laß uns Dianens Förster sein, Kavaliere vom Schatten, Schoßkinder des Mondes; und laß die Leute sagen, daß wir Leute von gutem Wandel sind, denn wir wandeln, wie die See, mit der Luna, unsrer edlen und keuschen Gebieterin, unter deren Begünstigung wir stehlen.

      PRINZ HEINRICH. Gut gesprochen, und es paßt auch gut, denn unser Glück, die wir Leute des Mondes sind, hat seine Ebbe und Flut, wie die See, da es, wie die See, unter dem Monde steht. Als zum Beispiel: ein Beutel mit Gold, der Montag nachts auf das herzhafteste erschnappt ist, wird Dienstag morgens auf das scherzhafteste durchgebracht; gekriegt mit Fluchen: »leg' ab!« und verzehrt mit Schreien: »bring' her!« Jetzt so niedrige Ebbe, wie der Fuß der Leiter, und gleich darauf so hohe Flut, wie der Gipfel des Galgens.

      FALSTAFF. Beim Himmel, du redest wahr, Junge. Und ist nicht unsre Frau Wirtin von der Schenke eine recht süße Kreatur?

      PRINZ HEINRICH. Wie der Honig von Hybla, mein alter Eisenfresser. Und ist nicht ein Büffelwams ein recht süßes Stück zum Strapazieren?

      FALSTAFF. Nu, nu, toller Junge! Hast du einmal wieder deine Faxen und Quinten im Kopfe? Was zum Kuckuck habe ich mit einem Büffelwams zu schaffen?

      PRINZ HEINRICH. Ei, was zum Henker habe ich mit unsrer Frau Wirtin von der Schenke zu schaffen?

      FALSTAFF. Nun, du hast manches liebe Mal eine Rechnung mit ihr abgemacht.

      PRINZ HEINRICH. Rief ich dich je dazu, dein Teil zu bezahlen?

      FALSTAFF. Nein, ich lasse dir Gerechtigkeit widerfahren: du hast da immer alles bezahlt.

      PRINZ HEINRICH. Ja, und anderswo auch, soweit mein bares Geld reichte, und wo es mir ausging, habe ich meinen Kredit gebraucht.

      FALSTAFF. Ja, und ihn so verbraucht, daß, wenn du nicht vermutlicher Thronerbe wärst, so würde vermutlich – Aber sage mir, Herzensjunge, soll ein Galgen in England stehen bleiben, wenn du König bist? Soll die Tapferkeit von dem rostigen Gebiß des alten Schalksnarren Gesetz eingezwängt werden, wie jetzt? Häng' du keinen Dieb, wenn du König bist!

      PRINZ HEINRICH. Nein, du sollst es tun.

      FALSTAFF. Ich? O herrlich! Beim Himmel, ich werde ein wackrer Urteilsprecher sein.

      PRINZ HEINRICH. Du sprichst schon ein falsches: ich meine, du sollst die Diebe zu hängen haben und ein trefflicher Henker werden.

      FALSTAFF. Gut, Heinz, gut! Auf gewisse Weise paßt es auch zu meiner Gemütsart, so gut wie bei Hofe aufwarten, das sage ich dir.

      PRINZ HEINRICH. Um befördert zu werden.

      FALSTAFF. Ja, um befördert zu werden, was der Henker nicht nötig hat, weil er selbst befördert. Blitz, ich bin so melancholisch wie ein Brummkater, oder wie ein Zeiselbär.

      PRINZ HEINRICH. Oder ein alter Löwe, oder die Laute eines Verliebten.

      FALSTAFF. Ja, oder das Geschnarre eines Lincolner Dudelsacks.

      PRINZ HEINRICH. Was meinst du zu einem Hasen? oder so melancholisch wie ein fauler Sumpf?

      FALSTAFF. Du hast die abschmeckendsten Gleichnisse von der Welt und bist wahrhaftig der vergleichsamste, spitzbübischste, niedlichste junge Prinz. – Aber, Heinz, ich bitte dich, suche mich nicht mehr mit Eitelkeiten heim! Ich wollte, du und ich, wir wüßten, wo ein Vorrat von guten Namen zu kaufen wäre. Ein alter Herr vom Rate schalt mich neulich auf der Gasse Euretwegen aus, junger Herr, aber ich merkte nicht auf ihn; und doch redete er sehr weislich, aber ich achtete nicht auf ihn; und doch redete er weislich, und obendrein auf der Gasse.

      PRINZ HEINRICH. Du tatest wohl daran: denn die Weisheit läßt sich hören in den Gassen, und niemand achtet ihrer.

      FALSTAFF. Oh, du hast verruchte Nutzanwendungen im Kopf und bist wahrhaftig imstande, einen Heiligen zu verführen. Du hast viel an mir verschuldet, Heinz, Gott vergebe es dir! Eh' ich dich kannte, Heinz, wußte ich von gar nichts, und nun bin ich, die rechte Wahrheit zu