Mimikri. Dennis Weis. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dennis Weis
Издательство: Bookwire
Серия: Mimikri
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742769961
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musste eine Hexe sein!

      Das Problem war nur, dass Hexen ausgerottet sein mussten Die Nocta hatten sie alle gejagt und getötet oder töten lassen. Damalig waren hohe Kopfgelder auf die Zauberfrauen ausgesetzt und durch die gierigen Menschen, die ihnen zahlenmäßig überlegen waren, hatten sie keine Chance. Zudem wurden sie von engsten Freunden verpfiffen, die sich durch die Belohnung ein besseres Leben erhofften und meist selbst getötet wurden, da sie ja im Bunde mit den Hexen gestanden hatten.

      In diesem Moment erkannte Dyako ein weiteres Problem- wenn sie eine Hexe war, würden die Nocta nicht aufgeben, sie weiterhin zu jagen und zu töten! Es könnte die minimale Möglichkeit bestehen, dass die Männer von vorgestern gar keine Räuber waren, sondern Söldner der Nocta.

      Vielleicht war es besser, wenn sie geflüchtet war, dachte sich Dyako, je öfter er darüber nachdachte. Besser für ihn, aber definitiv nicht besser für die Fremde, denn wenn sie in dem Zustand war, dass sie regungslos auf dem Boden lag, hatte sie keine Chance gegen die Schergen der Nocta und war ihnen ausgeliefert.

      Noch in Gedanken sah er eine Person auf seinen Hof zukommen. Zuerst konnte er nicht erkennen, wer sie war- nicht mal, ob männlich oder weiblich. Sofort ging bei ihm die Alarmglocken an, denn er dachte daran, dass es Jäger der Nocta sein könnten, die nun die Spur der Fremden bis hierher verfolgt hatte.

      Die Suchenden würden ihn ausquetschen, um herauszufinden, wo die Frau versteckt war. Sie würden ihn foltern, damit er sprach- aber er konnte ihren Aufenthaltsort nicht preisgeben, da er ja tatsächlich nicht kannte. Er wusste schlichtweg einfach nicht, wo sie sich aufhielt. Aber er würde es ihnen auch nicht verraten, selbst wenn er den Ort kennen würde.

      Aber es kam anders und Dyako erkannte, dass es die Fremde war, die sich auf dem Weg zu ihm befand, als wäre nichts gewesen. Sie hielt dabei etwas in der Hand, was nach einem Tier aussah. Dyako stand an Ort und Stelle, da er verwundert war. Für ihn war es alles andere als normal, dass Menschen sich so rasch genesen konnten.

      Die Fremde kam näher und näher und stand schließlich vor ihm. Sie hielt zwei tote Hasen in der Hand und warf sie ihm vor die Füße und lächelte verkniffen, als wüsste sie nicht wirklich, wie man lächelt. Dyako verstand diese Geste dennoch als Dankbarkeit. Schließlich hatte sie ihnen Frühstück besorgt und was für eines!

      Wann hatte der alte Mann zum letzten Mal was anders als Eier, Brot oder Gemüse? Wann hatte er das letzte Mal überhaupt etwas gegessen? Hasen standen schon eine Ewigkeit nicht mehr auf dem Speiseplan. Zuletzt hatte es sie gegeben, als seine Frau noch lebte und seine Kinder auf dem Hof wohnten. Sein Magen knurrte und er nahm die Hasen.

      „Komm‘ mit, ich bereite sie für uns zu“, sprach er und ging Richtung Feuerstelle.

      Dann häutete Dyako die Tiere, indem er ihnen das Fell über die Ohren zog. Die Fremde setzte sich auf einen Baumstumpf und sah zu. Dyako konnte sehen, dass sie sich Kleidung von ihm genommen hatte, die für sie etwas zu groß geraten war, aber es war in Ordnung für ihn, denn auf die Weise saß sie nicht nackt dort. Es wäre ihm, wie immer, sehr peinlich gewesen.

      Bei genauerer Betrachtung erkannte Dyako, dass sie vom Alter her seine Tochter hätte sein können. Sie hat so viel Jugendliches an sich. Sie musste entweder aus einem gut situierten Haus kommen oder tatsächlich eine Hexe sein, denn diese verfügten über Magie, die sie jünger machten, als sie in Wirklichkeit waren.

      Nachdem er die Hasen vom Fell befreit hatte, wusch er sie, indem er Wasser aus seinem Brunnen in einen Eimer pumpte und jeden einzelnen Hasen darunter hielt und mit der Hand grob drüber streifte. Würzen konnte er die Tiere nicht, da er keine Gewürze besaß als alter, armer Mann. Dyako zündete hiernach mittels Feuerstein und Holzstäbchen, Zunder und etwas trockenem Gras ein kleines Feuer. Er spießte die Hasen längs auf und hängte sie ein.

      „Wir müssen die Hasen ab und zu drehen, damit sie von allen Seiten knusprig werden“, erzählte er, um eine Konversation mit der jungen Dame zu beginnen, denn er wusste nicht, was er sagen sollte und er war nicht gut darin, ein Pläuschen zu halten. Schon gar nicht mit Fremden und überhaupt gar nicht mit jungen Frauen.

      Die Frau schaute Dyako die ganze Zeit aufmerksam zu, als wolle sie lernen, wie man Hasen zubereitet. Als Dyako die Worte zu ihr gesagt hatte, blickte sie als hätte niemand mit ihr gesprochen und erwiderte nichts dazu. Dieses Verhalten verunsicherte Dyako ein wenig (mehr).

      „Wie ist dein Name?“ fragte der alte Mann auf einmal und beendete damit die Plauderei, denn darauf hatte er ja sowieso keine Lust.

      Die Fremde veränderte ihren Blick von neutral zu besorgt und mit etwas Furcht darin. Dyako wusste nichts damit anzufangen, außer dass er sie natürlich nicht verletzen wollte; nicht einmal verbal. Daher ruderte er sofort zurück:

      „Ist schon gut, du musst es mir ja nicht sofort verraten. Alles hat seine Zeit.“

      Er wandte sich von ihr ab und den Hasen wieder zu, die er nun einmal drehte. Er fragte sich, was mit dieser Frau wohl geschehen sei, dass sie nicht redete. Erst in diesem Moment bemerkte er, das sie tatsächlich noch nicht ein Wort gesprochen hatte. Was war der Grund für ihre Verstummung? Das Erlebte? Ein Fluch? Oder war sie tatsächlich stumm? Dyako wusste es nicht und er konnte es in diesem Moment auch nicht herausfinden.

      Es dauerte einige Zeit, ehe die Hasen fertig waren. Dyako kontrollierte dies, indem er sein Messer einmal in den Hasen stach und prüfte, ob es heiß war. Dann nahm er die Tiere ab und zog den Spieß heraus. Danach packte er die Hasen auf eine riesige Holplatte. Er wartete ein paar Minuten, damit sie ein wenig abkühlen konnten und somit eine essbare Temperatur erreicht hatten. In diesem Augenblick wollte der Frau die Speise anbieten.

      Sie aber schaute weg, als wäre sie verlegen. Dyako war verdutzt. Sprach sie eventuell eine andere Sprache und konnte ihn deshalb nicht verstehen? Er wusste es nicht. Was er aber wusste war, dass er selbst einen großen Hunger verspürte und sich deshalb bei einen der Hasen ein Stück abriss, um es genüsslich zu verspeisen. Und es schmeckte ihm so gut, sodass er zufrieden ein „Mmh“ von sich gab.

      Die Fremde wandte sich ihm in diesem Moment wieder zu. Sie kannte die Reaktion wohl nicht, wenn Menschen zufrieden mit ihrem Essen und der Zubereitung von Speisen waren und derartige Laute von sich gaben. Sie warf ihre Zögerlichkeit ab und nahm sich ebenfalls ein Stück des Hasen und biss vorsichtig hinein. Nach einigen Kauen konnte Dyako sehen, dass es ihr schmeckte, sodass sie dann kräftig zuschlug und sogar noch mehr verschlang als der alte Mann.

      Dyako zeigte sich beeindruckt:

      „Meine Güte, du frisst ja, als hättest du über Jahre nichts gehabt.“

      Er hätte fast lachen können, wenn der Gedanke nicht so traurig gewesen wäre, denn er wusste nicht, was mit ihr über die Jahre geschehen war und er wollte keinen Fehler machen und sie abschrecken oder ihr Angst machen oder sogar dafür sorgen, dass sie wütend würde. Alles würde kein gutes Ende nehmen.

      Dyako räumte alles auf, damit des Nachts nicht wilde Tiere von dem Geruch des Fleisches angelockt werden würden. Dann ging er ins Haus. Sie aber saß dort auf dem Baumstumpf und hatte sich in all der Zeit nicht bewegt. Vielleicht kannte sie Haus- und Hofarbeit nicht. Dyako störte nicht, dass sie nicht mit anpackte, sondern er wollte zu gerne wissen, welche Gedanken gerade in ihr kreisten.

      „Kommst du rein?“ fragte er rufend, denn die Nacht brach ein und er war von der Fresserei müde geworden und wollte sich hinlegen.

      Die Fremde schaute zu ihm, stand auf und ging ins Haus. Dyako konnte nicht sagen, wie es ihr erging, seit er sie gefunden hatte. Insgesamt hatte er jedoch eher das Gefühl, dass es nicht schlecht um sie stand.

      Die Tage waren anstrengend und seine Wunden heilten altersbedingt nur langsam. Daher brauchte er dringend Schlaf. Die Frau reagierte und schaute in Richtung Haus. Sie stand auf und machte einige Schritte auf Dyakos Heim zu, ehe sie erneut zusammenbrach.

      „Oh, nein, nicht schon wieder“, rief Dyako und eilte zu ihr.

      Er hievte sie mit letzter Kraft hoch und schleppte sie zum Haus direkt in sein Zimmer und auf sein Bett. Er legte eine Decke über sie und ging ins Wohnzimmer,