Thomas H. Masterson (auch „Mastersan“) war als Farmer tätig und lebte um 1861 zusammen mit seiner Frau, seinen Kindern, seiner Mutter und seinem Stiefvater F. O´Reilly in Henryville, wo die Familie den Bürgerkrieg überdauerte, der gerade in den USA zwischen den Nord- und Südstaaten tobte, bevor sie weiter nach Roxton Falls zog, wo, wie bereits erwähnt, zwei weitere Kinder geboren wurden.
Nachdem der amerikanische Bürgerkrieg 1865 mit der Niederlage der Konföderierten Staaten geendet hatte, beschloss Thomas Kanada zu verlassen und zusammen mit seiner Familie in die USA einzuwandern. Erste Spuren der Mastersons finden sich in New York und danach in Illinois wieder, wo die Familie bis 1871 sesshaft wurde. 1870 war Thomas u. a. als Farmer in der Nähe von Gartside in Saint Clair County, östlich von St. Louis tätig.
Im Jahre 1871 zog die Familie über Missouri weiter nach Kansas, wo sie sich auf einer rund 30 Hektar großen Farm in der Nähe der Stadt Wichita im Sedgwick County niederließ. Wichita war in jenem Jahr als Stadt dritter Größenordnung anerkannt worden und sollte bereits ein Jahr später, im Mai 1872, einen eigenen Bahnanschluss erhalten, mit deren Hilfe man die texanischen Longhornrinder, die zuvor nach Wichita getrieben worden waren, mit Zügen zu den Schlachthöfen im Osten transportierte. Die Mastersons hatten ihr endgültiges Reiseziel seit ihrem Auszug aus Kanada erreicht und wurden dort erneut sesshaft. Das galt allerdings nicht für alle Mitglieder der Großfamilie, den die Brüder Edward „Ed“, Bartholomew „Bat“ und James P. „Jim“ Masterson hatten da bereits andere Pläne gehabt, als sich, wie ihre Eltern und der Rest ihrer Geschwister, als Farmer in dem Land niederzulassen. Als Thomas M. Masterson im hohen Alter, am 12. Januar 1921, in Wichita verstarb, waren nur noch seine Tochter Nellie und die beiden Söhne Bat und Thomas am Leben, um ihn dort zur letzten Ruhe zu betten.
Leben im Grenzgebiet
Zu den größten Tragödien der amerikanischen Geschichte des 19. Jahrhunderts zählen zweifelsohne die Vernichtung und Vertreibung der verschiedenen Indianerstämme aus ihren angestammten Heimatgebieten, sowie die Beinahe-Ausrottung des amerikanischen Bisons in den westlichen Plainsgebieten.
Bevor der weiße Mann den Boden Nordamerikas betrat, lebten dort schätzungsweise zwischen 25 und 30 Millionen Bisons, die weite Landstriche von Alaska bis hinunter nach Mexiko bevölkerten. Anfangs wurde der Bison noch nicht im großen Stil bejagt. Zwar waren Decken, Hosen und Jacken aus Bisonleder bei den Weißen modern gewesen, doch sollte sich diese Art der Nutzung nie wirklich zu einem lukrativen Wirtschaftszweig entwickeln, lediglich rund 100 Bisons jährlich fielen dieser modernen Art von Bekleidung zum Opfer. Auch diejenigen Indianer, die von der Bisonjagd lebten, wobei sie die Tiere fast vollständig verwerteten, bejagten dabei nicht mehr als 100.000 Tiere im Jahr. Außer ihnen gab es noch diejenigen weißen „Sonntagsschützen“, die die Tiere nur so zum Spaß aus dem Abteilfenster eines fahrenden Zuges heraus abschossen oder andere, die jene Arbeiter mit Bisonfleisch versorgten, die die Eisenbahn quer durch den amerikanischen Kontinent bauten. Zu ihnen gehörte am Ende auch William Frederick Cody, der sich seinen Spitznamen „Buffalo Bill“ dadurch verdiente, dass er vom September 1867 bis zum Mai 1868 runde 2.600 Tiere erlegte. Das alles waren jedoch nur kleine Nadelstiche, die der großen Population der Bisons keinen größeren Schaden zufügten.
Das wirkliche Massensterben der Bisons begann erst zu Beginn der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts, als die amerikanische Lederindustrie neue Gerbverfahren entwickelt hatte, wodurch sich die Bisonhäute nunmehr zu wertvollem Leder verarbeiten ließen. Erst jetzt wurde der Bison zu einem kommerziell wertvollen Handelsgut, womit sich eine hübsche Stange Geld verdienen ließ. So brachte eine Bisonhaut um 1872 herum zwischen 1,25 Dollar und 3,50 Dollar das Stück ein. Ein guter Profit, wofür geschätzte drei Millionen Bisons zwischen 1872 und 1874 am Ende ihr Leben lassen mussten.
Nun wurden Jagdmannschaften zusammengestellt, die mit Frachtwagen in die Prärie von Kansas hinausfuhren, um die Bisons reihenweise abzuschießen und ihnen anschließend die Häute abzuziehen, während man die Kadaver, die nicht von Nutzen gewesen waren einfach in der Prärie zurückließ. Mit weitreichenden Gewehren von hohem Kaliber, auf denen Zielfernrohre montiert waren, wurden die Bisons aus großer Entfernung mit Leichtigkeit erlegt. Anders als der Geruchssinn war das Hör- und Sehvermögen des Bisons nur schwach ausgeprägt gewesen, der Knall des Schusses aus großer Entfernung war für sie kaum hörbar gewesen. Wurde ein Bison von einer Kugel tödlich getroffen, so kippte er einfach um, während die Bisons um ihn herum in aller Ruhe weitergrasten. Auf diese Art und Weise schossen manche Jäger über 100 Tiere am Tag ab. Welche Durchschlagskraft eine solche abgefeuerte Kugel hatte, beweist ein Ereignis bei dem Indianerangriff auf den Ausrüstungsposten von Adobe Walls in Texas am 27. Juni 1874, der von 28 Weißen (unter ihnen auch Bat Masterson) verteidigt wurde. Einer der angreifenden Krieger wurde dabei aus einer Entfernung von eineinhalb Kilometern von einer Kugel, abgefeuert aus einem Sharps-Gewehr an der Brust getroffen und fiel, wenn auch nicht tot, jedoch bewusstlos, von seinem Pferd zu Boden, woraufhin die Indianer den Angriff, auch in Hinblick auf die hohe Anzahl ihrer Toten und Verwundeten am Ende entnervt aufgaben.
1872 war schließlich auch das Jahr gewesen, wo Bat zusammen mit seinen Brüdern Jim und Ed die elterliche Farm verließ, um sich ebenfalls an dem blutigen Geschäft mit den Bisonhäuten zu beteiligen.
Im Juli 1872 wurden Ed und Bat jedoch von einem Subunternehmer namens Raymond Ritter angeheuert, um sich als Eisenbahnarbeiter an dem Bau eines acht Kilometer langen Streckenabschnitts für die Atchinson, Topeka & Santa Fe Railroad (AT&SF) von Fort Dodge nach Buffalo City (das später in Dodge City umbenannt werden sollte) zu beteiligen. Die Bezahlung sollte dann nach Beendigung des Auftrages erfolgen. Da diese Arbeit von der Eisenbahn sehr gut bezahlt wurde, beschlossen Ed und Bat, sich in dieser Saison nicht an dem großen Bisonmorden zu beteiligen, sondern den Job bei der Eisenbahn anzunehmen. Von Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang schufteten sie zusammen mit den anderen Arbeitern in der Sommerhitze von Kansas, um das Eisenbahnbett zu planieren, auf dem später die Schwellen und die Schienen gelegt wurden. Als das Werk schließlich vollendet war und die Eisenbahn Buffalo City erreicht hatte, warteten Ed und Bat vergeblich auf ihren noch ausstehenden Lohn, denn Ritter hatte sich inzwischen mit dem Geld abgesetzt, ohne dass die beiden auch nur einen müden Dollar davon gesehen hätten. Buffalo City indes entwickelte sich rasch zur Boomtown, wurde Ende 1872 in Dodge City umbenannt und beherbergte mehr und mehr Cowboys, die die zahlreichen Saloons an der Front Street, darunter Jim Kellys Alhambra Saloon, wo Ed sich sein Geld nunmehr hinter der Bar verdiente, während Bat zusammen mit seinem Bruder Jim und Tom Nixon gegen Ende des Jahres 1872 am Kiowa Creek, südöstlich von Dodge, doch noch auf die Bisonjagd ging.
Im Frühjahr 1873 erfuhren Bat und Ed, dass Raymond Ritter sich in einem Zug befand, der von Colorado aus nach Dodge City hin unterwegs war und beide Männer beschlossen daraufhin, dass es nun an der Zeit wäre, sich von Ritter den noch ausstehenden Lohn zu holen. Am 15. April 1873 rollte der Zug in Dodge City ein und stoppte nahe dem Depot am Wasserturm, bevor einige der Fahrgäste die Waggons verließen, während andere wiederum den Zug bestiegen. Bat enterte den zweiten Waggon und fand Ritter in einer Ausgabe der „Pueblo Daily News“ vertieft, bevor er ihm die Mündung seines Revolvers unter die Nase hielt. Völlig perplex fragte Ritter, was Bat von ihm wolle? und Bat antwortete:
„Du weißt genau, was ich von dir will, meinen Lohn und den von Ed“, woraufhin Ritter meinte:
„Das müsst ihr mit der Company ausmachen.“
„Das haben wir. Sie haben dich bezahlt und nun wirst du uns bezahlen“,
meinte Bat und packte Ritter am Kragen seiner Jacke, bevor er ihn unsanft von seinem Sitz emporzog und ihn mit sich zur Plattform des letzten Waggons des Zuges schleifte. Mittlerweile hatte sich dort bereits eine Menschenmenge versammelt, die Zeuge