Grossmutter und Enkelin - Ich sehe was, das du nicht siehst. Kerstin Morettoni-Anders. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kerstin Morettoni-Anders
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783754947050
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Wie die Zeit geboren wurde.

      „Hast Du schon gewusst, dass es die Zeit gar nicht gibt?“

      Prüfend schaut die Enkelin ihre Großmutter an. Die mit dieser Frage Überraschte schmunzelt. „Ja, das hab ich schon gehört.“; ist ihre Antwort. „Was willst Du denn damit wissen?“ fragt sie nun zurück.

      „Ja schau, wenn es die Zeit nicht gibt, warum brauchen wir dann Uhren und wir haben ja Tag und Nacht, die sich regelmäßig abwechseln, und ich werde jedes Jahr älter und bin bald erwachsen, das ist ja doch Zeit, oder?“

      Großmutter setzt sich gemütlich hin und sie überlegt kurz, was sie darauf sagen könnte. Dann lächelt sie fröhlich und meint; „Magst Du ein Märchen dazu hören?“

      Ihre Enkeltochter rückt näher an sie heran; „Ja sehr gern!“

      Es ist gerade erst gewesen, ist soeben geschehen. Da herrschte in der Welt Stille. Es gab keinen Tag, keine Nacht, es gab noch keine Menschen. Die Stille hatte keine Zeit.

      Sie war einfach da. Es geschah absolut nichts. Die Stille war wirklich zufrieden, sie hatte alles und war alles und fühlte alles. Gleichzeitig hatte sie nichts und war nichts und fühlte nichts. Und weil es nur ein Gleichzeitig gab, konnte Zeit auch nicht vergehen. Stille ist ohne Zeit.

      Wann hatte es begonnen? Wie lange dauerte es? Würde es mal enden? Diese Fragen waren alle schon beantwortet. Alles war da. Nichts war da. Es hatte nie begonnen. Es dauerte immer jetzt und es würde nie enden. So ist unendliche, ewige Stille.

      Unvorstellbar!

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      Die Stille bekam da einen Impuls – UNVORSTELLBAR – was ist das? Alles und Nichts Gleich Zeitig Sein, das ist EINfach, doch was bedeutet – UNVORSTELLBAR

      - ?

      Wen kann man fragen, wenn man selbst alles ist? Wie kann man sich helfen, wenn man selbst nichts ist? Die Stille wollte dieses – UNVORSTELLBAR – erforschen.

      Zum ersten Mal wünschte sie sich etwas. Sie war zufrieden gewesen mit Allem und Nichts doch das genügte ihr nun nicht mehr. Sie begann sich zu fragen; „Wie kann ich herausfinden, was das ist – UNVORSTELLBAR?“

      Doch mit dieser Frage geschah eine Veränderung mit ihr. Die Stille spürte in sich etwas entstehen, das war nicht still. Das was entstand war neu. Es war ganz anders, man könnte fast sagen, es war das genaue Gegenteil von Stille. Was da entstand, drehte sich um sich selbst, wie wenn eine Spule auf- oder abgewickelt wird. Und tatsächlich wurde die Stille immer weiter abgewickelt. Sie war genau in der Mitte dieser Spule und dort konnte sie sein wie immer bisher. Doch sie war auch aus der Mitte heraus und spürte die schnelle Bewegung und Kräfte, die sie fast schwindlig machten.

      Gut, sagte sich die Stille. Ich bleibe sowohl in der Mitte, als auch in der Bewegung.

      Ich bin ab nun Stille und Nicht-Stille gleichzeitig.

      Das war ein sehr guter Einfall. Denn nun konnte sie immer wieder wechseln. In das ewige Alles und Nichts kam Bewegung. Aus allen und keinen Möglichkeiten wickelte sich die Bewegung heraus. Die schnelle Bewegung erzeugte einen Raum, rundherum, wie eine Kugel. In dieser Kugel begann es zu klingen, weil die Bahnen, auf denen die Bewegung lief, vibrierten, wie Saiten.

      Die Stille war fasziniert von ihrer anderen Seite, der Nicht-Stille. Und sie betrachtete sich in dieser wie in einem Spiegel. Sie beobachtete, wie sich die Bewegung immer weiter entwickelte. Dabei entstanden ganz viele solcher Kugeln, die ineinander reichten und miteinander weitere Räume bildeten. Jeder Raum klang mit einem feinen Ton. Bald hörte sich die Stille in einem herrlichen Konzert selbst. Bald betrachtete sie sich in dem Spiegel der vielen Räume selbst. Und nun hatte sie richtig zu tun. Sie war immer noch Alles und Nichts. Doch dazwischen hatten sich Räume geschaffen, in denen bestimmte Möglichkeiten existieren konnten.

      1

      BLUME DES LEBENS – das lebendige Schöpfungsmuster Der Klang war schon entstanden. Die Bewegungen lernten sich zu verändern. Sie schufen verschieden große Räume, immer nach demselben Muster. So war es möglich, dass sich die Bewegung auch ganz langsam machte. Dort entstanden dann Elemente wie Feuer, Luft, Wasser, Erde. Der Stille gefiel dieses Spiel sehr. Sie betrachtete sich und war glücklich. So schön hatte sie sich das am Anfang nicht vorstellen können, was da aus ihr heraus nun entstanden war.

      Da erinnerte sie sich. Wegen dieses Impulses – UNVORSTELLBAR – war das alles aus ihr heraus erschaffen. Aha, dachte sie, ich habe einen Wunsch geäußert. Das ist nun die Äußerung. Aus meinem Innen ist diese Möglichkeit nach außen geboren. Es ist nur eine Möglichkeit von unendlich vielen. Jetzt kann ich mir diese Möglichkeit vorstellen. Meine Frage habe ich mir also selbst beantwortet. Die Stille freute sich.

      Ich möchte nun einfach die Bewegungen weiter beobachten, denn das Spiel tut mir gut. Wenn ich will, kann ich mich darin ganz vergessen und wenn ich will, kann ich daraus wieder zu mir kommen. Ich kann mich ausprobieren und erleben.

      Ah, LEBEN! Auch das ist möglich. Alles ist möglich.

      Die Stille wählte einen wunderschönen Raum aus und gab ihm den Namen „ERDE“.

      Dieser Raum drehte sich bereits um eine warme helle Sonne. Es klang ein sehr reiner Ton in diesem Raum. Die Stille stellte sich nun vor, das hatte sie ja nun gelernt, sie stellte sich vor, dass auf dieser schönen Erde in diesem herrlichen Klang ganz viel Fülle an Formen und Farben wäre. Sie stellte sich vor, dass in diesem Paradies Leben mit Bewusstsein und Seele ist. Und sie stellte sich vor, dass dieses Leben sich frei 1

      entfalten dürfe. Sie wollte es nur beobachten und warten, ob sich das Bewusstsein selbst erkennen würde, irgendwann. Stille hat diese Kraft, eine Vorstellung auch wirklich zu erschaffen.

      Ja, das war der Anfang der Zeit. Denn ab diesem Wunsch der Stille war der Raum

      „Erde“ aus der Gleichzeitigkeit gekommen. Die Lebewesen hatten Zeit für Tag und Nacht. Sie hatten Zeit für Wachstum, für Gestaltung, für Werden und Vergehen. Sie konnten ihre Gefühle erfahren. Sie entfalteten frei, was sie wollten. Dafür hatten sie Zeit.“

      Großmutter überlegt einen Moment, dann sagt sie noch:

      „Wir haben Zeit, doch sie ist nur eine Vorstellung der Stille. Wenn wir diese Stille in uns erinnern, dann können wir aus der Vorstellung von Zeit wieder hinein in die Gleichzeitigkeit kommen. Das ist für unsere Logik unvorstellbar. Genauso war es ja der Stille ergangen, die sich durch den Impuls – UNVORSTELLBAR – selbst entwickelt hat. Sie konnte sich ihre eigene Frage beantworten. Sie hat sich dabei beobachtet, was entstand, nach der Äußerung ihres Wunsches. Das können wir genauso. Wir, unsere Leben, sind aus der Stille durch Bewegung entstanden und wir können uns unsere Fragen in der Stille auch selbst beantworten. Eine Möglichkeit dafür ist, wir treten ein in eine Meditation.“

      Großmutter schweigt und schaut auf ihre Enkelin. Die ist noch ganz versunken. Also wartet Großmutter, ob ihre Enkelin etwas dazu sagen möchte. Und wie sie so schaut, da bemerkt sie die Ruhe, die sich ausbreitet wie eine liebevolle Sonne. Sie fühlt die Stille mit allen Zellen ihres Körpers. Glück. So ist es.

      1

       Wie die Schattenbilder

       Großmutter

       den Streit auslachten

       und Enkelin

       Teil 2

       Wie die Schattenbilder

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