Ab dem Tag ließ Robert mir keine Ruhe mehr. Er bohrte und redete so lange, bis ich es leid war und ihm sagte, er könne ja meine Freundin Beate als Begleitung mitnehmen.
Robert zögerte keine Sekunde, sondern rief meine Freundin sofort an, und bat sie um ihre Begleitung. Natürlich rief Beate mich später zurück und fragte mich, ob ich meinem Mann wirklich die Zustimmung gegeben habe, mit ihr in den „Pärchenclub“ zu gehen.
„Ich kann ihn nicht daran hindern, Beate. Er tötet mir den letzten Nerv mit seinem ständigen Gerede von dem Mist. Ja, ich habe gesagt, dass ich auf gar keinen Fall mit ihm dahin gehe. Meinetwegen könne er dich als Begleitung mitnehmen, wenn du dazu bereit bist.“ Erwiderte ich wahrheitsgemäß.
Sie hatte ihm ihre Begleitung zugesagt, und mit Robert einen Termin für Freitag in zwei Wochen zugesagt. Damit war das unliebsame Thema vorerst vom Tisch.
Natürlich bekamen unsere Kinder von dieser Sache nichts mit. Das kam allerdings daher, weil die beiden sehr traurig waren, denn unser Hund war auf die stark befahrene Straße gerannt, und überfahren worden. Dummerweise ließ Robert sich überreden, das Tier in einer Tierklinik operieren zu lassen. Leider eine vergebliche Sache, denn das Tier erholte sich nicht, sondern musste Wochen später eingeschläfert werden.
Versuchung
Der Freitag vor Roberts Ausbruch war der übliche „Kegelfreitag“.
Das hieß für mich, dass ich ebenfalls mit einer Freundin ausging, und darauf achtete später als mein Ehemann nach Hause zu kommen. Denn Robert war immer noch sehr streitsüchtig unter Alkoholeinfluss. Auch darin hatte er sich nicht geändert. Ob man ihm zu nahe getreten war, oder nichts getan hatte, irgendeinen Grund fand Robert immer, Irgendjemand anzugreifen. Dem ging ich lieber aus dem Wege.
In unserer Lieblingsdisco in Wuppertal war es schon brechend voll, als Beate und ich dort eintrafen, sodass wir uns an der Theke mit Mühe und Not nur einen Stehplatz erobern konnten. Bei der Drängelei und Schieberei stieß ich aus Versehen mit einem Mann zusammen, der mich amüsiert fragte, ob er im Weg stünde. Frech bejahte ich und meinte, wenn er weggehen würde, wäre das besser für mich.
Erst als ich zu ihm aufsah, und das lachende Gesicht näher betrachtete, erkannte ich den Mann. Fast gleichzeitig stellten wir uns gegenseitig die Frage, ob wir uns nicht schon aus Lörrach kannten.
Wir waren uns einig, dass wir vor langer Zeit bereits mehrmals nebeneinander an der Theke in Lörrach, im Bijou, gestanden hatten. Die Verbindung war somit geknüpft, die sich im Laufe der nächsten Wochen zu einer Affäre entwickelte.
Während meine Affäre mit Udo immer
enger wurde, verweigerte ich mich meinen Mann, weil ich seinen ekelhaften Ausrutscher nicht verkraften konnte. Unsere Ehe war total am Ende, und mir war klar, dass die auch nicht mehr zu kitten war.
Als Udo nach ein paar Wochen von Trennung oder ganz zusammen zu bleiben sprach, ließ er mir keine Zeit zum überlegen, sondern nahm unser beider Trennungsschritt gleich selbst in die Hand.
Bei einem Treffen mit unseren Partnern, erklärte Udo seiner Lebensgefährtin und meinem Mann, dass wir uns lieben und zusammen bleiben wollen.
Mit den Worten: „Wir werden euch heute verlassen!“ brachte Udo unseren Status gezielt auf den Punkt.
Damit begann ein völlig anderer aber auch unruhiger Lebensabschnitt für mich, aber speziell auch für meine Kinder.
Rasanter Wechsel
Nachdem mein Ehemann sich mit dem Gedanken abgefunden hatte, dass ich ihn verlasse, einigten wir uns, das Ramona bei ihm bleiben, und Rene bei mir wohnen solle.
Um ein Kind im ersten Schuljahr zu beaufsichtigen, hatte ich die bessere Möglichkeit, weil ich nur halbtags arbeitete. Zwar maulte Ramona, die vermutlich befürchtete, zum Dienst- und Putzmädchen ihres Vaters zu werden, aber wir ließen uns da nicht rein reden. Wir fanden diese Lösung am Besten.
Zwar mussten Udo und ich anfangs bei Beate unterkriechen, und es dauerte noch ein paar Monate, bis ich die passende Wohnung gefunden und eingerichtet hatten, aber dank Udos Entscheidung verdienten wir, als freie Verkäufer, genügend um ein schönes Zuhause zu schaffen.
Trotzt Udos Spielsucht ging es uns sehr gut, weil wir Summen verdienten, die uns ein großzügiges Leben zu gestatten.
Rene wusste das alles zu seinem Vorteil zu nutzen. Dabei respektierte der Bengel weder Udo noch dessen Umfeld, nahm aber was er kriegen konnte, er war mit allen Wassern gewaschen. Außer in der Schule, wo man gleich seine Legasthenie erkannte und ihn in den Deutsch-Förderkurs steckte, da passte er sich an.
Man verzieh man ihm jeden Blödsinn, sogar, dass er gerne klaute. Sobald sich die Möglichkeit ergab, dass er eine Spardose oder Geldbeutel unbeobachtet erwischen konnte, nahm er sich was er brauchte.
Allerdings beklaute Rene nur Leute, von denen er wusste, dass sie den Verlust verkrafteten. Udos Spardose und die Haushaltskasse von Roberts Mutter mussten oft herhalten, jedoch meine Mutter bestahl er nie. Nicht weil er diese Oma mehr mochte als die Andere, nein, weil er wusste wie schwer meine Mutter für ihr Geld arbeitete. Und weil der soziale Unterschied deutlich sichtbar war. Seines Vaters Mutter empfand er als reich, denn sie hatten ja ein Mehrfamilienhaus, meine Mutter als arm, sie wohnte zur Miete und lebte bescheiden.
Rene sah sich vermutlich als eine Art „Robin Hood“. Denn er beklaute nur die Reichen und mit dem erbeuteten Geld beglückte er die Armen, in dem Fall seine Freunde. Er lud sie zu einem Stadtbummel ein, und verprasste die Kohle auf eine soziale Art mit denen gemeinsam. Dass er, als Legastheniker, auch noch oft die Schule schwänzte, sah er als normal an. Probleme waren folglich vorprogrammiert.
Rene hatte das Glück, dass seine junge Lehrerin ihm wohl auch gut gesonnen war, sodass sie mir die Schuld für seine Fehlzeiten gab. Einmal warf sie mir sogar vor, dass ich nicht täglich für meinen Sohn kochte, denn der Gaststätten-Mittagstisch sei doch nichts gescheites, fand sie.
Natürlich verbat ich mir ihre Einmischung in meine Tagesplanung und war der Ansicht, dass mein Sohn mehr als gut versorgt wurde.
Leider war unser Leben von ständigen Umbrüchen beruflicher Natur geprägt, weil wir in unsicheren Sparten arbeiteten. Das bekam auch unser kleines „Schlitzohr“ mit und versuchte auch das zu seinen Gunsten zu nutzen.
Weil er immer Augen und Ohren offen hielt, bekam Rene auch unsere weniger soliden Geschäftspraktiken mit, was sicher nicht gerade gut für die Entwicklung eines kleinen Jungen war.
Nach der Fassadengeschichte orientierten wir uns neu als Subunternehmer im Baugeschäft. Leider bemühten wir uns einfach zu wenig, unsere nicht ganz koscheren Geschäftspraktiken von dem Jungen fern zu halten, sodass er schon am Telefon die gleichen Sprüche und Lügen losließ wie wir, wenn unsere Gastarbeiter bei uns anriefen.
Ich ließ es dummerweise zu, dass Rene log: „Nein Udo nix da, nein Chefin auch nix da. Ich sagen, Ramis angerufen. Tschüss.“ Obwohl ich daneben stand. So lehrte ich meinen Sohn zu lügen. Worüber wunderte ich mich, wenn ich ihn auch bei anderen Gelegenheiten beim Lügen erwischte?
Nach einiger Zeit hatte auch Ramona ihre Schmollphase aufgegeben und war mehr bei uns als bei ihrem Vater. Robert war das inzwischen ganz recht, da er sich wohl mit seiner neuen Freiheit arrangiert hatte. Was er beruflich machte und wie es finanziell bei ihm aussah wusste ich nicht, nur dass er irgendwann umzog bekam ich mit. Er hatte mit einem Freund und dessen Familie ein altes Zweifamilienhaus gemietet, in das unsere Tochter auch plötzlich umzog. Damit zog Ramona sich mal wieder beleidigt von mir zurück.