Auferstanden aus Ruinen - Eine politische Wiedervereinigung
Meistens ist es ja so, daß historische Ereignisse großartig gewürdigt, allerorten besprochen und angemessen präsentiert werden. Nicht ganz so war es beim Gründungsparteitag der neuen Partei Die Linke, welcher am 16.06.2007 stattgefunden hatte. Das hatte viele verschiedene Gründe, einer davon war sicherlich der, daß Parteien, die sich eher am politischen Rand befinden, nicht so geschätzt sowie gewürdigt werden wie die Vertreter der Mitte und der darin garantierten Mittelmäßigkeit. Das, was gemeinhin als Deutsche Einheit oder Wiedervereinigung bezeichnet worden war, hatte mit den Worten als solche nicht wirklich viel zu tun. Westdeutschland hatte Ostdeutschland geschluckt, so war es letzten Endes doch gewesen, die BRD hatte die DDR übernommen und sich einverleibt, die Leute im Westen konnten weitermachen und -leben wie vorher und für die im Osten änderte sich von heute auf morgen schlagartig alles. Von daher war es auch nicht weiter verwunderlich, daß Parteien wie CDU und FDP ihre Ost-Blockflöten einfach schluckten und ihnen das Recht zubilligten, die Klappe zu halten und schön weiter zu nicken, sowie brav zuzustimmen, wie im Osten halt damals auch. Bündnis 90 und die Grünen versuchten sich an einer Vereinigung, doch wenn man sah, wer und was da dann bei Bündnis 90 nach einigen Jahren noch davon übrig geblieben war, konnte man auch das nicht als wirkliche Wiedervereinigung betrachten. Doch nun war es endlich geschehen, mit der Fusion von PDS und WASG hatte die erste wirkliche Vereinigung zweier Parteien stattgefunden, die eine aus dem Osten, die andere aus dem Westen. Wir hatten es bei der Linken also nun mit einer gesamtdeutschen Partei zu tun, der ersten richtigen, wenn man so will. Und was passierte? Jubelte Deutschland? Nicht unbedingt. Guildo Festerbelle veranstaltete auf dem FDP-Parteitag, der bezeichnenderweise einen Tag später, am geschichtsträchtigen 17.06.2007 stattfand, ein großes Trauerspektakel und griff die Linke gleich dermaßen massiv an, daß man sogleich merkte, daß es da einer mit der Angst zu tun bekommen hatte. Durchaus verständlich, denn jener Linken hatte es die FDP und ihre Führungsspitze schließlich in allererster Linie zu verdanken, daß aus einer schwarz-gelben Koalition nach der Bundestagswahl 2005 nichts geworden war. Von daher konnte man die ganze Verachtung durchaus verstehen.
Auch die SPD griff sofort an, denn ihre Wähler liefen oft und gerne zur Linken über und das paßte den Sozialdemokraten natürlich überhaupt nicht. Von der Union kamen selbstverständlich auch keine freundlichen Worte und von den Grünen ebenso wenig, handelte es sich bei der Linken für sie doch um eine Konkurrentin um Wählerstimmen im linken Spektrum.
Wenn eine Partei von allen anderen eher beschimpft als begrüßt wurde, dann war sie unbedingt notwendig und zu begrüßen, denn das zeigte, daß sie auf Mißstände aufmerksam machte, die von den Altparteien ignoriert oder unter den Teppich gekehrt worden waren, deshalb also herzlich willkommen!
An die Spitze der Neuen Linken wurden mit Afroträne und Whisky zwei Männer gewählt, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Doch genau dieses Ergänzungsprinzip ließ hoffen, denn so wurden alle Felder und Belange abgedeckt. Es sollten spannende Jahre vor ihnen liegen.
Die alten Genossen im Osten hatten natürlich auch so ihre Bedenken gehabt, schließlich wollten sie nicht von einer Westpartei übernommen werden wie alle anderen vor ihnen, doch da die PDS wesentlich größer war als die WASG, stand das in keinster Weise zu befürchten.
Die Linken im Westen wiederum fürchteten einen Imageschaden wegen der ganzen Stasi- und SED-Geschichten in der PDS, doch zu ihrem Gründungsparteitag hatte sich die Neue Linke frisch herausgeputzt, optisch verjüngt und machte einen ziemlich angriffslustigen Eindruck. Es ging nicht länger nur darum, das eigene Leben und die ostdeutsche Vergangenheit zu verteidigen und zu rechtfertigen, sondern man befand sich in der Gegenwart, weshalb man sich mit aktuellen Problemen auseinandersetzte statt in Nostalgie zu schwelgen.
Oswald Afroträne war also wieder Parteivorsitzender geworden; irgendwie erschien das durchaus konsequent, denn nachdem die SPD in ihren Regierungsjahren sehr weit in die Mitte gerückt war, weshalb auf der linken Seite ein Vakuum entstehen hatte können, welches nun die Linke besetzte, fühlte er sich als letzter verbliebener echter Sozialdemokrat und emigrierte sozusagen in die einzige linke Partei, die Deutschland noch zu bieten hatte.
Als Randnotiz sei noch hinzugefügt, daß es zum ersten Mal nach zwei Jahren ohne Grüne in irgendeiner Regierungsbeteiligung, stark danach aussah, daß es in Bremen alsbald zu einer rot-grünen Koalition kommen sollte. Auch das war an diesem historischen Wochenende bekanntgegeben worden, aber verständlicherweise in den Nachrichten unter ferner liefen gelandet.
So spannend die Politik als solche auch war, noch prickelnder erschienen natürlich die persönlichen Geschichten und Affinitäten, die im Gespräch zwischen Afroträne und Fysi einmal mehr zutage traten. "So, jetzt sind wir also eine Partei. Gute Arbeit, Igor, nun kann es endlich richtig losgehen!" freute sich Oswald. "Ganz genau, ich bin auch immer noch total begeistert und freue mich dermaßen, daß ich vor lauter Glück gar nicht weiß, wohin mit meiner Zufriedenheit", gestand Igor. "Gut, dann wollen wir mal strategisch werden: Also, im Bundestag dilettiert die Große Koalition so vor sich hin und das ist gut für uns, denn dadurch könnten wir bei der Bundestagswahl 2009 viele Wählerstimmen dazu gewinnen." "Davon bin ich auch felsenfest überzeugt. Aber fast noch wichtiger, vor allem für uns aus der PDS, ist die Westerweiterung unserer Partei. Wir wollen nun endlich in die westdeutschen Landtage einziehen und dort auch dauerhaft bleiben." "Das dürfte kein Problem mehr sein. Außer vielleicht in Bayern." "Das stimmt, aber damit können wir durchaus warten. Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das wäre schon toll." "Keine Sorge, das kriegen wir auf jeden Fall hin." "Hoffentlich. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie ernüchternd für uns früher immer die Wahlabende gewesen sind, wenn ein westdeutscher Landtag gewählt wurde. Ein bis zwei Prozent gab es da immer nur für die PDS zu holen, das war ungemein frustrierend, vor allem wenn man im Osten quasi eine Volkspartei darstellt." "Ja, das ist wirklich ein extremer Kontrast. Du, wo wir gerade bei extrem sind: Mir ist da Eure Lara Magenbrecht aufgefallen, die ist ja wirklich eine ganz scharfe Mieze." "Mag sein, aber bei der würde ich aufpassen, die hat nämlich richtig scharfe Krallen." "Umso besser, ich brauche kein Heimchen am Herd, sondern eine selbstbewußte, unabhängige Frau." "Also das ist sie auf jeden Fall. Trotzdem wäre ich da an Deiner Stelle vorsichtig, mein lieber Oswald. Erstens ist die Frau verheiratet und zweitens sind bei der schon viele abgeblitzt und damit meine ich jetzt nicht nur bei politischen Diskussionen." "Nur weiter so! Die wird immer interessanter für mich, ich glaube, die sollte ich mir mal aus der Nähe anschauen." "Meine Güte, man könnte ja meinen, wir hätten hier den Schräder im Haus", dachte sich Fysi ein wenig pikiert. Andererseits freute er sich als Ostdeutscher selbstverständlich darüber, daß quasi ein Qualitätsprodukt aus eigenem Hause so eine Aufmerksamkeit auf sich zog, denn auch die Medien sprangen ja bekanntlich auf die "schöne Kommunistin" voll an, warum auch immer.
Und jedem Abschied wohnt ein Zauder inne
Wir schrieben Mitte Juli 2007 und Egmont Sträuber hielt mal wieder eine Regierungserklärung. Das Besondere daran war, daß es seine letzte sein würde und irgendwie mutete sie auch deshalb ein wenig merkwürdig an, weil Sträuber ja zehn Wochen später endlich und endgültig von seinen Ämtern zurücktreten sollte; ob er das eigentlich selber auch wollte, lassen wir mal lieber dahingestellt. Noch einmal lauschten die CSU-Abgeordneten mehr oder weniger gelangweilt ihrem ehemals großen Meister und der versuchte doch allen Ernstes, die Linien für das politische Handeln bis hinein ins Jahr 2020 vorzugeben. Dabei war Schräder 2003 schon sehr