bOOk oF liFe. Jess Pedrielli. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jess Pedrielli
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783847612537
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you don´t mind, it doesn´t matter! „Actually, it is the other way around. What you mind becomes a matter“, grinste das Krokodil. „Was du im Kopf hast, worauf du dich fokussierst, erst gedanklich, dann emotional, wird schließlich zu deinem Leben. Du ziehst es hinein. Manchmal innerhalb einer Sekunde, manchmal innerhalb von zehn Jahren. Je höher die Frequenz des menschlichen Bewusstseins und die Intensität deiner Absicht, desto höher die Geschwindigkeit mit der sich die Dinge verwirklichen. Ich werde dich in alldem weiter unterrichten, aber wir warten noch auf deinen Bruder. Er hat denselben Weg wie du, doch er hat noch mit mehr Angst zu kämpfen.“ Das verblüffte Mingus. Sein Bruder hatte denselben Weg? Wirklich? Das mit der Angst stimmte zumindest. Seit Mingus sich erinnern konnte, schwebte über Rhun eine Wolke grauer Lebensangst, die er zu verbergen suchte. Mingus kannte die Geschichte von Rhuns Geburt aus den Erzählungen ihrer Mutter. Ursprünglich war sie mit Zwillingen schwanger gewesen, doch hatte Rhuns Zwilling die Geburt nicht überlebt. Rhun selbst mussten die Ärzte mit einer Saugglocke in die Welt befördern. Irgendwo steckte in seinem Bruder eine Panik vor dem Leben, eine Ablehnung seiner Existenz, die Mingus früh wahrnahm. Von klein auf hatte Rhun sich von anderen abgesondert, hing seinen eigenen Gedanken nach und spann sich in einen Kokon aus Rückzugs- und Verweigerungsstrategien ein, der ihn von der Welt abschirmen sollte. Erst als zehn Jahre später Mingus zur Welt kam, schien sich Rhun zu entspannen. Zumindest behaupteten das ihre Eltern. Dennoch blieb Rhun ein Einzelgänger, der niemandem leicht sein Vertrauen schenkte. „Na schön, dein Wunsch ist mir Befehl und für heute reicht es“, unterbrach das Krokodil Mingus` Gedankengang. Es stand auf, reckte sich noch einmal ausgiebig und trottete dann in Richtung einer Nebelbank davon, die aus dem Nichts aufgetaucht war. Im nächsten Augenblick verschwand es bereits grußlos und ohne ein weiteres Wort des Abschieds darin. Es sei denn, ein noch aus dem Nebel nachhallender, ohrenbetäubender Furz galt in Krokodilskreisen als allgemeine Begrüßungs- und Abschiedsformel. Mingus hatte diesbezüglich jedoch seine Zweifel. Als der Schall des Furzes ihn erreichte, brüllte er dem Krokodil wütend hinterher:

      "Ich habe dir doch gesagt, du sollst das NIE, niemals wieder tun!“

      Erbost stampfte er auf der Gasmaske herum. Er hätte sie nicht abnehmen dürfen! Nicht für eine Sekunde!

      „Ich hasse schlechte Luft! Du bist ein stinkender Lügner! Es können ganz bestimmt nicht meine Gedanken allein sein, die diesen Traum erschaffen! Ich stelle mir dich absolut furzlos und wohlriechend vor! Damit das ein für allemal klar ist!", brüllte er aus Leibeskräften ins Leere.

      An dem Traum war etwas faul, das roch er genau.

      Ob der Geist seines verstorbenen Großvaters vielleicht etwas mit dieser seltsamen Begegnung zu tun haben konnte? Gab es Särge mit Wurmlöchern, die direkt aus dem Jenseits in die Traumwelt ahnungsloser Enkel führten? Sein Großvater war nämlich passionierter Furzer gewesen. Er hatte sogar ein Buch besessen mit dem schönen, hochintellektuellen Titel ´

       Die Geschichte des Furzes - von den Römern bis heute`.

      Als Mingus das Buch im Schrank entdeckt hatte, hatte es ihn sehr erstaunt, dass es Menschen gab, die das Furzen für eine so große Kunst hielten, dass diese einer eingehenden Studie bedurfte. Wussten die alle nicht, wie es ging? Oder warum musste es ihnen erst einer ausführlich erklären? Kein Wunder, dass er bisher von den Erwachsenen keine Anhaltspunkte zum Sinn des Lebens in Erfahrung bringen konnte, wenn sie noch immer nicht weiter als bis zur Untersuchung des Furzes gekommen waren. Doch so verblüffend die Ähnlichkeit zwischen seinem Großvater und dem Krokodil in mancherlei Hinsicht auch sein mochte - was es ihm erzählt hatte, zeugte von mehr Verstand, als er von seinem Großvater gewohnt war. Dessen geistiges Vermächtnis an ihn bestand aus so poetischen Versen wie

       ´Mach das Fenster auf, lass Luft herein! Wer anderen in der Nase gräbt, ist selbst ein Schwein`.

      Seine Ehefrau nannte der Mann zeitlebens ´

       Grasmutti

      `. Nicht etwa, weil sie sich in der Küche eine Tüte nach der anderen reingezogen hätte, wie Mingus das von den Partys seiner Eltern her kannte, sondern weil sie Vegetarierin gewesen war. Seinen Kindern wiederum hatte Mingus` Großvater erklärt, Gott sei ein Pfannkuchen, der durch den Weltraum sauste. Mingus` Genpool ließ fraglos zu wünschen übrig.

      Er hatte ohnedies keine andere Wahl, als bis zum nächsten Traum abzuwarten, um mehr über die Herkunft und Identität des Krokodils herauszufinden. Und ganz gleich, was jenes behauptet hatte, Mingus war sich sicher, dass er den Traum dieser Nacht nicht allein zu verantworten hatte. Da steckte noch jemand dahinter. Er wusste nur nicht wer ...

      IV.

      Am nächsten Morgen wurde Mingus unsanft aus dem Schlaf gerissen, als sein älterer Bruder Rhun kurz den Kopf zur Tür herein streckte, sich mit geballter Faust und abgespreiztem Daumen gegen die Stirn schlug, dazu laut „Schulz!“ rief und wieder verschwand. Mingus rieb sich verschlafen die Augen und blinzelte ins helle Sonnenlicht, das durch das Dachfenster in sein Zimmer fiel. Dies war ihr gängiges Begrüßungs- und Abschiedsritual in jeder Lebenslage. An diesem Morgen allerdings beschlich Mingus beim Anblick seines Bruders ein komisches Gefühl. Wie ein Irrlicht, das er nicht einordnen konnte, flackerte am Rand seines Bewusstseins kurzzeitig eine vage Erinnerung auf, entglitt ihm aber sofort wieder.

      Hm, war wohl nur Einbildung.

      Er streckte gähnend die Arme von sich. Dann rollte er sich aus dem Bett, um zur Toilette zu gehen, als ihm erneut ein Erinnerungsfetzen durch den Kopf schoss. Er hielt inne und wartete ganz still. Er presste die Knie zusammen. Lange würde seine Blase sich das nicht gefallen lassen. Das Gesicht eines Krokodils blitzte plötzlich vor ihm auf. Sein Traum! Ja, er hatte von einem Krokodil geträumt, das sich so exzentrisch benahm wie der Rest seiner Familie! Das war es! Ein Schwall seltsamer Ideen ergoss sich schlagartig in sein Denken.

      Jedes Detail des Traums trat aus der abgegrenzten Welt des Unterbewussten über die Schwelle hinüber in sein Wachbewusstsein - und zwei für gewöhnlich strikt getrennte Lager schüttelten sich die Hände. Er erinnerte sich. Den Traum fest gepackt, stürmte er mit ihm zum Klo.

      Er war sich im Traum bewusst gewesen, dass er träumte und das Krokodil hatte lange zu ihm über Energie und das Leben gesprochen. Schwierige Sachen. Den genauen Wortlaut wusste er nicht mehr. Vielleicht war das auch nicht so wichtig. Vielleicht reichte es aus, dass ein verborgener, weiserer Teil von ihm die Informationen nun besaß, nach denen es ihn zuvor so heftig verlangt hatte.

      Obwohl er nur ein Junge von sieben Jahren war, der nicht alles gänzlich begreifen konnte, hatte das Krokodil mit dem Traum einen Keim in seine Seele gepflanzt, der mit der Zeit mit ihm mitwachsen würde, sodass das neue Wissen eines Tages zu Mingus gehören würde wie seine Glieder. Hoffte er jedenfalls. Der bohrende Drang, Antworten finden zu müssen, der ihn stets begleitete, hatte an diesem Morgen zumindest zum ersten Mal nachgelassen. Als habe jemand einen Schalter in ihm umgelegt. Was blieb, war die Neugier.

      Er wusch sich die Hände und spritzte kaltes Wasser in sein Gesicht, bevor er nach dem Handtuch griff und sich flüchtig damit abtrocknete. Im Traum schien er selbst umso vieles schlauer und erwachsener gewesen zu sein als sonst. Sein langsamerer Echtzeit-Verstand würde wohl erst mit den Jahren durchschauen, was das Krokodil ihm in dieser Nacht alles anvertraut hatte. Wie viele Jahre das wohl dauern würde?

      Ihm stockte der Atem. Wie von der Tarantel gestochen preschte er aus dem Badezimmer. Im Eifer des Gefechts taumelte er gegen die Tür, schwankte kurz, wobei er einer betrunkenen Hummel gefährlich ähnlich sah, und stürzte auf den Flur hinaus. Dort stolperte er zu allem Überfluss auch noch über seine Schlafanzughose, die ihm über den Hintern gerutscht war. Ungeduldig riss er den Bund nach oben und donnerte in halsbrecherischem Tempo die Treppe hinunter. Das Poltern seiner Schritte ließ die Toten auf dem Friedhof um die Ecke allmorgendlich aus ihren Särgen purzeln, weshalb sie mittlerweile auch der festen Überzeugung waren, dass es einem Erdbeben und einem Poltergeist irgendwie gelungen sein musste, gemeinsam ein Kind zu zeugen, das sie gemeinhin nur ´den Polterknecht` nannten. Jener gellte nun lauthals durchs Haus.

      „Meine GESCHENKE! Her damit! Und zwar ALLE! Mumins,