Vertrauensbruch mit Folgen. Gabriele Schillinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Gabriele Schillinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783752903065
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Augen wirkten freundlich und zudem schien er redebedarf zu haben.

      „Grete hat es nicht leicht.“

      „Wer ist Grete?“

      „Die Frau, die vorhin abgeführt wurde.“

      „Aha. Stimmt was sie sagte?“

      „Das weiß man nicht so genau. Manche glauben schon, aber die heftigen Therapien könnten sie auch in den Wahnsinn getrieben haben.“

      „Was bekommt sie denn für Therapien?“

      „Strom.“

      „Wie Strom?“

      „Elektroschocks.“

      „Das gibt es noch!?“

      „Hier leider schon.“

      Maria war entsetzt. Elektroschocks waren unmenschlich und schon seit einiger Zeit nicht mehr erlaubt. Dachte sie zumindest.

      Ludwig sah, dass Maria erschüttert war.

      „Sorge dich nicht. Es gibt nur wenige, die welche bekommen. Mach einfach, was sie von dir möchten, dann kann es dir nicht passieren.“

      „Da gibt es noch mehr die diese Elektroschocks bekommen?“

      „Ja. Markus zum Beispiel hat gestern eine bekommen.“

      „Deswegen ist er heute so abwesend!“

      „Ich muss mich jetzt an meinen Tisch setzten. Die Wachen schauen schon zu uns rüber. Wenn du möchtest, setz dich später zu mir und wir spielen ein Brettspiel, dann können wir unbemerkter reden.“

      Ludwig wand sich ab und setzte sich an einen der freien Tische.

      Maria war noch immer erschüttert. Nie hätte sie gedacht, dass es noch derart brutale Therapien gab.

      Sie schaute noch einige Zeit beim Fenster hinaus, um nicht unangenehm aufzufallen. So konnte sie auch gleich ihren geschockten Gesichtsausdruck verbergen.

      Draußen wirkte es kalt und ungemütlich, wie so oft in Schottland. Das Wetter in dieser Gegend war nicht gerade einladend. Naja, mit der Psychiatrie war auch dieser Fleck Erde genutzt.

      Die Sicht war weit und grün. In der Ferne erstreckten sich Berge dem Himmel empor. Ein kleiner dunkler Punkt wies auf ein Tier hin, doch welches genau konnte man nicht erkennen.

      Einige Zeit später schlenderte Maria zu den Regalen, die mit verschieden Spielen gefüllt waren. Die meisten waren Spiele für Kleinkinder, ohne besondere Herausforderung. Schnapskarten befanden sich leider keine dabei. Schließlich stieß sie auf ein Puzzle mit 500 Teilen. Ein Landschaftsbild mit Strand und Meer. Ja, das war gut um nebenbei zu plaudern.

      Mit den Karton in der Hand setzte sie sich neben Ludwig. Er lächelte und leerte die Puzzleteile auf den Tisch.

      „Schau nicht so oft zu den Wachen rüber. Das fällt auf.

       Wie heißt du eigentlich?“

      „Maria. Glaube ich zumindest.“

      „Ah. Du hast Erinnerungslücken.“

      „Ja. Wobei, Lücken ist gut. Ich habe gar keine Erinnerung.“

      „Was hast du angestellt?“

      „Wieso angestellt? Ich bin hier, weil mir jemand etwas angetan hat.“

      „Normal sind hier nur Leute, die selbst etwas am Kerbholz haben. Was hat man dir denn angetan?“

      „Ehrlich gesagt weiß ich das nicht so genau. Man hat mich schwer verletzt gefunden.“

      „Dann musst du doch etwas angestellt haben. Sonst wärst du nicht hier gelandet. Hast es wahrscheinlich nur vergessen.“

      „Nein, ich hab nichts gemacht.“

      „Wenn du meinst.“

      „Was ist los mit dir? Ich soll mich nur erinnern, damit man nachvollziehen kann, was mir geschehen ist.“

      „Ok. Ich wollte dich nicht aufregen.“

      „Was hast du angestellt?“

      „Wenn ich dir das sage, willst du vielleicht nicht mehr mit mir puzzeln.“

      Ludwig zwinkerte Maria kurz zu und lächelte.

      „So schlimm?“

      „Eigentlich ja. Was meinst du, wenn ich dir sage, ich habe gemordet?“

      „Naja, mich erschreckt nichts mehr. Mit dem Puzzle wirst du mir kaum was antun können … Also erzähl mal.“

      „Ich war Drogensüchtig. Hab mich immer mehr in diese Welt begeben und obwohl ich einmal viel Geld hatte, ging es irgendwann einmal aus. Von der Sucht getrieben musste ich mir also Geld beschaffen, um meine Drogen kaufen zu können und auf diesem Weg begann ich andere auszurauben. Anfangs Fremde, dann Bekannte und Verwandte. Die Menschen, die mir nahe waren, hätten mich leicht anzeigen können, also begann ich ihnen das Leben zu nehmen.

       Ich war nicht mehr bei Sinnen. Habe Menschen getötet, die mir einmal sehr wichtig waren. Darunter meinen besten Freund und meine Schwester. Es war wirklich schlimm und ich konnte nicht mehr dagegen ankämpfen.

       Als man mich bat meine Schwester zu identifizieren, ich sie im Leichenhaus leblos auf dem Tisch liegen sah, zerbrach ich endgültig. Am Heimweg beschloss ich mich umzubringen und setzte mir den goldenen Schuss. Allerdings hatte mich die Polizei bereits in Verdacht und stürmte meine Wohnung. So kam es, dass man mich im Krankenhaus rettete.“

      Maria dachte, nichts könnte sie mehr schockieren, doch mit dieser Geschichte hatte sie nicht gerechnet. Es war ihr nicht entgangen, dass Ludwig sein fröhliches Gesicht verlor. Nun schaute er traurig auf die Puzzleteile.

      „Wie gehst du mit dieser Vergangenheit um?“

      „Würde man mich hier nicht mit Tabletten vollstopfen – gar nicht gut.“

      „Ehrlich, nun bin ich irgendwie froh mich an nichts mehr erinnern zu können. Entschuldige.“

      „Nein, du hast ja Recht. Ich wünschte auch mich nicht zu erinnern. Meine Taten waren wirklich schlimm und ich bedaure es getan zu haben.

       Dir kann ich es ja sagen. Mir wäre lieber gewesen, wenn mein Selbstmordversuch geglückt wäre und ich jetzt nicht hier sein müsste.“

      „Klingt hart, aber ich verstehe dich.“

      Die Zeit verging schnell und ohne dass beide es merkten, begann das Personal das Mittagessen herzurichten. Jeder musste sich wieder alleine auf einen der Tische setzen.

      Maria dachte über Ludwigs Worte nach. Wenn jeder von den Patienten etwas angestellt hatte, warum war sie dann hier?

      Nach dem Essen mussten die meisten wieder in ihre Zimmer. Maria wurde von einem der Wärter in ihren Raum begleitet. Im Flur sah sie, wie man Grete in einem Krankenbett vorbei schob. Sie hatte die Augen verdreht und rote Flecken seitlich der Stirn. Ludwig musste Recht haben. Ihr wurden eindeutig Elektroschocks verpasst.

      Maria war müde. Die ganze Zeit in Einsamkeit und dann so viele verwirrende Geschichten. Sie war durcheinander, konnte ihre Gedanken kaum ordnen.

      Ludwigs Vergangenheit machte sie sehr betroffen. Dazu kam, was Grete sagte, dass man hier niemanden trauen konnte und die Möglichkeit, vielleicht selbst ein Verbrechen begangen zu haben, verunsicherte sie sehr.

      Obwohl Maria versuchte, ein wenig zu schlafen, gelang es ihr nicht. Der Kopf wollte einfach keine