Grüße von Charon. Reinhold Vollbom. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Reinhold Vollbom
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738057249
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Zeichen. Er kannte das.

      Hin und wieder einige Augenblicke stehenbleibend, um das Ausrollen der Kugel zu beobachten, schlenderte er ziellos durch den weiträumigen Saal. An einem der Tische sprang auf einmal einer der Anwesenden heiter von seinem Stuhl auf. Bestimmt hatte er eine größere Summe gewonnen, waren Moritz’ Gedanken. An diesem Tisch würde er ebenfalls sein Glück versuchen, entschied er kurzentschlossen.

      Nachdem er sich nach vorn beugte, um seinen Jeton zu setzen, stutzte er mit einem Mal. Was war das für ein Duft?! Himmel, was war das für ein Parfüm?!

      »Wollen Sie setzen?« Verbindlich fragend sah ihn der Croupier an.

      »Ja, ja doch. Die Dreizehn, bitte.« Moritz Arndt stellte sich wieder aufrecht hin und sah hierbei mit starrem Blick zu der Dame, die neben ihm auf dem Stuhl saß. Von ihr strömte der betörende Wohlgeruch aus.

      Wann hatte er diesen Duft, diese feine, warme einmalige Ausdünstung das letzte Mal in sich aufgenommen? Seine Gedanken schossen ihm zügellos durch den Kopf. Urplötzlich fiel es ihm ein. Wie in einem Aktenordner, in dem alles brav abgeheftet war, ordnete er den Wohlgeruch wieder zu.

      Grausam. Das war dies einmalige Parfüm, das die weibliche Person benutzte, die vor zwei Jahren seinen Juwelierladen betrat. Sie erkundigte sich nach dem besten Stück, das er hatte. Und gleich darauf fiel er auf einen seichten Trick der Betrügerin herein. Mehrere Augenblicke ließ er sie unbeobachtet. Sie nutzte diese Gelegenheit und tauschte das Original gegen eine preiswerte Imitation aus. Es war einer der elegantesten Ringe, die er einst besaß.

      Den Betrug bemerkte er verhältnismäßig rasch. Kurz nachdem sie das Geschäft verlassen hatte, fiel ihm der Austausch auf. Sofort eilte er ihr hinterher. Doch sie schien wie vom Erdboden verschluckt. Und nun saß sie direkt vor ihm. Er irrte sich nicht. Seine Nase betrog ihn nie. Perücke und Brille, mit der sich die Betrügerin sicherlich seinerzeit verkleidet hatte, täuschten ihn nicht. Sie war es.

      Möglich, dass sie sogar den Ring trug, schoss es ihm mit einem Mal durch den Kopf. Aber in dem Gedränge am Tisch war ihre Hand schwer auszumachen. Zum anderen waren es zu viele Ringe auf ihren Fingern. Sein Lieblingsstück gleich zu erkennen, war schwierig. Er benötigte eine Gelegenheit, ihre Hände näher anzusehen. Ihm würde was einfallen, dessen war er sich sicher.

      Aus einiger Entfernung beobachtete er die Blondine mit dem Flackern in ihren hin und her huschenden Augen. Ausgesprochen lange brauchte er jedoch nicht warten. Schon bald stand sie auf und verließ den Saal zielstrebig in Richtung Ausgang. Das war seine Chance.

      »Ich möchte mich nochmals bedanken. Sie haben mir heute Abend Glück gebracht.« Munter lächelnd log er die blonde Schönheit an. »Oh, Entschuldigung! Ich vergaß, mich vorzustellen. Moritz Arndt, ist mein Name.«

      Befremdet sah die Angesprochene ihn an. »Ich habe Ihnen Glück gebracht?«, fragte sie erstaunt.

      »Ja, sicher«, log er weiterhin. »Frau …, äh …«

      »Janett Confleur!« Ein Schmunzeln glitt über ihr Gesicht. »Ist das eine neue Art fremde Damen anzusprechen?«

      »Wenn Sie mir erlauben, Sie morgen Abend abzuholen, besuchen wir gemeinsam die Spielbank. Dann werden Sie mir nicht mehr fremd sein.«

      Sie schwieg mehrere Sekunden, bevor sie antwortete. »Also gut, morgen Abend. Ich wohne im Exelsior. Sie können mich dort gegen acht abholen. Einverstanden?!«

      »Natürlich.« Er ergriff wie selbstverständlich ihre Hand, um sie zu küssen. Sie zog ihren Arm abrupt zurück. »Nicht doch diese altertümlichen Höflichkeitsfloskeln. Also, bis morgen Abend.« Ein flüchtiges Lächeln und sie war verschwunden.

      Moritz Arndt lag nicht daran, ihr ehrerbietig die Hand zu küssen. Ihm lag nur daran, zu wissen, ob Sie seinen Ring trug. Und er war der Meinung ihn in der Schnelle möglicherweise entdeckt zu haben. Die Nase hatte ihn erwartungsgemäß nicht betrogen. Er warf einen Blick auf die Uhr. Zeit, um sein Hotel aufzusuchen. Der morgige Tag würde ihm allerlei abverlangen. Er hatte noch mehrere Sachen zu erledigen, bis er sie morgen Abend wieder traf. Schließlich sehnte er sich danach, sein liebstes Schmuckstück zurückzubekommen …

      ◊

      Am anderen Morgen bestieg Moritz Arndt die erste Linienmaschine nach Haus. Hier holte er die Imitation, die die Betrügerin zurückließ. Die Polizei hatte ihm das Stück überlassen. Mit dem nächsten Flug kehrte er zur Stadt mit der Spielbank zurück.

      In aller Ruhe legte er die Abendgarderobe an. Gleich darauf begab er sich auf den Weg zum Exelsior. Beim Portier erkundigte er sich nach der Zimmernummer und ließ sich telefonisch anmelden. Hierauf wechselte er mit ihm noch einige Worte und steckte ihm unauffällig einen Geldschein zu.

      »Herein!«, ertönte es halblaut, nachdem er an die Tür klopfte.

      Kaum das Moritz Arndt im Zimmer war, schnupperte seine Nase wieder diese rauchig zarte Wärme des Parfüms. Was für ein Duft! Einmalig, schwärmte er.

      »Nehmen Sie Platz«, hauchte sie.

      Er fand sie heute Abend noch hinreißender. Schade, dass sie so ein hinterlistiges Stück ist, bedauerte er.

      »Ich bin leider noch nicht fertig. Sie können sich derweil einen Cognac einschenken.« Janett Confleur begab sich ins Bad und unterhielt sich mit ihm durch die geöffnete Badezimmertür hindurch.

      Die Augen von Moritz Arndt huschten mit einem Mal zu dem Schränkchen neben ihm. Unter vielen anderen Schmuckstücken lag dort auch sein Lieblingsstück! Der Ring, den er über alles Verehrte. Seine rechte Hand verschwand in der Jackentasche und ließ die Imitation zwischen den Fingern hin und her gleiten. Es reizte ihn die Gelegenheit zu nutzen und das Original mit der Nachbildung zu tauschen. Bestand die Möglichkeit, dass sie es sofort bemerken würde? Käme ein derart günstiger Zeitpunkt wieder? Wäre es sinnvoller, die Polizei zu holen?

      Zärtlich wohltönend sprach Janett Confleur vom Badezimmer aus auf ihn ein. Mit Bedacht erhob er sich aus dem Sessel. Gleich darauf griff er behutsam zum Ring. Auch im Halbdunkel des Zimmers erkannte er den unnachahmlichen Schimmer des größten Diamanten auf dem Schmuckstück.

      Auf einmal verstummte Janetts Stimme. Moritz wachte gerade noch rechtzeitig aus seiner Träumerei auf. Keine Sekunde zu früh saß er wieder bequem im Sessel, nachdem Janett den Raum betrat.

      Zielstrebig begab sie sich auf das Schränkchen zu, auf dem ihr Schmuck lag. »Also doch«, sprach sie mit gefährlichem Unterton in der Stimme. »Komm raus, Rene´. Er hat mich erkannt.«

      Mit einem Mal schlug die Badezimmertür auf. Ein breitschultriger, griesgrämig dreinblickender Kerl trat heraus. In seiner rechten Hand hielt er eine Pistole, die auf Moritz Arndt gerichtet war.

      Janetts Blick war eiskalt. »Ich habe mir genau gemerkt, wie die Schmuckstücke hier auf dem Schrank lagen. Sie hätten einen der anderen Ringe, die Kette oder die Brosche nehmen können. Aber nein, Sie nahmen genau diesen Ring.« Hierbei deutete sie mit dem Zeigefinger darauf.

      Nun übernahm der andere das Wort. »Wie Sie es geschafft haben Janett zu erkennen, wissen wir nicht. Der Ring kann es nicht gewesen sein. Den trug sie in der Spielbank nicht. Sie war zutiefst erschrocken, als Sie plötzlich neben ihr auftauchten. Schließlich stand Sie Ihnen damals Auge in Auge gegenüber. Sie wollte wissen, ob Sie sie erkannt hatten.«

      »Bei dem Versuch, mir einen Handkuss zu geben, war ich mir sicher, dass Sie mich durchschaut hatten. Sie wollten sich davon überzeugen, ob ich den Ring trug. Rene´ wollte es nicht glauben. Auch nicht, nachdem Sie heute kurz nach Haus flogen. Er war immer noch der Meinung, dass Sie mich unmöglich wiedererkennen konnten. Er vermutete, dass Sie ein Schmuckstück für mich besorgen wollten. Sozusagen als Geschenk. Wir waren auf alles vorbereitet. Würde die Polizei auftauchen, wäre der Ring für immer verschwunden.«

      Der Breitschultrige übernahm wieder das Gespräch. »In der Zeitung stand seinerzeit, dass die Polizei Ihnen die Imitation überlassen hat.« Sein Gesicht verzog sich zu einem überlegenen Grinsen. »Kein Geschenk, sondern die Imitation haben Sie heute geholt, stimmt’s?!«

      Moritz