Und niemand warnte sie! Niemand rief Achtung, Vorsicht oder Halt! Und so lief sie allein weiter und weiter und somit in ihr Verderben! Sie erlag sofort und gut sichtbar, auf einem der weißen Streifen, die abwechselnd mit den schwarzen Streifen der Sache über die Straße einen Tiernamen gaben, ihren schweren Verletzungen! Der Tod hatte mit einem der hinteren Firestonereifen eines
schwarzen Kleinwagens, dessen Fahrerin wegen der erworbenen rostigen Gartenstühle sehr langsam den Zebrastreifen überquert hatte und dann am Bordstein hielt, nach ihr gegriffen.Ihr Schicksal wurde nicht einmal bemerkt! Und es gab auch niemanden, der bleich vor Kummer für sie schwarz tragen würde. Die schmierigen Reste ihres dicken Leibes und ihrer vielen, langen Beine, wurden wenig später exakt ins Sohlenprofil eines braunen Turnschuhs gedrückt, der sich mit schnellen Schritten fortbewegte und schließlich bei dem Zelt der Feuerwehr für Erbsensuppe mit Wursteinlage anstand. In ihrer verlassenen Behausung stöberte wenig später eine Männerhand nach Schätzen, fand ein Schriftstück und las: „Spinnenansichten.“ Ich habe nur dies eine Leben und das besteht aus Netze weben. Ich habe niemals nachgedacht, was mir wohl sonst noch Freude macht, als still zu sitzen, voller Gier, zu warten, auf das nächste Tier, das ahnungslos, nichts Böses denkt und sich in meinem Netz verfängt. Wo es dann voller Angst und Pein, mich anfleht, nicht so grob zu sein, wenn ich es beiße und verschnüre und es zum Mund genüsslich führe. Und hab ich es dann ausgesaugt, dass es für andres nicht mehr taugt, dann fürchte ich, gleich einzunicken, ich wollt doch in die Zukunft blicken! Der Christo packte Sachen ein, ins Netz fliegt mancher Fußball rein, und Kirschen werden abgedeckt und unter Netzen gut versteckt. Netzhemden trägt, wer Kühle mag, Netzstrümpfe gern am Faschingstag. Ins Einkaufsnetz legt man den Kohl, ein Netz sorgt fürs Artistenwohl. Mein Netz, das ich für mich nur webe, ist alles, wofür „ich“ so lebe. Auch wenn ich ständig neu beginne, ich bin und bleibe eine Spinne! Ich werde ganz bestimmt wie eben, auch in der Zukunft Netze weben! Vom Leben kann ich nichts verlangen, als immer nur Insekten fangen! Und wenn ein dürrer Spinnerich, signalisiert, ich liebe dich, wird er benutzt, und ich weiß mehr, ich! sterbe niemals beim „Verkehr!“ Ein Dompfaff mit hellroter Brust, hat irgendwann auf mich dann Lust! Die „Spinnenansichten“ unterlagen einem gewaltigen Irrtum und kosteten 2o Cent auf dem Flohmarkt.
Er war hässlich! Nicht nur äußerlich! Sie kam nicht umhin, das irgendwann festzustellen! Seine Fingerspitzen bogen sich nach oben. Ein Zeichen für grenzenlosen Egoismus, hatte sie mal irgendwo gelesen. Da ist Vorsicht geboten, da kann es seelische Verletzungen geben! Und die schmerzten und hinterließen Narben! Er hatte geschickt flache, silbrige Täfelchen ineinander gefügt, aus denen er die Tabletten gedrückt hatte, die er täglich schlucken musste. Ein glänzendes Gebilde türmte sich mit roter und blauer Aufschrift hinter den Glastüren eines schmalen Schrankes. Sie sagte nichts dazu. Warum eigentlich nicht? Ein Stück helle Pappe lag neben einer Zuckerdose aus dem Tal der Rosen. Mit ihm wurden Fliegen, Mücken, Spinnen und anderes winziges Getier mit enormer Abneigung eingefangen und durch das nur einen Spalt weit gekippte Fenster und einem ausgeklügelten Balanceakt nach draußen befördert. Mit akrobatischem Einsatz und enormer Konzentration, wurden sie in halbstündigem Abstand gesucht, entdeckt, überlistet und mit einer Taktik eingefangen, die nicht zu überbieten war.
Sie war amüsiert! Das durch den hellen Vorhang gefilterte Tageslicht fand seinen Weg nur träge bis in die Ecken des Zimmers, in dem es keinen freien Fleck mehr in der Ansammlung von Dingen, Dingen und noch mehr Dingen gab. „Hast du das gehört? Der schurrt schon wieder! Das macht der mit den Stuhlbeinen, wenn er aufsteht. Obwohl ich dem schon so oft gesagt habe, dass es mich stört, macht er es immer wieder - auch nachts!“ Er lachte kurz und verzweifelt auf seine Füße und dann hilflos in die bedrückende Enge des Zimmers. „Ich schlafe sowieso so schlecht, und ich habe das Gefühl, der macht es gerade nachts absichtlich, nur um mich zu ärgern! Ich schwitze dann so sehr vor psychischer Anstrengung, dass ich mein Bett neu beziehen muss! Und schuld daran ist er! An der Wohnungstür nebenan tat sich jetzt etwas! Die personifizierte Intoleranz verließ ihre Wohnung.
Der Schlüssel wurde zweimal umgedreht. „Der geht jetzt!“ Er trippelte rasch auf Zehenspitzen an seine Wohnungstür, presste das rechte Ohr an den vergilbten Schleiflack und belauschte und zählte dabei die Stufen, die der ungeliebte Nachbar hinuntertapste. Während seiner Lausch- und Zählaktion befummelte er nervös den braunen Filzstreifen, der vor dem Schlüsselloch hing, um schlechte Energien abzuhalten, die seiner Meinung nach außerhalb seiner vier Wände ihr Unwesen trieben. Jetzt drehte er sich zu ihr um und hörte, dass die Haustür geöffnet wurde und dann mit einem lauten Knall ins Schloss fiel. „Er ist weg!“
Seine aufgerissenen Augen signalisierten Freude. Mit großer Erleichterung wollte er sich setzen, aber sofort setzte neuer Ärger ihm zu! Mit wenigen Schritten war er am Fenster, weil ein Auto hinter das Haus auf den Hof fuhr und vor dem Eingang zu den Kleingärten parkte. „Der stellt sich doch schon wieder falsch hin, das ist nicht zu glauben!“ Er kicherte gereizt und war zu feige, das Fenster ganz zu öffnen, um seinen Unmut hinauszuschreien. Er lugte durch den schmalen Spalt der Vorhänge, bemüht, nicht entdeckt zu werden. „Das macht der immer“, stöhnte er! „Ich ärgere mich jeden Tag über ihn. Der ist so stumpf, der merkt nicht mal,