Zwar sind sowohl Yamantaka als auch Je Tsongkhapa Manifestationen Manjushris, für die Anhänger von Je Tsongkhapa ist die Praxis von Ganden Lhagyäma und von Migtsema jedoch kraftvoller als die Praxis von Yamantaka. Hierfür gibt es drei Gründe: erstens haben die Anhänger Je Tsongkhapas eine direkte Verbindung mit Je Tsongkhapas Lehre, zweitens wurde die Praxis von Ganden Lhagyäma und Migtsema von Manjushri selbst gelehrt, und Je Tsongkhapa ist der Haupt-Guru dieser Praxis, und drittens besitzen die Unterweisungen über Ganden Lhagyäma und Migtsema die oben erwähnte außergewöhnliche nahe Überlieferungslinie. Wenn wir die Praxis von Ganden Lhagyäma und Migtsema vollenden, vollenden wir nicht nur die Praxis des zornvollen und friedvollen Manjushri, sondern auch die Praxis von Avalokiteshvara und Vajrapani.
Mahasiddha Menkhangpa sagte: «Der fehlerfreie Dharma ist Lamrim, Lojong und Mahamudra.» Mahamudra bezieht sich hier auf Vajrayana-Mahamudra, das sowohl die Praxis der Erzeugungs- als auch der Vollendungsstufe des Geheimen Mantras enthält. Die Unterweisung über diese drei Dharmas – Lamrim (die Stufen des Pfades), Lojong (die Geistesschulung) und Mahamudra – ist das Herz der Lehre Je Tsongkhapas und die eigentliche Essenz des Buddhadharmas. Um die Realisationen dieser drei Dharmas zu erlangen, müssen wir die kraftvollen Segnungen Je Tsongkhapas in unseren Geist empfangen, indem wir aufrichtig die Praxis des Ganden-Lhagyäma- und des Migtsema-Gebetes ausüben.
Mahasiddha Menkhangpa und der Panchen Lama Palden Yeshe verfaßten elf verschiedene Unterweisungen über rituelle Heilpraktiken in Verbindung mit dem Migtsema-Gebet. Es sind Methoden, um erstens Regen für die Ernte zu machen, zweitens Wolken zu sammeln, drittens die «Drib-Krankheit» zu heilen – eine Krankheit des Körpers, die durch Geister verursacht wird und bewirkt, daß Menschen ohne irgendeinen sichtbaren Grund hinfallen und bewußtlos werden –, viertens Verletzungen durch Waffen zu verhindern, fünftens zukünftige «Drib-Krankheiten» zu vermeiden, sechstens Krankheiten der Winde («Lung») zu heilen, siebtens körperliche und geistige Behinderungen zu heilen, achtens sich vor Dieben, Räubern und Feinden zu schützen, neuntens Hindernisse für das Wachstum der Ernte – beispielsweise Insekten – zu beseitigen, zehntens Nahrung zu finden und elftens Hindernisse auf Reisen zu überwinden. Wer ein Handlungsannäherungs-Retreat über Migtsema abgeschlossen hat, kann diese Heilpraktiken anwenden, um anderen Lebewesen zu helfen.
Insgesamt gibt es einhundertacht rituelle Praktiken in Verbindung mit dem Migtsema-Gebet, die von verschiedenen Autoren beschrieben wurden. Es sind alles Methoden, fühlenden Wesen zu helfen.
Die Praxis des Migtsemas ist sehr wichtig, um sowohl unsere eigenen Wünsche wie auch die Wünsche anderer Lebewesen zu erfüllen. Da viele Menschen den Nutzen der Rezitation des Migtsema-Gebetes nicht verstehen, betrachten sie diese Praxis mit Geringschätzung. Andere schenken ihr keine Beachtung, da sie denken, daß sie nur eine kleine Praxis sei. Einige denken sogar: «Diese Praxis ist klein, ich hingegen bin ein großer Praktizierender.» Diese Haltung gründet auf einer falschen Vorstellung. Ein mongolischer Minister bat einmal den Panchen Lama Palden Yeshe, ihm eine kleine Praxis zu geben, die er jeden Tag machen könne, da er anderweitig sehr beschäftigt sei. Der Panchen Lama fragte ihn, welche Art von Praxis er wünsche, und der mongolische Minister antwortete, daß er gerne die Unterweisung über die Migtsema-Praxis erhalten würde. Der Panchen Lama war überrascht und sagte: «Wie können Sie behaupten, daß die Praxis des Migtsemas eine kleine Praxis sei? Es gibt keine größere Praxis als diese. Sie enthält die Bedeutung aller vierundachtzigtausend Unterweisungen Buddhas!»
Das Ansammeln von Verdiensten
DIE EIGENTLICHE PRAXIS DER UNTERWEISUNG
Die eigentliche Praxis der Unterweisung zum Guru-Yoga von Je Tsongkhapa gemäß der Segyu-Überlieferungslinie hat drei Teile:
1. Die eigentliche Praxis
2. Eine Erklärung des Migtsema-Gebetes
3. Wie man ein Annäherungs-Retreat über Migtsema ausführt
Die eigentliche Praxis hat zwei Teile:
1. Die Praxis in der Meditationssitzung
2. Die Praxis in der Meditationspause
Die Praxis in der Meditationssitzung hat fünf Teile:
1. Die vorbereitenden Übungen der Zufluchtnahme und des Erzeugens von Bodhichitta
2. Das Einladen des Feldes für die Ansammlung von Verdiensten
3. Das Ansammeln von Verdiensten
4. Das Empfangen von Erlangungen durch das Vorbringen von Bitten
5. Der Abschluß
DIE VORBEREITENDEN ÜBUNGEN DER ZUFLUCHTNAHME UND DES ERZEUGENS VON BODHICHITTA
Dies hat vier Teile:
1. Die Zufluchtsobjekte
2. Das Erzeugen der Ursachen für die Zufluchtnahme
3. Das Gebet der Zufluchtnahme
4. Das Erzeugen von Bodhichitta
DIE ZUFLUCHTSOBJEKTE
Wir visualisieren die Zufluchtsobjekte, indem wir uns folgendes vergegenwärtigen:
Im Raume vor mir befindet sich der lebendige Buddha Shakyamuni, umgeben von allen Buddhas und Bodhisattvas gleich dem Vollmond inmitten von Sternen.
DAS ERZEUGEN DER URSACHEN FÜR DIE ZUFLUCHTNAHME
Wir erzeugen die Ursachen für die Zufluchtnahme, indem wir uns folgendes vergegenwärtigen:
Ich und alle meine gütigen Mütter, die die Qualen Samsaras fürchten, wenden uns zu Buddha, Dharma und Sangha, den einzigen Quellen der Zuflucht. Von jetzt an bis zur Erleuchtung nehmen wir Zuflucht zu den Drei Juwelen.
DAS GEBET DER ZUFLUCHTNAHME
Nachdem wir die Ursachen für die Zuflucht erzeugt haben, nehmen wir nun Zuflucht, während wir das folgende Gebet dreimal rezitieren:
Bis wir Erleuchtung erlangen, nehmen ich und alle fühlenden Wesen
Zuflucht zu Buddha, Dharma und Sangha.
DAS ERZEUGEN VON BODHICHITTA
Dann erzeugen wir eine Bodhichitta-Motivation, während wir das folgende Gebet dreimal rezitieren:
Möge ich aufgrund der Tugenden, die ich durch Geben und andere Vollkommenheiten ansammle,
Ein Buddha werden zum Wohle aller.
DAS EINLADEN DES FELDES FÜR DIE ANSAMMLUNG VON VERDIENSTEN
Die zentralen Wesen im Feld für die Ansammlung von Verdiensten in dieser Praxis sind Je Tsongkhapa und seine beiden Hauptschüler Gyaltsabje und Khädrubje. Je Tsongkhapa