Chuck schämte sich auch nicht dafür, solche Hemden zu tragen, er hatte Lacoste-Hemden bei Karstadt für siebzig Euro gesehen, die er nicht bezahlen wollte und ob nun auf dem Hemd das Lacoste-Krokodil zu sehen war oder nicht, war ihm völlig egal. Manchmal zog er ein Baumwollhemd an, normal geschnitten mit ordentlicher Länge, das er offen über der Hose trug. Baumwolle war ihm schon wichtig, weil sie angenehm auf der Haut zu tragen war, er hatte als Jugendlicher Nyltest-Hemden tragen müssen, die vollsynthetisch waren und seine Abscheu erregten, weil sie spätestens am Nachmittag zu stinken begannen, sie ließen keinen Körperschweiß verdunsten, außerdem luden sie sich statisch auf, sodass es immer ein knisterndes Geräusch gab, wenn man sich so ein Hemd überzog. Seine Lieblingsfarbe bei den Hemden war hellblau oder weiß, die Hemden waren in den Farben natürlich empfindlich und man musste sich sehr vorsehen, dass man sie nicht gleich nach dem Überziehen verdreckte. Wenn Chuck es schaffte, ein solches Hemd ohne Flecken über den Tag zu bringen, zog er es am nächsten Tag manchmal ausnahmsweise ein zweites Mal an, außer im Sommer, wenn er stark schwitzte. Als Unterhosen hatte er sich eine Reihe farbiger Boxer-Shorts zugelegt, die er natürlich täglich wechselte, im Gegensatz zu früher, als er noch zu Hause lebte, wo er eine Unterhose zweimal anziehen musste. Er schämte sich dann manchmal, wenn er in der Umkleidekabine vor dem Sportunterricht in Unterhosen vor seinen Klassenkameraden stand und diese die gelben Flecken sahen, die sich am zweiten Tag zeigten, aber das war bei den meisten Klassenkameraden nicht anders.
Damals trug er ausschließlich weiße Unterwäsche, auch ein Unterhemd gehörte noch dazu, Mutter wusch die Unterwäsche bei 90°C, damit auch jeder Fleck verschwand. Es gab damals gar keine farbige Unterwäsche, jedenfalls nicht für Männer, erst viel später gab es zaghafte Versuche, etwas Farbe in die Herrenunterwäsche zu bringen. Mittlerweile fanden sehr moderne synthetische Gewebe Verwendung bei der Unterwäsche, aber Chuck bevorzugte normale Baumwolle. Wenn es draußen kalt zu werden begann, zog er einen Pullover über, das war zumeist ein Baumwollpulli mit V-Ausschnitt, in der Regel einfarbig. Früher liebte er Nikkis mit V-Ausschnitt, flaschengrün, die schien es aber nicht mehr zu geben, was er sehr schade fand, vielleicht könnte man Nikki-Stoff kaufen und sich einen Pullover daraus nähen lassen, auch bordeauxrot war eine Farbe, die ihm stand. Als Hosen trug er immer Jeans in blue-denim, er hatte aber auch schwarze Jeans. Chuck bevorzugte Levi`s 501, die nicht ganz preiswert waren, die aber perfekt saßen und am Hosenschlitz Köpfe hatten, was ihn an ganz früher erinnerte und etwas Authentisches hatte.
Ob die 501 auch länger hielt, konnte er nicht sagen, vermutlich nicht, denn die Herstellung von blue-denim gelang inzwischen fast überall. Ganz früher zog Chuck auch Hosen aus normalem Gewebe an, sie hatten Bügelfalten und wenn die Falte vom Tragen verschwunden war, waren die Hosen unansehnlich. Erst die Jeans kam ohne Falte aus und wurde überall getragen, Chuck fühlte sich in Jeans am wohlsten und hatte keine Bedenken, Jeans auch zu festlichen Anlässen zu tragen. In seiner Jugend gab es Jeans nur im US-Shop, das waren Levi´s und die waren so steif, dass man sie hinstellen konnte. Viele zogen sie an und gingen mit ihnen in die Badewanne, wo sie sie mit einer Wurzelbürste bearbeiteten, um sie weich zu bekommen. Chucks Jeansgröße war 33/34, eine Größe, die er von Jugend an hatte, was zeigte, das er immer noch einen akzeptabel guten Körper hatte, obwohl er schon zweiundvierzig Jahre alt war. Besonderen Wert legte Chuck auf qualitativ hochwertige Schuhe, dafür war er auch bereit, viel Geld auszugeben, denn für wenig Geld gute Schuhe zu bekommen, war in Deutschland quasi ausgeschlossen. Früher bekamen er und sein Bruder immer Schuhe bei Deichmann, die extrem preiswert, aber auch von minderer Güte waren. Er hatte schon als Kind Plattfüße und trug Einlagen, was die Schuhsuche noch erschwerte. Es kam die Zeit, dass er zu Hause auszog und ein Studium aufnahm, wegen Geldmangels blieb ihm dann nichts anderes übrig, als sich billige Schuhe zu kaufen, er hatte sich sogar noch einmal Einlagen anfertigen lassen, um die Schuhe nicht allzu stark zu verformen. Die Schuhe blieben aber von schlechter Qualität und genügten sehr schnell seinen Ansprüchen nicht mehr.
Er kannte Studienkollegen, die das ganze Jahr über in Clogs herumliefen, barfuß, auch im Winter, so weit ließ er es aber nicht kommen und er begnügte sich notgedrungen mit dem Ramsch, den er kaufen musste. Irgendwann kam er dahinter, dass auch Schuhe in Überbreite angeboten wurden, zuerst bei den sehr teuren Lloyd-Schuhen, dann gab es aber nach und nach auch andere Anbieter mit Überbreiten. Chuck musste beim Schuhkauf mindestens hundertdreißig Euro auf die Ladetheke legen, um einen Schuh zu bekommen, der seinen Qualitätsansprüchen genügte und nicht schon nach drei Monaten völlig ausgetreten aussah. In der letzten Zeit war er dazu übergangen, nur noch in Trekking-Sandalen herumzulaufen, er wusste, dass das seinen Grundsätzen in Bezug auf Schuhe eigentlich widersprach, genoss es aber, immer Luft am Fuß zu haben und wie barfuß herumlaufen zu können. Er hatte drei Paar gute Schuhe im Schrank stehen, die er zu bestimmten Anlässen anzog, wo Trekking-Sandalen nicht angebracht waren, wenn er zum Beispiel in ein Restaurant oder ins Kino ging, dann zog er ein Paar feste Schuhe an. Er hatte ein Paar schwarze Glattlederschuhe von Sioux, natürlich in Überbreite, ein Paar Geox-Wildlederboots, von der Wirkung des Geox-Prinzips war er aber nicht überzeugt und ein Paar Wildeder-Halbschuhe von einer unbekannten Firma, die aber von einer guten Qualität waren. Sein Schuhverschleiß war auf ein Minimum reduziert, da er praktisch das ganze Jahr über in Trekking-Sandalen herumlief, von denen er sich alle zwei Jahre ein Paar neue kaufte.
Wenn es draußen sehr kalt war, trug Chuck eine Langjacke oder einen Dufflecoat, den er sich kürzlich zugelegt hatte. Die Langjacke war aus schwarzem Leder, sie hielt praktisch ewig, weil sie kaum getragen wurde und wenn er sie einmal anzog, dann immer nur für kurze Zeit. Das Gleiche galt für den Dufflecoat, den er sich zugelegt hatte, nachdem er nie einen besaß, auch als Schüler nicht. Während seiner Schulzeit hatten viele Freunde einen Dufflecoat oder einen Parka, Chuck hatte weder das eine noch das andere. Er lief stattdessen mit einem billigen Mantel oder mit einem Anorak herum oder er trug einen dicken Pullover, von einem Dufflecoat hatte er immer nur geträumt. Er musste vierzig Jahre alt werden, bis er sich einen kaufte. Inzwischen hatten die Dufflecoats Reißverschlüsse, die verhinderten, dass der Wind vorne zwischen die Knebelverschlüsse blies, Chucks Dufflecoat war sehr angenehm zu tragen. Aber die Tage, an denen er Jacke oder Mantel anzog, waren selten, man konnte sie an fünf Fingern abzählen, es musste draußen schon sehr kalt sein.
Chucks Hemden spannten über seinen Oberkörper, er machte regelmäßig Bodybuilding, nicht um übermäßig Muskelmasse aufzubauen, sondern, um fit zu bleiben.
Eine Zeit lang hatte er sich mit Jogging abgemüht, es dann aber wieder drangegeben, er hatte gemerkt, dass Jogging nicht seine Disziplin war. Sein linkes Bein war ein ganz kleines bisschen kürzer als sein rechtes, was sich beim Laufen bemerkbar machte, er hätte das mit entsprechenden Laufschuhen ausgleichen können, ließ das aber. Er fand, dass das Joggen ein einsamer Kampf war. Er hätte sich beim Laufen auch nie mit seinem Partner unterhalten können, wie das andere taten, dazu fehlte ihm immer die Luft, er merkte sehr früh, dass ihm das Joggen nicht lag. Das war im Fitnessstudio etwas ganz anderes, dort teilte er seine Übungen so ein, dass er immer mit seiner Luft und mit seinen Körperkräften zurechtkam. Er war in letzter Zeit immer besser, das hieß, belastbarer geworden. Wenn er sich mit seiner Anfangszeit verglich, so hatte er doch erhebliche Fortschritte gemacht, nicht nur, was seine Kondition anbelangte, sondern auch, was sein Äußeres betraf. Er hatte an Muskelmasse zugelegt und seinen Körper proportioniert, sein Bauch, ehemals leicht nach vorne ragend, war verschwunden und wies nun nicht gerade ein Sixpack, aber doch Muskeln auf, Chuck war um die Hüfte schlanker geworden, sein Kreuz ging in die Breite. Er hatte beschlossen, irgendwann mit dem Muskelaufbau aufzuhören, damit er nicht wie ein Bodybuilder aussah, denn das fand er abstoßend, wenn einem keine Kleidung mehr von der Stange passte und alle Körperpartien nur noch überbetonte Muskelmasse waren.
Chuck fand, dass sein Körper gerade das richtige Aussehen hatte, er unterschied sich in dieser Hinsicht schon von vielen anderen Männern seines Alters. Obwohl er sich in seiner Hemdengröße zwei Nummern nach oben bewegt hatte, spannten die Hemden, für ihn ein Zeichen, das er im Fitnessstudio ein wenig kürzer treten musste. Er hatte in den letzten Jahren fünf Kilogramm an Körpergewicht zugelegt, was ausschließlich Muskelmasse war, allein seine Oberarme hatten beträchtlich an Umfang zugelegt.
Chuck war von Beruf Lehrer, um