Klammerformen wie Gabel- oder Greiferklammern (Abb. 33-15 und 33-16) oder die verschiedenen Typen der Roach-Klammern (Abb. 33-17) weisen gegenüber der E-Klammer entscheidende Nachteile auf (geringere Retention bzw. Stabilität; parodontal ungünstigerer Verlauf), so dass sie selten angewendet werden.
Abb. 33-14 Präparation von Auflagen für die Anlage von Gussklammern an Frontzähnen. a muldenförmige Auflagenpräparation; b kerben- oder balkonförmige Auflagepräparation.
Abb. 33-15 Gabelklammer.
Abb. 33-16 Greiferklammer. a von labial; b von lingual.
Abb. 33-17 Roach-Klammer.
33.5 Werkstoffkundliche Aspekte
Jens Fischer
Im Vergleich zu allen anderen metallischen Restaurationen, wie z. B. Füllungen oder festsitzende Brücken, ist eine Modellgussprothese in der Regel der Zahnersatz, der durch die große Kontaktfläche zur Schleimhaut und durch sein großes Volumen gekennzeichnet ist und darum für den Patienten als am meisten störend und irritierend empfunden wird. Es sind deshalb zwei wichtige Forderungen zu stellen: Der Modellguss muss
möglichst grazil gestaltet
möglichst biokompatibel sein
Für die dafür verwendeten Legierungen bedeutet das, dass sie einen außerordentlichen Widerstand gegen mechanische Belastungen und gegen Korrosion besitzen sollen. Diese Kombination von notwendigen Eigenschaften ist am besten bei den CoCr-Legierungen gegeben.
33.5.1 Elastizitätsmodul (Tab. 33-1)
Eisen-, Nickel- und Kobaltlegierungen haben einen Elastizitätsmodul in der Größenordnung von 200 GPa. Damit ist ihr Widerstand gegen elastische Verformung, also bei Zug-, Biege- oder Torsionsbelastungen, bei gleichen geometrischen Strukturen immer mindestens zweimal so groß wie der von Edelmetall-Legierungen oder auch von Titan, die alle Elastizitätsmodule in der Größenordnung von nur 100 GPa aufweisen.
Zugbelastung. Bei jeder elastischen Verformung ist neben den Materialeigenschaften auch die geometrische Abmessung von Bedeutung. Die einfachste Verformung ist die Dehnung durch Zugbelastung. Hier ist unmittelbar einsichtig, dass der elastische Widerstand gegen diese Verformungsart einerseits durch den Elastizitätsmodul und zum anderen durch den Querschnitt des Werkstücks bestimmt wird. Je größer die Werte sind, umso geringer ist bei gleicher Belastung die Dehnung.
Biege- und Torsionsbelastung. Die bei Zahnersatz am häufigsten auftretende Verformung wird durch Biegebelastung hervorgerufen. Hierbei ist als Formfaktor das Flächenträgheitsmoment J des Werkstücks zu beachten. Für rechteckige Querschnitte (z. B. Platten) ist Jr = (b × h3)/12, wobei b die Breite und h die Höhe oder Dicke des Werkstücks in Biegerichtung bedeuten. Für runde Werkstücke (z. B. Klammern) ist das Flächenträgheitsmoment Jo = (π × d4)/64, wobei d der Durchmesser ist. Hierdurch wird beschrieben, dass der Widerstand gegen elastische Verformung durch Biegung (also die Biegesteifigkeit) mit der dritten Potenz der Dicke oder Stärke des Werkstücks in der Biegerichtung ansteigt. Platten, die sich in der Dicke um einen Faktor 2 unterscheiden, lassen sich nur mit der 8-fachen, Klammern mit rundem Querschnitt mit der 16-fachen Kraft in die gleiche Biegeauslenkung bringen. Geht also durch einen kleineren Elastizitätsmodul die Hälfte des Widerstandes verloren – z. B. bei Verwendung einer Goldlegierung oder Titan statt einer CoCr-Legierung –, so muss zur Erzielung des gleichen Biegewiderstands wie bei hohem Elastizitätsmodul eine Platte um 3√ 2 = 1,26-fach und eine Klammer um 4√ 2 = 1,19-fach dicker gestaltet werden.
33.5.3 Die 0,2-%-Dehngrenze (Tab. 33-1)
Die Grenze der elastischen Verformbarkeit wird bei Dentallegierungen grob durch die 0,2-%-Dehngrenze beschrieben. Die Mindestanforderung für Modellgusslegierungen liegt hier nach DIN EN ISO 22674 bei 550 MPa. Tatsächlich erreichen die meisten CoCr-Legierungen Werte bis zu 700 oder 800 MPa. Die Minimalanforderung für Edelmetall-Legierungen nach DIN EN ISO 22674 (Typ 4) liegt bei 450 MPa im ausgehärteten Zustand. Bei Titan liegt die 0,2-%-Dehngrenze bei etwa 500 MPa. Der hohe Widerstand gegen eine elastische Verformung (beschrieben durch den Elastizitätsmodul) wird also bei den CoCr-Legierungen günstig ergänzt durch eine hohe elastische Grenzbelastung (beschrieben durch die 0,2-%-Dehngrenze), bei deren Überschreitung die Verformung plastisch und damit bleibend wird. Um plastische Verformungen, wodurch die Passung und die Funktionalität einer Prothese vermindert oder sogar ganz zerstört werden, zu vermeiden, sollten alle Elemente so gestaltet und dimensioniert sein, dass bei funktionellen Belastungen ein ausreichender Sicherheitsabstand (Faktor 2) zur 0,2-%-Dehngrenze eingehalten wird. Dem Wunsch nach einer grazilen Gestaltung von Prothesen kann also mit CoCr-Legierungen am besten entsprochen werden.
Tab. 33-1 Maßgebliche Materialeigenschaften für Modellgusswerkstoffe
33.5.4 Korrosionsfestigkeit und Biokompatibilität
Die Korrosionsfestigkeit von CoCr-Legierungen beruht darauf, dass eine Passivschicht durch Chrom- und Molybdänoxide an der Oberfläche aufgebaut werden kann. Da das Gefüge von solchen Legierungen häufig grobkörnig, dendritisch, inhomogen und mehrphasig ist, kommt es darauf an, dass jede Legierungsphase noch ausreichend viel Chrom und Molybdän enthält. Korrosionsuntersuchungen und die Erfahrung zeigen, dass ein Chromgehalt von mindestens 25 % und ein Molybdängehalt von mindestens 4 % eine ausreichende Sicherheit bieten. Dies entspricht auch den Mindestanforderungen nach DIN EN ISO 22674. Gute CoCr-Legierungen können dadurch in ihrer Korrosionsfestigkeit vergleichbar mit Edelmetall-Legierungen werden.
Für die Bioverträglichkeit eines Zahnersatzes ist gute Korrosionsfestigkeit immer eine nützliche Forderung. Hier sollte das technisch Machbare so weit wie möglich ausgenutzt werden. Darüber hinaus ist natürlich die ionenspezifische Allergenität oder lokale Toxizität zu berücksichtigen. Es ist durchaus möglich, dass ein Patient Korrosionsraten von