Amos ist nun schon mutiger, doch er merkt gleich, dass es viel schwieriger ist, im Kreis zu fahren als geradeaus. Als er den Lenker ein bisschen zu stark dreht, kippt er mit dem Rad um. Zum Glück tut er sich nicht weh, weil er im Gras weich fällt.
Er versucht es weiter. Es ist wirklich sehr schwer. „Du, Papa“, sagt er, „ich lerne das Radfahren bestimmt. Aber nicht heute. Ich brauche mehr Zeit zum Üben.“
„Das sehe ich genauso“, antwortet Papa.
Amos setzt sich ins Gras, mit den Ellenbogen auf den Knien, und stützt den Kopf in die Hände. „Was mache ich bloß?“, jammert er. „Am besten rufe ich Leon an und behaupte, dass ich nicht mitkommen kann, weil ich Bauchweh habe. Oder weil mein Rad kaputt ist.“
Papa setzt sich neben ihn. „Ich finde es richtig, dass du Leon absagst“, antwortet er. „Nur warum willst du lügen? Es ist doch nicht schlimm, dass du noch nicht so gut Rad fahren kannst. Oder ist dir das peinlich?“
Amos nickt.
„Hm“, sagt Papa. „Es ist deine Sache, was du Leon erzählst. Allerdings musst du bedenken, dass es riskant ist, nicht die Wahrheit zu sagen. Stell dir vor, Leon kriegt zufällig heraus, dass du gar nicht krank bist oder dass dein Rad nicht kaputt ist.“
„Ich pass auf“, erwidert Amos.
Zusammen gehen sie rein. Papa hört zu, wie Amos Leon anruft.
Der ist nicht zu Hause. Amos spricht mit seiner Mutter. „Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich heute Nachmittag nicht mitkommen kann“, beginnt er.
„Wie schade!“, antwortet Frau Liesegang. „Ist dir was dazwischengekommen?“
„Nein, aber ich kann nicht gut genug Rad fahren. Ich muss erst noch üben.“
Frau Liesegang ist sehr nett. „Natürlich“, sagt sie. „Radfahren lernt man nicht von heute auf morgen. Vielleicht klappt es ja das nächste Mal.“
„Bravo“, lobt Papa ihn, als er eingehängt hat. „Das war mutig.“
„Ich weiß nicht, ob ich mich getraut hätte, ehrlich zu sein, wenn Leon am Telefon gewesen wäre“, antwortet Amos.
Papa denkt immer nur das Beste von ihm. „Ich glaube schon“, erwidert er.
Im Schwimmbad
Beim Mittagessen hat Mama eine Überraschung für Amos. „Heute Nachmittag treffen wir Amelie und Tante Martina im Hallenbad“, sagt sie. „Jonathan darf mitkommen.“
Amos freut sich so sehr, dass er kaum aufessen kann. Er geht furchtbar gern ins Schwimmbad!
Als Amelie, Tante Martina und Jonathan da sind, kann es endlich losgehen.
Jonathan spricht pausenlos davon, dass er tauchen will. „Ich kann mit dem Kopf unter Wasser gehen“, prahlt er, „mit offenen Augen, und einen Ring aufheben.“
Amos hat es lieber, wenn sein Kopf über Wasser bleibt.
„Im Planschbecken tauchen“, sagt Amelie abfällig, „das ist doch gar nichts. „Ich kann im tiefen Teil schwimmen, wenn Mama die Hand unter meinen Bauch hält.“
„Was tust du am liebsten im Wasser?“, will Jonathan von Amos wissen.
„Ich hüpfe und spritze und so was“, antwortet er.
„Pff“, machen Jonathan und Amelie gleichzeitig.
Aber als sie im Becken sind, hüpfen und spritzen sie alle erst einmal. Dann spielen sie Nachlaufen im Wasser. Das ist richtig schwer und man rutscht oft aus.
Tante Martina hat einen Wasserball mitgebracht. Sie bilden einen Kreis und werfen sich den Ball gegenseitig zu.
„He, da ist Ben!“, ruft Amos plötzlich.
Ben sitzt auf der Bank am Rande des Planschbeckens. Sie kennen ihn aus dem Kindergarten. Er hat einen sehr strengen Papa.
„Komm rein!“, ruft Amos ihm zu.
Ben schüttelt den Kopf.
Amos’ Mama geht zu ihm hin, die anderen kommen mit.
„Hallo, Ben“, sagt sie. „Bist du allein hier?“
„Nein. Meine Mama schwimmt im großen Becken.“
„Willst du mitspielen?“, lädt Tante Martina ihn ein.
Wieder schüttelt Ben den Kopf.
Amos kommt ein Verdacht. Tante Martina wohl auch, denn sie fügt hinzu: „Du brauchst keine Angst zu haben. Im Kinderbecken kannst du nicht untergehen.“
Trotzdem will Ben nicht.
„Soll ich dich festhalten?“, bietet Amos’ Mama ihm an.
„Nee, ich bleib hier sitzen“, antwortet Ben.
„Haha! Er hat Angst!“, schreit Jonathan und fängt laut an zu lachen. Amelie und Amos lachen mit.
Ben lässt den Kopf hängen.
„Ab mit euch ins Wasser“, ruft Tante Martina, und man merkt an ihrer Stimme, dass sie es gar nicht gut findet, dass alle Ben auslachen. Und zu Ben sagt sie: „Du kannst ja ruhig noch was zugucken. Vielleicht kommst du später zu uns ins Wasser.“
Johlend rennen Amos, Amelie und Jonathan auf das Becken zu.
Dabei rutscht Amos aus und knallt mit voller Wucht auf den Hintern. Au, das tut richtig weh! Er muss sich anstrengen, dass er nicht anfängt zu heulen.
Amelie und Jonathan gucken ihn an, wie er mit schmerzverzerrtem Gesicht auf dem Boden sitzt, und lachen sich kaputt.
Seine Mama hilft ihm aufzustehen. „Hast du dir sehr weh getan?“, fragt sie.
Amos will das auf keinen Fall zugeben. „Nein“, sagt er und wirft einen heimlichen Blick zu Ben hinüber. Der lacht nicht.
Die ersten Schritte tun weh, aber im Wasser merkt er bald nichts mehr. Sie spielen weiter mit dem Ball. Amos bekommt ihn und wirft ihn Ben zu.
Der fängt ihn, steht auf und kommt ein paar Schritte näher, ehe er den Ball zurückwirft.
Amos wirft den Ball öfter zu Ben, und die anderen machen das auch.
Schließlich steht Ben am Rand des Planschbeckens.
Als Tante Martina den Ball zu ihm hinwirft, muss er ein paar Schritte ins Wasser gehen, um ihn zu fangen.
Und auf einmal – niemand hat gemerkt, wie es gekommen ist – steht Ben neben Amos im Kreis und spielt mit. Dabei hat er solch einen Spaß, dass er lauter schreit als alle anderen zusammen.
Amos findet, dass es viel lustiger ist, Wasserball zu spielen, wenn Ben dabei ist, weil er so schön johlt und gut fangen und werfen kann.
Nach einiger Zeit ruft Amos’ Mama, dass sie bald rausmüssen.
„Ich habe noch gar nicht getaucht“, brüllt Jonathan und geht sofort mit dem Kopf unter Wasser.
„Und ich muss noch schwimmen“, schreit Amelie. Ihre Mama geht mit ihr in den tiefsten Teil des Beckens und hält die Hand unter ihren Bauch.
Amos und Ben hüpfen und spritzen sich gegenseitig nass.
Bens Mama kommt, um ihn abzuholen. Amos’ Mama und Tante Martina reden kurz mit ihr.
„Das war super“, sagt Ben, bevor sie zu den Umkleidekabinen gehen. „Ich wünschte, ich könnte öfter mit euch im Planschbecken spielen.“
„Das kannst du“, antwortet Tante Martina. „Wir haben gerade mit deiner Mama gesprochen. Sie hat nichts dagegen, dass wir dich mitnehmen, wenn wir ins Schwimmbad gehen.“
Ben stößt einen Jubelschrei