Der Tod ist mein Freund. André Schaberick. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: André Schaberick
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753184685
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vernebelte ihm komplett die Sinne. Plötzlich sah er weiße Zähne aufblitzen, die aus ihren Genitalien herausragten. Wie Piranhazähne sahen sie aus und waren sicher rasierklingenscharf.

      Ein eiskalter Schauer schoss ihm über den Rücken und trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Sein Atem stockte, und seine Augen waren plötzlich so groß wie Pflaumen. Seine Pupillen verengten sich zu Punkten.

       Oh Graus, sind das etwa blutrünstige Monster? Warum haben sie Piranhazähne zwischen den Beinen?

      Die Zähne ragten aus dem weichen Fleisch und schnappten wie ein senkrecht stehendes Gebiss, das gerade seine Beute abknabbern will, in der Luft. Sie gaben Geräusche von sich, die klirrenden Messern ähnelten, welche man aneinander reibt, um die Klingen zu wetzen. Rasende Angst überkam ihn und löschte sofort jeglichen Gedanken an Sex und Erotik, an Beischlaf oder das Verwöhnen mit der Zunge. Erst jetzt entdeckte er die blutverschmierten Wände.

      Samuel rechnete sofort eins und eins zusammen und musste sich fast übergeben. Ob sie die Männer beim Sex auffraßen? Oder danach? Wo sollte sonst das Blut herkommen?

      Plötzlich hob das liegende Mädchen ihre Hand mit der Handinnenfläche nach oben, schloss sie langsam zu einer Faust und deutete mit dem Zeigefinger, dass Samuel zu ihr kommen sollte.

      Hatten sie ihn schon längst entdeckt? Hatte er sich umsonst versteckt?

      Ihre lasziven Bewegungen machten es Samuel schwer, ihr zu widerstehen. Doch die Angst vor ihren rasierklingenscharfen Zähnen hielt ihn von den Mädchen fern. Schnell verschwand er in der Dunkelheit und hoffte, von den Mädchen nicht gesehen worden zu sein. Seine Bewegungen liefen wie in Zeitlupe. Sobald er sich schnell bewegen wollte, bremste ihn etwas Unsichtbares ab. Was hielt ihn bloß fest? Er bewegte sich wie in dickflüssigem Honig. Nein, zähes Blut würde es besser beschreiben.

      Samuel wollte auch die anderen Räume begutachten, wusste aber jetzt, dass er dabei ganz besonders aufpassen musste. Er wollte nämlich weder entdeckt noch gefressen werden.

      Auch in den anderen Räumen brannte Licht. Also eilte er so schnell wie möglich zum nächsten Raum. Als er sah, wie weit der nächste Raum entfernt zu sein schien, schätzte er, dass es ungefähr zehn Schritte waren. Doch nach zwanzig Schritten hatte er den Eindruck, erst die Hälfte der Strecke zurückgelegt zu haben. Der Gang wurde im gleichen Maße länger, wie er sich auf die nächste Tür zubewegte. Als sei der Weg aus Gummi, das er mit jedem Schritt in die Länge zog, entfernten sich die nächsten Räume.

      Unabhängig davon, in welchen Raum er blickte, sah er immer wieder dieselben Tänzerinnen. Und immer wieder hatte er den Eindruck, bereits entdeckt worden zu sein, obwohl er sich jedes Mal in fast völliger Dunkelheit bewegte.

       Wie machten sie das nur? Sie selbst befinden sich im Kerzenlicht, ich im Dunkeln. Eigentlich hätten sie mich gar nicht sehen können.

      Die Tänzerinnen versuchten mit allen Mitteln, Samuel aus der Reserve zu locken und ihn dazu zu bewegen, mit ihnen zu tanzen. Immer verführerischer wurden ihre Bewegungen, immer heftiger wurde Samuel von ihnen erregt, aber zugleich hatte er das Bild der blutverschmierten Wände vor Augen. In einem Raum befriedigten sich die Mädchen gegenseitig mit der Zunge, im nächsten benutzten sie phallusähnliche Hilfsmittel, um sich gegenseitig glücklich zu machen. Und aus jedem Raum strömten Düfte, die ihm die Sinne raubten. Doch er schaffte es, ihnen zu widerstehen. Hatte er sich die Piranhazähne vielleicht nur eingebildet? Gab es die Zähne gar nicht, und sie waren nur ein Produkt seiner wilden Fantasie? Oder lockten sie ihn nur, damit er schwach wurde und sie endlich wieder ein frisches Opfer zum Zerfleischen hatten?

      Sie riefen ihn immer wieder mit den süßesten Stimmen. „Samuel, wir brauchen dich. Samuel, mach uns glücklich. Streichle meine Schenkel, küss mich. Samuel, lass mich deine Männlichkeit in mir fühlen. Nur du kannst uns glücklich machen. Samuel, ich wünsche mir ein Kind von dir.“

      Samuel war der Verzweiflung nahe. Wie sollte er den Verführungskünsten der Mädchen bloß dauerhaft widerstehen? Seine Hose war mittlerweile wieder prall gefüllt, sein Verstand deaktiviert, bei jedem Schritt kribbelte es zwischen seinen Beinen. Er fühlte eine schlüpfrige Feuchtigkeit in seiner Unterhose. Fast hätte er die Beherrschung verloren. Aber warum kämpfte er eigentlich dagegen an? Er konnte doch einfach mitmachen. Sicher würde es eine Menge Spaß bereiten.

      Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass er weiter gehen musste. Mit zitternden Beinen und rasendem Puls riss er sich vom Anblick der nackten Mädchen los.

      Nun wurde es wieder dunkler, und er musste sich erneut an den glitschigen Wänden entlangtasten. Nach schätzungsweise hundert Schritten änderte sich sein Umfeld. Er konnte wieder etwas sehen.

      Im nächsten Raum befanden sich monsterartige Wesen mit grün-brauner Haut. Sie war warzenübersät und glitschig. Die Wesen sahen aus wie große Lurche, die schmatzend einen Fleischberg zerrissen. Einer stopfte sich gerade ein Auge ins Maul, das er mit seiner langen Kralle aus dem Fleischberg gerissen hatte. Seine lange Zunge nutzte er geschickt, um das am Nerv hängende Auge in sein Maul zu befördern. Ein anderes Wesen holte mit den Krallen klappernd ein Teil vom Fußboden hervor, das aussah wie die Überreste eines menschlichen Beins. Samuel erkannte einen Fuß, der von der zerfledderten Fleischmasse herunterbaumelte. Er war halb abgerissen, aber noch eindeutig als Fuß zu erkennen. Ihn überkam Übelkeit, und er bekam starke Blähungen vor Angst. Laut knatternd ließ er einen Pups ab, den er nicht mehr halten konnte. Die Monster hörten dies, schreckten auf, drehten sich zu ihm um, sprangen auf, hetzten grunzend zur Tür, sahen ihn aber in der Dunkelheit nicht. Sie hatten nur einen dicken Kerzenstumpf auf dem Tisch stehen, und dieser erhellte den Raum nicht besonders gut.

      Schnell eilte Samuel weiter. Er versuchte, dabei so leise wie möglich zu sein. Sein Herz schlug ihm erneut bis zum Hals, eigentlich hätte man es jetzt deutlich hören müssen. Sein Atem rasselte vor Panik. Er begann zu rennen, hatte Angst mit etwas zu kollidieren, aber er musste hier weg, egal, was ihm im Weg stand. In der Dunkelheit war er bisher immer sehr vorsichtig gewesen, aber die nackte Panik saß ihm im Genick. Also lief er, was die Beine hergaben. Und er hatte Glück, denn er kollidierte mit keiner Wand. An einer Stelle hatte er die Wand ein wenig berührt, aber dies hatte keine großartigen Folgen gehabt.

      Als er seiner Meinung nach weit genug gelaufen war, sah er in einem Raum Fledermäuse an der Decke hängen. Eigentlich nichts weiter Schlimmes. Er konnte sich jedoch nicht erklären, woher das Licht kam, um sie zu sehen, aber ein kalt-blaues Leuchten, das aus den Wänden kam, ermöglichte ihm, die Tiere sehr gut zu erkennen. Riesig groß waren sie, mit langen Fangzähnen bewaffnet. Rot leuchtende Augen quollen aus ihren Köpfen. Sie schnappen um sich und verteidigten das Bisschen Platz, das sie jeweils hatten. Kot lag auf dem Boden herum. Es stank nach verwestem Fleisch, ein Geruch, der Samuel den Magen umdrehte. An der Decke hingen längliche Vorratskokons wie Säcke an schleimigen Fäden. Ab und zu fiel ein glibberiger Tropfen an einem Schleimfaden herunter und vermischte sich am Boden zischend mit Kot. Die Säcke waren durchsichtig, so konnte Samuel erkennen, dass sie mit menschlichen, abgebissenen Körperteilen gefüllt waren. Samuel erkannte die Konturen von Händen, Köpfen und Füßen.

       Oh je, bloß weg hier und die Klappe halten. Ist das hier die Hölle?

      Die Viecher schrien wild durcheinander. Plötzlich wurde eins von ihnen von den Nachbartieren völlig grundlos angegriffen und zerfleischt. Blut spritzte durch den ganzen Raum. Es kreischte vor Schmerzen, als es zerfetzt wurde. Die direkt benachbarten Tiere rissen ihm die Flügel ab und fraßen sie anschließend schmatzend auf. Sie zuckten noch, als sie in den wild keifenden Mäulern verschwanden. Beim Zerkauen konnte Samuel die Knochen laut knacken hören. Anschließend rissen sie dem Opfer die Haut herunter und schüttelten sie aus ihren Zähnen. Haut schien ihnen nicht zu schmecken. Es hing nur noch ein Fleischklumpen an den Füßen, die fest an der Decke eingehakt waren. Der Fleischklumpen zuckte ebenfalls wild hin und her. Die Viecher ergötzten sich daran, rissen Stücke heraus und stritten sich um die besten Brocken. Samuel musste sich vor Entsetzen den Mund zuhalten. Stück für Stück wurde der Fleischklumpen kleiner, bis nichts mehr von ihm übrig war. Die Füße spuckten sie aus, scheinbar schmeckten sie ihnen nicht.

      Der Ekel