Jana und der flitzende Wolkenpilot. Margarita Atzl. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Margarita Atzl
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783738053593
Скачать книгу
ihr auch schon die Augen zu.

      »Was pocht denn da?« Jana fühlte sich gestört.

      Sie hatte kaum geschlafen und wünschte sich nur Ruhe. Aber das ständige Klopfen hörte einfach nicht auf. Genervt und auch verärgert öffnete sie die Augen, um den Störfaktor auszumachen. Als sie sah, wer der Übeltäter war, verflog ihr Unmut. Vor ihrem Bett stand Wölkchen, das den flitzenden Piloten Bob im Schlepptau hatte. Der reparierte gerade den rechten Lenkflügel, indem er mit einem kleinen Holzhammer die rosafarbenen Nägel in Wölkchens Hüfte befestigte. »So. Es kann losgehen. Bist du bereit?«

      Jana nickte. »Wohin geht es?«

      Wölkchen ruckte ein wenig beim Starten. Dann erwiderte sie: »Du wirst schon sehen.«

      Sanft erhob sich das Wolkenschiff in die Luft. Sie flogen über Wolkenheim hinweg. Auch über die schneebedeckten Wiesen und Felder. Sie überquerten den dunklen Tannenwald und entfernten sich immer weiter von Janas neuer Heimat. Die Landschaft wurde unwirklich. Oft streiften sanfte Nebelstreifen Janas Gesicht. Flüsternde Stimmen erzählten ihr Geschichten vom Regenmann, der Schneekönigin und vom Donnerberg. Sie erfuhr von goldenen Elfenkindern und weisen Zauberern und lauschte fasziniert den Erzählungen. Plötzlich wurde es hell. Ein strahlender warmer Strahl umfing sie, während Wölkchen zur Landung ansetzte. Sanfte setzte es auf einem weiten Sandstrand auf. Jana blickte sich um. Ungewöhnliche Bäume standen zuerst vereinzelt später in Gruppen auf der Insel. Gleich daran anschließend breitete sich ein dichter Wald aus. Sie hörte surrende Geräusche und das Kreischen bunter Vögel. Die Sonne wärmte ihren Bauch und ein leichter Wind streichelte sanft ihre Stirn.

      Bob reichte ihr die Hand. »Herzlich willkommen auf der Paradies-Insel.«

      Fasziniert nahm Jana die fremden Stimmen und Gerüche auf. Sie schnupperte und fragte Bob: »Wonach riecht es hier? Es kommt mir vor, wie der Duft von bunten Blumen, aber ich kann nirgendwo welche sehen.«

      Bob zurrte an Janas buntem Rock, den sie verwundert betrachtete. War sie nicht in Jeans und Pullover gestartet? Jetzt trug sie diesen wunderschönen langen Baumwollrock, auf dem Blumen in allen Arten und Farben ihre Pracht ausbreiteten.

      »Sieh nur. Es ist dein Rock, der so gut riecht. Hier sind wir im Paradies. Da ist sogar die Kleidung lebendig.«

      Bob sprang auf und ab und Jana bemerkte, dass auf seiner Hose wilde Farne und Wildkräuter wuchsen. Kein Wunder, dass so viele Gerüche ihre Nase betäubten. Auch Wölkchen hatte sich verändert. Es schimmerte in sanften Regenbogenfarben und roch süßlich. Süßer als die schönste Rose, an der Jana bisher geschnuppert hatte. Wölkchen lächelte sanft und sprach mit seiner glockenhellen Stimme. »Nun mach dich auf den Weg. Erkunde die Insel. Sie wird dir gefallen. Bob wird dich zu Mantuka bringen. Du wirst ihn mögen.«

      Janas Herz klopfte wild, als Bob sie in Richtung des dichten Waldes zog. »Nein. Bitte nicht. Ich habe Angst vor dem Wald. Bestimmt gibt es dort Schlangen und andere giftige Tiere.« Jana sträubte sich. »Auf gar keinen Fall gehe ich hier rein.« Ihre blauen Augen blitzten so störrisch, dass Bob unwillkürlich lachen musste.

      »Angsthase. Pfeffernase,« kreischte er, während er weiter an ihrem Arm zerrte und sie immer näher zum Waldesrand zog.

      Ein bunter Vogel kam geradewegs auf Jana zugeflogen. Sanft ließ er sich auf ihrer Schulter nieder. »Aber, aber. Wer wird denn so feige sein? Du bist auf der Paradies-Insel. Hier kann dir nichts geschehen.« Ganz leise vernahm sie die flötende Stimme des großen Vogels, der sie mit warmen dunkelbraunen Augen betrachtete.

      Vorsichtig setzte sie ihren rechten Fuß in den Wald. Der linke zog nach und ehe sie sich versah stand sie im grünen Dickicht, das sie schützend umfing. Ein wenig mutiger geworden, betrachtete sie die Pflanzen und Bäume, die weit nach oben in den Himmel ragten. Auf den hohen Baumspitzen prangten rote, gelbe, blaue und lilafarbene Blumen, die ihren Duft in der gesamten Umgebung verbreiteten. Affenähnliche Tiere schwangen sich an langen, biegsamen Wurzeln von Baum zu Baum. Ab und zu hörte Jana Stimmen, die ihr »herzlich willkommen im Paradieswald« zuriefen. Da der bunte Vogel reden konnte, fand sie es gar nicht verwunderlich, dass auch die anderen Tiere zu ihr sprachen und die Blumen sie begrüßten. Als sie sich nach Bob umsah, fand sie ihn, fröhlich pfeifend auf dem Rücken eines blauen Ponys, das ihn munter durch das dichte Gestrüpp leitete.

      Plötzlich wurde der Wald heller. Die Bäume gaben einen schmalen Pfad frei, der zu einer großen Siedlung führte. Bunte strohgedeckte Hütten standen kreisförmig um einen goldenen Platz, auf dem sich viele Menschen befanden. Auch sie waren bunt gekleidet und Jana konnte die verschiedenen Pflanzen auf ihren Kleidern riechen. Diese Insel war wirklich paradiesisch. Sie trug ihren Namen zu Recht. Jana rümpfte leicht die Nase. »Schade eigentlich, dass ich niemandem davon erzählen kann«, flüsterte sie leise. »Aber sie würden mir nicht glauben, was ich gesehen habe.«

      Bob sprang vom Rücken des Ponys und reichte Jana die Hand. »Komm, ich stelle dir Mantuka vor. Er ist der Häuptling und gleichzeitig der Heiler des Inselstammes. Du wirst ihn mögen.«

      Mantuka hatte die beiden bemerkt und kam ihnen entgegen. Ernst verbeugte er sich vor Bob. »Sei willkommen. Es ist mir eine Ehre den berühmtesten Wolkenpiloten aller Zeiten auf meiner Insel begrüßen zu dürfen. Wie ich sehe, hast du mir noch jemanden mitgebracht. Wer ist denn die wunderschöne Person an deiner Seite?«

      Bob kicherte und schob Jana nach vorn. »Mantuka darf ich dir meine Freundin Jana vorstellen? Sie braucht dringend ein wenig Nachhilfe in Indianerkunde. Die Kultur der Indianer wird nämlich schon bald Unterrichtsstoff in ihrer Schule sein.« Mantuka nickte. »Na dann komm und setz dich zu uns. Über die verschiedenen Indianer-Stämme auf der Erde gibt es einiges zu berichten. Hoffentlich hast du genug Zeit mitgebracht.«

      Gemeinsam näherten sie sich dem Feuer, um das sich die Inselbewohner geschart hatten. Plötzlich zögerte Jana. Sie rieb sich die Augen und starrte auf den Mann, der ihr freudig strahlend entgegenkam. Dann raste sie los und sprang in seine Arme. »Papa. Ich bin so froh, dich hier zu sehen.« Ihr Vater umarmte sie fest. »Schön, dass du gekommen bist. Komm mit mir und höre, was Mantuka dir zu sagen hat.«

      Folgsam ließ Jana sich im Kreis der Inselbewohner nieder, die sie freundlich in ihrer Mitte empfingen.

       Gemeinsam mit den anderen lauschte sie der Geschichte, die Mantuka zu erzählen hatte.

      Indianer

       »Vor langer langer Zeit machte sich eine Gruppe von Menschen auf, um neues Land zu entdecken. Sie besiedelten den amerikanischen Kontinent. Sie lebten von der Jagd und folgten Mammuts und Bisons über den gesamten Erdteil. Hier und da ließen sie sich an Flüssen und Seen nieder. Andere wanderten weiter und so entstanden viele unterschiedliche Stämme, die sich ihrer jeweiligen Umgebung anpassten. Etwas aber vereinte sie alle. Sie fühlten die heilige Energie Manitus. Die göttliche Energie des Manitu ist die Kraft der Natur. Sie ist in der Sonne, im Licht, in Tieren, Pflanzen und Steinen, aber auch im Blitz, im Donner und im Regen enthalten. Auch die Menschen haben Manitus Kraft in sich. Für uns Indianer haben alle Dinge, alle Tiere und auch die Pflanzen den gleichen Stellenwert wie der Mensch. Wir respektieren die Natur und die Tiere.

      Unsere Stämme jagten, aber wir erlegten nur die Tiere, die wir zum Überleben benötigten. Wir schlugen nur das Holz, was wir dringend brauchten. Wir bedankten uns bei den Pflanzen dafür, dass sie sich für unsere Ernährung zur Verfügung stellten.

      Wir Indianer lebten damals in und mit der Natur. Geld brauchten wir nicht, denn wir lebten vom Tauschhandel.

      Unser Leben änderte sich, als Christoph Kolumbus Amerika entdeckte. Die Neusiedler brachten Alkohol und Gewehre zum Tausch gegen Lebensmittel und Felle mit. Sie wollten sogar Land tauschen. Doch wir Indianer besaßen kein Land. Wir lebten mit der Natur, aber das Land war nicht unser Eigentum. Wir konnten es nicht verkaufen. Die Neulinge vertrieben uns aus unseren Jagdgebieten. Wir konnten unsere Nahrung nicht mehr besorgen, weil sie Häuser bauten und ihre Weiden einzäunten. Sie jagten unsere Büffel und erklärten uns den Krieg.