Автор: | Jacques Varicourt |
Издательство: | Bookwire |
Серия: | |
Жанр произведения: | Языкознание |
Год издания: | 0 |
isbn: | 9783847605072 |
einfach wegignoriert. Helga und ihre Rotzlöffel auf der einen Seite, mein genervter, labiler Vater, auf der anderen Seite, ja sie arrangierten sich, unerwartet, und nicht uneigennützig, aus der Sicht meines Vaters... Ja, ja so war das in jenen Jahren. Allerdings, für die damals Heranwachsenden - eine absolute Katastrophe. Und für Sven, dem jüngsten Spross meiner Stiefmutter, führte das alles dann, später sogar, vermutlich aufgrund der durchlebten Ereignisse zum Tod durch übermäßigen Heroingenuss. Man hatte ihn, insbesondere ihn „Sven“, ausgestoßen. Aus der Familie sorgsam heraussortiert. Seine Fluchtburg, sein neues Zuhause, sein direkter Bezugspunkt, waren die Drogen geworden, weil der Ersatzvater keine Liebe geben konnte, und die Mutter (Helga) ihm keine Liebe geben durfte. Mein Vater verbot es ganz einfach. Er, mein Vater, war das neue kranke Kind im Hause Winkelbach/Stobbe. Er brauchte rund um die Uhr Aufmerksamkeit, Wärme, Zuneigung, Liebkosungen aller Art, und das von allen, wenn alle mal da waren. Und man spielte mit. Helga war für ihn Mutter sowie Geliebte. Sie nahm ihre Rolle intuitiv an. Sie wusste, dass das Einkommen meines Vaters, welches nicht gerade gering war zu jenem Zeitpunkt, für sie, und auch für die Kinder, wichtig war, wichtiger sogar als ihre eigenen Einkünfte, denn die wurden einfach so mit ausgegeben, sie verschwanden in dunklen, undurchsichtigen Kanälen auf nimmer Wiedersehen. Die störenden Kinder wurden kurzer Hand, ohne großes Aufsehen, auf Bauernhöfe, und sonst irgendwo in der großen Familie Winkelbach, großzügig verteilt. Meines Vaters Anspruch auf Ruhe wurde zu einem heiligen, zu einem gesegneten Akt der Liebe, zwischen ihm und seiner Neueroberung „Helga“. Helga gab untertänigst nach, sie fügte sich, sie verstand zwar nichts, aber sie gehorchte so gut es ging. Ja, und von ihrer bescheidenen Warte aus gesehen funktionierte es in der Tat, es lief besser und besser. Rebelliert haben die Kinder, aufgrund solcher eigenwilligen Entwicklungen, die im Grunde genommen gegen sie gerichtet waren „nicht“, vermutlich, weil die eigene Mutter auch verlegen schwieg. Sie, die Mutter, machte, nur im Nachhinein betrachtet, damit einen Fehler, aber sie machte außerdem, für meinen damals gierigen, geilen, läufigen Vater, auch die Beine breit und ließ ihn gewähren. Helga hatte bereits vor der Zeit mit meinem Vater, sämtliche Anwälte und höher gestellten Persönlichkeiten, des Hamburger Stadtteils „Harburg“ großzügig beglückt. Sie hatte versucht durch hemmungslosen Sex, einen besser situierten Herren für sich zu gewinnen - erfolglos. Nun hatte sie meinen Vater siegessicher sowie erfolgreich eingewickelt, und meine leibliche Mutter Eva war, aufgrund solcher Ereignisse, wie eigentlich „alle“ in der Familie Kupka, glücklich, dass wir unser betrunkenes, psychisch instabiles, weinerliches, wehleidiges Sorgenkind Jürgen Stobbe sen. endlich loswaren, und sich andere, von nun an, als „Leidtragende“ könnte man sie bezeichnen, seiner komplizierten Psyche annahmen, um ihn zu unterstützen und zu verstehen. Die Kupkas und auch ich, atmeten, erleichtert auf, als uns die neue Situation bewusst geworden war, wir waren entspannt, wir waren von einem Irren erster Güte, endlich befreit. Meine Mutter war zwar auch wahnsinnig, aber sie war zu damaliger Zeit, das geringere Übel - Gott sei Dank. Sie veränderte sich erst nach 1981... was auch immer es letzten Endes war, was auch immer es ausgelöst hatte, es steigerte sich, es nahm ganz allmählich Gestalt an. Eva war auf dem besten Wege, meinem Vater, rein medizinisch gesehen, in den Irrgarten des unheilbaren Schwachsinns, stufenweise zu folgen. Meiner Oma (Oma Dicki ist wieder gemeint) fiel die sonderbare Wesensabart ihrer Tochter erstmals auf, als „Eva“ in die schmierigen, von Bauschutt entstellten Hände, von Karl Grehn, für immer hinein geraten war, und er sie nicht mehr losließ. Wer jedoch wem, in dieser Beziehung hörig war, blieb bis zum heutigen Tage ein Rätsel. Oma Dicki behielt, zu damaliger Zeit, ihre Beobachtungen, ihre Eindrücke und Vermutungen, für sich. Erst als wir beide, für die Aussetzer meiner Mutter, keine Entschuldigung mehr fanden, tauschten wir jene seltsamen Einsichten und Wahrnehmungen heimlich, ohne Evas oder Karls Anwesenheit, aus. Es war allem Anschein nach die endgültige sexuelle Freiheit, die meine Mutter, durch die Trennung von meinem Vater, plötzlich genoss, und in exzessiven Nächten, mit dem ihr ebenbürtigen Karl Grehn, in Anspruch nahm. Karl wurde zu Höchstleistungen im Bett gefordert, meine Mutter war unersättlich. Sie wollte alles, sie verlangte alles, und Karl pumpte, was das Zeug hielt, auch „alles“ in sie hinein. Er tolerierte ihre bisexuellen Freundinnen, weil auch er einen latenten Hang zum gleichen Geschlecht, zu mindestens in der stürmischen Nazizeit, gehabt hatte. Er verstand sie, aber er für sich allein, hatte sein Interesse an Männern, trotzdem, zeitlebens immer unterdrückt und zur Seite geschoben, den gleichgeschlechtlichen Liebesakt also nicht versucht, nicht probiert. So etwas überließ er anderen, aber interessiert war er natürlich schon, und theoretisch, hatte er den Sex mit dem eigenen Geschlecht, mit einem ihm gefallenen jungen Mann, ohne jeden Zweifel, des Öfteren durchlebt, vielleicht auch während des Verkehrs mit meiner Mutter. Aber, andererseits war er einfach zu belesen in solchen Dingen, dass er sich der damit verbundenen Gefahr nicht bewusst war. Irgendwie war er ein Sexualforscher, ein Hobbiest, ein rammelnder Springbock, ein Gelegenheitsknaller, der nicht alles ausleben konnte und wollte, um sein Gesicht zu wahren. Aber woher, trotzdem, eigentlich dieses, über alle Maßen, erstaunliche Fachwissen herrührte, welches er meisterhaft besaß? Nein, ich fand auf diese Frage keine plausible Antwort. Meine Oma übrigens auch nicht. Wir ließen Karl erzählen und bildeten uns unsere eigene Meinung zu seinen, von ihm sorgfältig ausgewählten Lieblingsthemen, bei Kaffee und Kuchen am Nachmittag. Während sein jüngerer Bruder, - (Karls ausführliche Erzählungen dienen hier und jetzt als Grundlage), seine Homosexualität auslebte, beschränkte Karl seine homoerotischen Neigungen, auf schmuddelige Hefte und dementsprechende Videokassetten, die er sich unauffällig, durch Zweite, hinten herum besorgte. Daher vielleicht auch das detaillierte Fachwissen, aber festlegen wollte ich mich damals nicht, und möchte ich es auch heute noch nicht, das überlasse ich „gerne“ den anderen. Denn beide, Eva und Karl, hatten ihren Spaß am gemeinsamen Betrachten der sich liebenden Jünglinge, der jungen, geilen, reizenden Lesben, die sich ganz und gar der Liebe und der Lust hingaben, in freier Natur, unter einem blauen, verträumten Himmel. Eva konnte beim Betrachten der Videofilme, ihrer Beglückung kaum Ausdruck geben, ihre Sehnsucht, ihre Triebhaftigkeit, ihr Verlangen wurde unerträglich. Karl hingegen genoss, in sich ruhend, das wilde Treiben der noch unerfahrenen jungen, knusprigen, gut gebauten Burschen und Mädchen, auf der grünen, vom Sonnenschein überfluteten Wiese. Ja, und somit, durch diese Übereinstimmung ihrer Gefühle, ihrer Vorlieben, ihrer Bedürfnisse, trafen sich Eva und Karl, mit ihren Wünschen, in der Mitte der immer wiederkehrenden sexuellen Triebe. Es war eine Art wildester Leidenschaftskult, ein endloses Rennen der Geilheit, der Sexsucht, der totalen Befriedigung, der Vorstufe zur Abhängigkeit, bis hin zu abartigen, unzeitgemäßen, teilweise ekelhaften, perversen Phantasien. Karl sein Bücherregal bog sich diesbezüglich, vor erotischer, vor extremer nicht zugelassener Literatur, und meine Mutter fügte immer wieder, das eine oder auch das andere Werk, von so manchem verpönten Schreiberling hinzu. Das Immerwiederkehrende, gemeinsame, gemeinsam erregende Betrachten der Bilder, das Lesen der kleinen versauten Geschichten, das Gleichgeschlechtliche als solches, ausschließlich auf den Körper fixierte „Wollen“, ja das alles faszinierte Eva und auch Karl in ungeahnter Stärke. Es wurde zum festen Bestandteil ihres Vorspiels, ihrer eigenartigen Liebe, ihrer großen sexuellen Anziehung aufeinander - bekundete meine Mutter mir einmal, an einem vom Sekt übermäßig geprägten Abend, in ihrer, und „nur“ in ihrer, „Eigentumswohnung“ in Ottensen, (Altona, Holstenring 18), gleich neben Familie Prawitz – Parterre. Es ist bemerkenswert, dass die Familie Kupka (mein mütterlicher Familienzweig) derartige sexuelle Energien freisetzen konnte. Die Familie Stobbe (mein väterlicher Familienzweig) war in dieser Hinsicht weitaus weniger aktiv und eher „normalartig“ veranlagt. Es wurde mehr gesoffen, mehr gefeiert, mehr gelebt, mehr erlebt. - Thomas Stobbe, mein Cousin war, um einmal ein Exklusivbeispiel zu nennen, Anfang der achtziger Jahre, während seines Dienstes bei der Polizei, derartig besoffen Auto gefahren, dass er einen prallenden, verhängnisvollen Unfall hatte. Durch diesen Unfall wurde er zum Frührentner, denn seine Kollegen deckten ihn, durch eine Falschaussage, sie behaupteten: „Er sei stocknüchtern und unschuldig in den dramatischen Unfall verwickelt gewesen.“ Das rettete ihm die finanzielle Zukunft, er verlor zwar ein Auge, das andere Auge wurde ebenfalls erheblich in Mitleidenschaft gezogen, aber eine Rente von damals 3800 DM, „beruhigt“ jede angeknackste Seele, und nicht nur der feierliche Alkohol hinterher ist damit gemeint. Ja, wenn die Polizei hilft, bei einem Kollegen, dann aber auch richtig. Die Polizei - Dein Freund und Helfer. Allerdings konnten sie (die loyalen Polizeikollegen) Thomas Stobbes Arroganz, seine Borniertheit, sein Getue und Gehabe, nicht ändern. Thomas blieb, was er eigentlich