Tausche Ehegatten gegen Mann im Kilt. Pia Guttenson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pia Guttenson
Издательство: Bookwire
Серия: Mann im Kilt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742759030
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den Schafen zu sehen. Er hatte Zäune sowie etliche Gatter repariert, um sie in Schuss zu halten.

      Jetzt war er nur hier, um mittagzuessen und Grace zu fragen, wie es in der Schule gelaufen war. Seit Neustem hatte seine Kleine diverse Probleme mit einer Lehrerin. Manchmal fragte er sich beklommen, ob er sie falsch erzogen hatte.

      Es war nicht einfach, Vater und zugleich Mutter zu sein. Ihm fehlte definitiv eine weibliche Seite, das war sogar ihm klar. Er war nun mal kein Mann mit Sinn für viele Worte oder Weiberkram. Wie oft hatte seine Exfrau seinen Mangel an Romantik beklagt. Alasdair war schon seit jeher eher ein Mann fürs Grobe gewesen. Seit Grace in der Schule war, wirkte sie noch verschlossener als zuvor. Eine Auster war ein Klacks gegen seine Tochter. Er wusste, dass sie ihm längst nicht alles erzählte, was sie belastete. Ständig kam sie mit neuen blauen Flecken heim. Er fühlte sich völlig hilflos. Die Gehörlosenschule in Inverness war teuer. Dennoch war es, sah man von einer Operation ab, die einzige Chance für Grace. Er hatte sich geweigert, Grace operieren zu lassen, dabei wusste er, dass so eine Operation längst ein Routineeingriff gewesen wäre, den zudem die Krankenkasse übernommen hätte.

      Grace hätte eine reale Chance, wieder hören zu können. Aber sie konnte auch bei solch einem Eingriff sterben. Eine Operation war schließlich kein Spaziergang. Dieses Risiko war ihm einfach zu hoch erschienen. Demnächst würde er vermutlich gezwungen, sein Café samt der Bäckerei zu verkaufen. Gleich, nachdem er das Einzige, woran sein Herz hing, ebenfalls verkauft hatte. Seine Harley Davidson 74 Knucklehead, sein Baby. An der er nicht nur hing, weil sie ein echtes Liebhaberstück mit Seltenheitswert war, sondern weil der Kiltgürtel seines Urahnen väterlicherseits, ein Erbstück der Familie, um den Tank herum eingearbeitet worden war, ebenso wie eine Brosche, die jetzt den Tankdeckel krönte.

      Allein der Erinnerungswert der Maschine war mit keinem Geld der Welt aufzuwiegen. Leider hatte er Verantwortung. Verantwortung für seine Kleine ebenso wie für seine Eltern, die auch nicht mehr die Jüngsten waren. Doch wenn Grace eine Zukunft haben sollte, blieb ihm nichts anderes übrig.

      Wenn er wenigstens wüsste, was er falsch machte. Wieso erzählte ihm sein Mädchen nicht, was sie bedrückte? Marge wollte und konnte er damit nicht belasten. Sie tat ohnehin bereits viel zu viel. Ihre Ratschläge waren unbezahlbar, halfen ihm jedoch längst nicht immer.

      Und sein Vater war ihm bei derlei Fragen keine Hilfe. Mit Grübeln beschäftigt, betrat er den Laden. Marge bediente gerade Stuart, nickte ihm zu. Sobald Stuart ging, würde sie ihm sein Essen bringen, wie jeden Mittag um diese Zeit. Zielstrebig ging er ins Café hinüber, blieb dann verdutzt mitten in der Tür stehen. Ihm war, als würden ihm seine Augen auf einmal einen Streich spielen, so fremd war die Szene, die sich ihm darbot. Louise Schulzinger mit seiner Tochter Grace, die Köpfe einträchtig zusammengesteckt, arbeiteten konzentriert an etwas, das auf dem Tisch lag.

      »Da staunst du, Al«, flüsterte Marge, die neben ihn getreten war, verschwörerisch. Er konnte den Blick nicht von den beiden abwenden. Soeben nahm die Fremde Grace einen Stift aus der Hand, um ihr etwas zu zeigen. Nicht genug, dass Grace sich von ihr anfassen ließ. Nein, sie sah dabei sogar regelrecht glücklich aus. Plötzlich klatschte die Kleine begeistert in die Hände.

      »Was zum …?«, stieß er völlig befremdet aus.

      »Lou war so freundlich, mir aus der Klemme zu helfen. Du weißt doch, dass ich nicht zeichnen oder malen kann, aye. Gracy sollte einen Elefanten zeichnen. Eine kniffelige Hausaufgabe.«

      »Lou?«

      »Louise, die Deutsche. Eine zauberhafte Frau. Ich dachte schon, Gracy lässt sich vor Verzweiflung nicht mehr beruhigen. Dann kam sie. Jetzt zeichnen die beiden bereits eine ganze Weile. Du bist heute spät dran. Wie lange bist du denn bereits vor dem Laden gestanden, Junge?«

      »Scheinbar zu lange. Meinst du nicht, dass die A' gearmailteach auch noch etwas anderes zu tun hat, als deine Enkelin zu hüten, Marge«, brummte er unwirsch, machte sich auf den Weg zum Tisch. Tatsächlich bekam er beim Anblick der beiden Panik. Nackte Panik. Dieses elendige Weib rief Gefühle in ihm wach, die er nicht wollte. Gefühle, die er sich verdammt noch mal nicht leisten konnte. Er wurde wütend.

      Dabei gab es keinen vernünftigen Grund, so zu empfinden. Alasdair hatte das Gefühl, vor Wut zu schnauben wie ein gereizter Stier. Mühevoll beherrscht baute er sich direkt neben dem Tisch auf. Die Fremde zuckte erschrocken zusammen. Ihr sympathisches Lächeln gefror zu einer gekünstelten Grimasse. Grace hingegen strahlte ihn unerschrocken und überglücklich an.

      »Sieh mal Pa, was mir Lou gezeigt hat. Dafür gibt mir Mrs. Dunnen sicherlich eine Zwei mit Sternchen. Lou hat gesagt, sie würde sogar einmal mit mir zur Schule gehen. Ist das nicht toll von ihr, Pa?«, erklärte seine Tochter in der Gebärdensprache mit fliegenden Fingern, sodass Alasdair sich gezwungen sah, ihre Hände festzuhalten.

      Verständnislos, wie große glänzend blaue Murmeln, blickten ihn Graces Augen an. Es bereitete ihm unsägliche Schmerzen, seinem Mädchen wehtun zu müssen. Andererseits konnte er nicht zulassen, dass eine Fremde, eine Touristin, die nur für kurze Zeit hier in Schottland zu Gast war, ihrer beider Leben auf den Kopf stellte.

      Daingead! Weder Graces Herz, noch sein Eigenes konnten sich auf eine Frau einlassen, die außer von Mode und Schmuck vermutlich von nichts eine Ahnung hatte. Keine Gefühle – keine Schmerzen.

      »Danke für Ihre Hilfe, Mistress Schulzinger«, presste er mühsam beherrscht hervor. Ohne auf Graces Gebärden zu achten, packte er ihre Stifte zurück ins Mäppchen.

      »Keine …«, entgegnete die Deutsche, räusperte sich »… keine Ursache, Mr. Munro«, stotterte sie. Sie erhob sich so ruckartig, dass der Stuhl mit einem lauten Knall umfiel.

      »Das Fahrrad steht draußen«, erwiderte er ruhig.

      Louise Schulzingers Gesicht wurde hart. Ihre Augen blitz-ten ihn regelrecht an. Ohne ihn weiter zu beachten, wuschelte sie einmal liebevoll durch Graces Haar.

      »Danke«, murmelte sie, nahm Marge das eingepackte Brot aus den Händen, das diese ihr mit entschuldigendem Achselzucken entgegenhielt. Selbst der Hund trottete mit schicksalsergebenem Blick hinter seinem Frauchen her.

      Der Teufel hole dieses Weibsbild, dachte Al ärgerlich.

      Einen Moment später stellte Marge den Teller mit seinem Mittagsessen mit einem lauten Klirren vor ihm auf den Tisch, das aus ihrer Laune keinen Hehl machte.

      »Was ist, Mutter?«, knurrte Alasdair.

      »Nicht alle Frauen auf Gottes Erde sind wie deine Exfrau, Al. Was hat dir die arme Frau getan, dass du dich so daneben benehmen musstest?«

      »Ich habe mich nicht …«

      »Und ob. So habe ich dich nicht erzogen. Dein Vater wäre entsetzt über deine schlechten Manieren, aye!«, fiel ihm seine Mutter ins Wort.

      Lou floh regelrecht aus der kalten Atmosphäre des Cafés. Das Heimelige war im selben Moment verschwunden, in dem Alasdair Munro das Café betreten hatte. Mit zitterigen Fingern schnappte sie sich das klapprige Herrenrad, welches an der Hauswand lehnend auf sie wartete. Was für ein Furcht einflößender Mensch dieser Schotte war. Dabei sah er trotz seiner Narbe auf der einen Wange, der fehlenden Rasur sowie den verschmutzten Arbeitskleidern keineswegs schlecht aus. Für einen Romanfiesling würde es ausreichen. Definitiv hatte er etwas Männliches, Draufgängerisches an sich. Vielleicht lag es auch daran, dass Alasdair Munro das komplette Gegenteil von Alexander war.

      Alexander war ein Charmeur, ein Frauenschwarm. Vermutlich fiel ihr dieser Schotte deshalb so ins Auge, weil er all das nicht wahr. Alasdair Munro war durch und durch ein Macho, daran hatte sie keine Zweifel. Er strahlte Unnahbarkeit ebenso aus, wie etwas Gefährliches. Der Kerl war so groß, dass er sie, selbst wenn sie ihre High Heels trug, noch überragen würde. All dem zum Trotz hatte er auch etwas Weiches, Verletzliches an sich.

       Ein Mann mit einer schmerzlichen Vergangenheit?

       So wie ich eine Frau mit gebrochenem Herzen bin?

      Dummerweise schien Alasdair Munro auch ein absolutes Arschloch zu sein. Im Stechschritt steuerte Lou das winzige