Doc Holliday. Michael Franzen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Franzen
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783748595519
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Großvater also. Dieser erreichte ein hohes Alter und verstarb am 16. November 1862 in Georgia.

      Doc Hollidays Vater Henry Burroughs Holliday ging aus der Ehe zwischen Robert Alexander und Rebecca Holliday geb. Burroughs (1800-1856) hervor und er wurde am 11. März 1819 in Laurnes, South Carolina geboren. Henry Burroughs Holliday, der von seinen Mitmenschen aufgrund seines Ranges im Allgemeinen Major genannt wurde, war ein verdienter Veteran aus den früheren Kriegen gegen die Cherokee (1838) und Mexikaner (1846-1848). Nachdem er aus dem Krieg zurückgekehrt war, im Gefolge der 13-jährige Waisenjunge Francisco Hidalgo, den er in seine Obhut genommen hatte, heiratete er am 08. Januar 1849 in Fayetteville, Georgia die am 21. April 1829 ebenfalls in South Carolina geborene Alice Jane McKey. Im selben Jahr, am 03. Dezember 1849 wurde dem frischverheirateten Paar eine Tochter namens Martha Eleonora geboren, doch das Kind verstarb bereits im Alter von sechs Monaten am 12. Juni 1850 in Griffin, Spalding County, Georgia, wohin das Ehepaar nach der Hochzeit gezogen war, sodass John Henry der einzige Stammhalter der Familie bleiben sollte.

      Seinen ersten „weniger historischen“ Schrei als neuer Erdenbürger tat John Henry laut dem Eintrag in der Familienbibel des Vaters am 14. August 1851, doch könnte es laut anderen Quellen auch der 03. Januar 1852 gewesen sein. Ein Geburtsregister dazu findet sich nicht oder es ging, wenn es denn existiert hatte, später während der Bürgerkriegswirren verloren. Die Taufe jedenfalls fand am 21. März 1852 in der Presbyterianischen Kirche in Griffin, Georgia statt und da Taufen früher in der Regel schnell und bereits wenige Wochen nach der Geburt stattfanden, könnte auch das zweite Geburtsdatum das durchaus richtige gewesen sein.

      John Henry sollte jedoch kein Einzelkind im Haushalt der Hollidays bleiben, denn außer ihm lebten dort auch noch drei der acht jüngeren Geschwister seiner Frau, nämlich Margaret Ann (1839-1871), Mellissa Ella (1844-1927) und Eunice Helena (1846-1906), für die Henry Burroughs Holliday nach dem Tode der Eltern seiner Frau - William Land McKey (1853) und Jane McKey, geb. Cloud (1856) - die Vormundschaft übernommen hatte. Sie waren somit die Tanten von John Henry gewesen, gleichwohl man sie vom Alter her schon eher als Geschwister ansehen konnte.

      Nachdem der Amerikanische Bürgerkrieg ausgebrochen war, diente Major Holliday bis 1862 in der 27. Infanterie von Georgia und bekam den Einmarsch von Unionsgeneral William Tecumseh Sherman (1820-1891) nach Georgia 1864 hautnah am eigenen Leibe zu spüren. Atlanta und Savannah wurden von der Union erobert und Georgia ging als einer der letzten Staaten für die Konföderation verloren. Der Erfolg Shermans sorgte am Ende dann auch dafür, dass Abraham Lincoln (1809-1865) erneut ins Weiße Haus gewählt wurde.

      Zusammen mit seiner Familie und dem gesamten Hausrat zog Major Holliday 1864 nach Bemiss und dann später 1866 weiter in die am 07. Dezember 1860 gegründete Stadt und Verwaltungssitz des Lowndes County Valdosta an der südlichen Grenze und Küstenregion Georgias gelegen, die von einigen Historikern und Romanschreibern oftmals als Geburtsort von Doc Holliday betitelt wurde - und zwar fälschlicherweise muss man an dieser Stelle sagen, denn Doc wurde nachweislich in Griffin, Georgia geboren - Punktum!

      In Valdosta gewann Major Holliday rasch an Einfluss und übte gleich mehrere Tätigkeiten aus. Er war Vorsteher der regionalen Landwirtschaftsgesellschaft, Drogist, Bürgermeister, Makler, Mitglied der Freimaurer-Loge, sowie erster Sekretär des konföderierten Veteranen-Camps. Die Familie Holliday galt somit als hochangesehen und das übertrug sich am Ende auch auf John Henry, der „standesgemäß“ eine höhere Ausbildung abschließen musste. Diese begann bereits mit der Schulzeit am Valdosta Institute, wo er in Rhetorik, Grammatik, Mathematik und Geschichte unterrichtet wurde. Daneben bekam er auch Sprachunterricht in Latein, Französisch und Griechisch, so dass er zu einem jungen und gebildeten Mann heranwuchs. Damit erschöpft sich das Wissen um Docs Jugendzeit dann auch schon fast, wenn es nicht drei wichtige Ereignisse während dieser Zeit gegeben hätte, die an dieser Stelle dann auch gleich Erwähnung finden sollen:

      Laut den alten Familiengeschichten kam es zwischen John Henry und seiner Cousine Martha Ann „Mattie“ Holliday, die rund achtzehn Monate älter gewesen war, zu einer kindlichen Freundschaft, die im späteren Teenageralter zu einer kurzen Romanze avancieren sollte. Mattie war die Tochter von Docs Onkel Robert Holliday gewesen und wuchs in Jonesboro, runde 30 km von Griffin entfernt auf. Wann immer es die Zeit zuließ, trafen sich die Mitglieder der Familie Holliday in dem Haus von John Stiles Holliday, dem Bruder von Major Holliday und Arzt von Beruf, der u. a. operativ dafür sorgte, dass John Henry nicht den Rest seines Lebens mit einer Gaumenspalte, umgangssprachlich auch „Wolfsrachen“ genannt, herumlaufen musste. Die beiden Kinder trafen sich somit oft und aus der „Sandkastenliebe“ sollte sich später im Jugendalter eine Romanze entwickeln, die jedoch am Ende unglücklich für die beiden verlief, denn Matti war Katholikin und in ihren Heiratsentscheidungen eingeschränkt gewesen. So durfte sie einen Cousin ersten Grades nicht heiraten und den beiden Liebenden blieb am Ende nur die Rolle der „küssenden Cousins.“ Ob diese unglückliche Liaison auch ein Grund dafür gewesen war, dass Doc später Georgia in Richtung Westen der USA verließ, bleibt dabei aber reine Spekulation. Mattie entschied sich am 01. Oktober 1883 Nonne zu werden und trat dem Kloster St. Vincent's Convent in Savannah bei, wo sie den Namen Schwester Mary Melanie annahm. Ihr Kontakt zu Doc sollte aber nie wirklich abreißen und beide unterhielten während seiner Reisen durch den Westen einen regelmäßigen Briefverkehr. Als Doc später in Glenwood Springs, Colorado verstarb, schrieb die örtliche Zeitung:

      „Er hatte nur einen Korrespondenten unter seinen Verwandten - eine Cousine, eine Schwester der Nächstenliebe, in Atlanta, Georgia. Sie wird über seinen Tod informiert und wird wiederum andere Verwandte, die er möglicherweise hat, beraten. Wenn es einen alten Vater oder eine alte Mutter gibt, werden sie erfreut sein zu erfahren, dass freundliche und sympathische Hände über ihren Sohn in seinen letzten Stunden gesprochen haben, und dass seine Überreste eine christliche Beerdigung erhielten.“

      Docs Hinterlassenschaft, darunter auch seine Briefe wurden an Mattie, alias Schwester Melanie in Georgia geschickt und viele Jahre lang in der Familie Holliday aufbewahrt. Nach Matties Tod wurden die Briefe, so oft es möglich war, bei Familienversammlungen geteilt, bis ihre jüngere Schwester sie aus Gründen der Privathaltung verbrannte. Somit ging ein wichtiger Teil im Leben Doc Hollidays für immer verloren, doch wer weiß, ob es nicht noch mehr Briefe als jene gibt, die ein Raub der Flammen geworden waren? Warten wir es einmal ab.

      Interessanterweise wäre noch anzumerken, dass Mattie Holliday die Cousine der Autorin Margaret Mitchell gewesen war, die den Weltbestseller „Vom Winde verweht“ schrieb. In der Verfilmung aus dem Jahre 1939 wurde Mattie die fiktive Figur der Melanie Hamilton, die den Erben der Nachbarplantage Twelfe Oaks Ashley Wilkes heiratet. Somit wäre Margaret Mitchell tatsächlich die Cousine zweiten Grades von Doc Holliday gewesen.

      Die zweite Geschichte beschreibt ein Ereignis, welches sich irgendwann zwischen 1866 und 1870 ereignet haben soll und in der Doc seinen ersten Menschen erschossen haben soll. Diese Story wurde zwar oft erzählt, doch mit der Wahrheit, nahm man es dabei nicht allzu genau. Nach dem Bürgerkrieg 1865 gerieten die Südstaaten unter die Knute der Rekonstruktionszeit, der Wiedereingliederung der ehemaligen Konföderierten Staaten in die Union, die jegliche Selbstverwaltung im Kern unterdrückte und Afroamerikaner, die weder Lesen noch Schreiben konnten, in gehobene Ämter brachte. Eine Demütigung jener stolzen Ex-Plantagenbesitzer im Speziellen und der Bevölkerung des Südens im allgemeinen - Georgia dabei nicht ausgenommen. Die Erzählung stammt von Mrs. Clyde McKey White, der Tochter von Thomas Sylvester McKey, der auch gleichzeitig der Bruder von Doc Hollidays Mutter gewesen war:

      „Papa erzählte mir, dass Doc über ihre Köpfe schoss. Sie stießen auf die Neger, die in einem Teil des Withlacoochee Rivers schwammen, den Doc und seine Freunde von Pflanzen befreit hatten, um ihn als Badestelle zu benutzen. Die Gegenwart der Neger an diesem Ort ließ Doc so wütend werden, dass er seinen Revolver zog und über ihre Köpfe schoss, um sie zu verscheuchen.“

      Jens Kiecksee, „Doc Holliday Wahrheit und Legende“, S.11

      Tote oder Verwundete ließ Doc somit an diesem Tage nicht zurück und etwaige Zeitungsartikel oder Gerichtsakten verzeichnen auch nichts dergleichen. Was von dieser Episode am Ende übrig bleibt, ist jedoch die Tatsache, dass Doc - jedenfalls an diesem Tage - einen Hang zur leichten Reizbarkeit gehabt haben dürfte,