„Kommst du am Samstag zu mir, Fußball gucken?“, fragte Julian seinen Freund Niklas.
„Klar!“
Konstantin kam vorbei.
„He, gib mal deinen Ball!“, schrie Niklas.
„Okay!“ Der kramte in der Anoraktasche und warf Julian einen gelben Tennisball zu. „Du bist wieder Torwart.“
Julian Lukas war immer der Torwart. Ein unglaublich guter, vor allem bei Elfmetern. Es war, als wüsste er vorher, wohin der Ball fliegen würde.
„Wartet mal!“, befahl Konstantin.
Wie immer taten alle, was er sagte. Vielleicht, weil er der größte und stärkste Junge in der Klasse war.
Konstantin wandte sich an Julian. „Was meinst du, schreibt der Kaiser gleich den Mathetest oder nicht?“
„Weiß ich noch nicht. Frag mich gleich noch mal.“
„Wieso erst gleich?“, wollte Patrick wissen.
Julian antwortete nicht, schoss den Ball ab und rannte ins Tor. Über dem Spiel vergaßen sie erst mal den Test.
Kurz vor dem Schellen fing Konstantin wieder an: „Was ist denn nun mit dem Mathetest?“
Julian starrte in die Ferne, wie immer, wenn er über solche Fragen nachdachte. „Nee“, sagte er, „wir schreiben keinen.“
„Super! - Ein Glück! - Ich hab sowieso nix kapiert!“, riefen alle durcheinander.
Auf der Treppe begegnete ihnen der Mathelehrer.
„Beeilt euch“, sagte er. „Wir schreiben gleich einen Test. Und ich hoffe, er wird besser ausfallen als der vorige.“
Vor Schreck blieben alle stehen.
„Was hast du uns da für einen Quatsch erzählt?“, schnauzte Konstantin Julian an, als der Kaiser weitergegangen war.
„Ihr könnt mir glauben: Wir schreiben keinen Test“, wiederholte Julian.
„Spinnst du?“ Frederic schlug sich mehrmals mit der Hand vor die Stirn. „Hast du nicht gehört, was der Kaiser gerade gesagt hat?“
Konstantin blickte ihn von oben bis unten an. „Ich glaube dir nie wieder auch nur ein Wort.“
Die anderen murmelten zustimmend.
„Ihr werdet ja sehen“, schrie Julian und stürmte davon.
Es gongte, aber der Kaiser tauchte nicht auf. Dabei war er sonst immer so pünktlich!
Als er endlich erschien, standen seine Haare wirr vom Kopf ab. „Ich verstehe das nicht“, murmelte er. „Ich kann die Arbeitsblätter nicht finden. Anscheinend habe ich sie zu Hause vergessen!“ Er ließ sich auf den Stuhl am Pult fallen. „Wir müssen den Test auf morgen verschieben.“
Julian drehte sich um und schaute Konstantin, der hinter ihm saß, triumphierend an. „Nicht verzagen, Julian fragen“, zischte er ihm zu.
Konstantin erwiderte nichts und guckte an ihm vorbei.
„Woher hast du das gewusst?“, flüsterte Niklas.
Julian zuckte die Schultern. Alena hatte gesagt, dass er selbst seinem besten Freund nichts verraten dürfte.
Mona macht Mittagessen
Julian riss die Küchentür auf. „Wann gibt’s endlich Essen? Ich verhungere!“
„Stell dich nicht so an!“ Mona wühlte in der Küchenschublade.
„Julian setzte sich an den Tisch und sah ihr zu. „Mit den Händen kochst du wie eine lahme Ente“, stellte er fest.
„Wenn’s dir nicht schnell genug geht, kannst du mir ja helfen.“
„Meinetwegen.“
Er begann, die Kartoffeln zu schälen.
Mona schnitt Möhren in Scheiben und erzählte ihm dabei von der ungerechten und gemeinen Wachtel. Ihre blauen Augen schossen Blitze. „Am liebsten würde ich sie bei der Pausenaufsicht mal auf den Hintern knallen lassen“, wütete sie, „mitten in eine Pfütze rein. Oder ich lasse ihr einen Ball ins Gesicht klatschen, dass die Brille im hohen Bogen von der Nase fliegt. Nein, ich habe noch eine bessere Idee: Ich lasse einen Vogel – flatsch – genau auf ihren Kopf ...“
„Rede doch nicht dauernd von der Wachtendonk, wenn du dich so über sie aufregst“, unterbrach sie Julian. „Denk einfach an was anderes!“
„Gut, ich versuche es.“
Mona dachte an Sarah. Ob die mal Lust hätte, nachmittags zu ihr zu Besuch zu kommen? Das wäre schön. Aber sofort fiel ihr wieder die Wachtel ein, wie sie Sarah am Morgen fertiggemacht hatte.
Woran könnte sie noch denken? Sie überlegte, was für Hausaufgaben sie aufhatte – nein, das half auch nicht, denn es erinnerte sie ebenfalls an die Wachtendonk. Sie musste nämlich für Englisch jede Menge Grammatikübungen machen. Schriftlich ins Heft.
Mona seufzte.
Julian beobachtete sie. „Denke an irgendwas, was nichts mit der Schule zu tun hat. Was Schönes.“
„Vielleicht an unsere Eltern“, überlegte Mona, „wie sie immer mit uns ...“
„Nee“, fiel Julian ihr ins Wort. „das ist nicht schön, sondern traurig. Denke lieber an Alenas Geburtstag. Darauf freue ich mich schon.“
Mona winkte ab. „Ach, bis dahin dauert es doch noch ewig.“
„Nur fünf Monate. Und wenn Alena volljährig ist, lässt uns die Mullhaupt vielleicht in Ruhe.“
Mona grinste und hob den Zeigefinger. „Denkt an Frau Mullhaupt.“ Dabei ahmte sie den Tonfall ihrer ältesten Schwester nach. „Benehmt euch gut und fallt nicht auf!“
Julian kicherte.
Das Gemüse und die Kartoffeln waren fertig vorbereitet. Mona stellte die Herdplatten an und setzte sich gemütlich hin. Sie fand, dass sie nun genug mit den Händen gearbeitet hatte, und dachte die Abfälle in den Mülleimer, die Töpfe auf den Herd und das Fett in die Pfanne. Sie ließ die Pfanne ordentlich hin und her ruckeln, damit sich das heiße Öl gut darin verteilte. Als das Wasser kochte, wehten die Möhrenscheiben wie ein orangenes Band durch die Luft und rieselten nacheinander in den Topf.
„So gut möchte ich es auch mal haben“, sagte Julian.
Plötzlich ritt Mona der Teufel. Sie ließ die Kühlschranktür aufspringen, und vier Paar doppelte Bratwürste segelten heraus. Aber sie landeten nicht in der Pfanne, sondern hängten sich wie riesige Ohrringe über ihre und Julians Ohren.
Ihr Bruder krümmte sich vor Lachen. „Wenn du wüsstest, wie bescheuert du aussiehst.“
„Guck dich selber an!“, prustete Mona.
Julian schaute auf die Uhr. „Alenas Bus kommt in zehn Minuten.“
In diesem Augenblick ging die Küchentür auf.
„Alena!“, rief Mona erstaunt. „Wieso bist du schon hier?“
„Wieso nicht?“
„Dein Bus kommt doch erst in zehn Minuten.“
„Habt ihr etwas zu verbergen?“, fragte Alena. „Und wieso hängen Bratwürste über euren Ohren?“
Schnell ließ Mona die Würste in die Pfanne fliegen, das Fett zischte, und der Deckel schob sich wie von selbst darüber.
„Mona“, mahnte Alena, „du sollst kochen wie andere Menschen auch.”
„Aber heißes Fett spritzt so schrecklich. So wie ich es mache, ist es besser.“