Vom Umtausch ausgeschlossen Mann im Kilt. Pia Guttenson. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pia Guttenson
Издательство: Bookwire
Серия: Mann im Kilt
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742751638
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des Tartanschals, den Alasdair ihr geschenkt hatte. Konzentriert atmete sie durch den Mund ein- und aus.

      »Flugangst?« Ihr Nachbar betrachtete sie mitleidig. »Unbequem, für ihre lange Beine. Wenigstens hab ich das nicht auch noch … also lange Beine meine ich.«

      Lou schenkte dem freundlichen Mann ein Lächeln. Wenigstens schien er es gut zu meinen. Der Flug zog sich in die Länge und so sehr sie versuchte tapfer zu sein, die Übelkeit ließ nicht nach. Selbst der kleine Small Talk mit ihrem Sitznachbarn konnte Lou nicht wirklich ablenken. Die ganze Situation spitzte sich zu, als die Dame auf dem äußeren Sitz den Fehler beging sich Essen zu bestellen. Lou brach der kalte Schweiß aus.

      »Entschuldigen Sie. Ich muss wirklich dringend zur Toilette«, stieß sie unter Würgen aus.

      »Oh. Oh«, erwiderte der nette Mann. Ungerührt biss die Dame in ihr fetttriefendes Würstchen. Unter nicht gerade schicklichem Schmatzen antwortete sie: »Wie, jetzt? Aber ich esse gerade. Hat es nicht noch fünf Minuten Zeit?«

      Einen winzigen Moment lang stellte Lou sich vor, sie wäre Wonder Woman und würde einfach über alle Fluggäste zur Bordtoilette hinwegfliegen. Oder sie könnte sich wegbeamen wie bei Star Trek. Vehement schüttelte sie den Kopf, wobei sie dabei wie hypnotisiert den Fetttropfen, der vom Mundwinkel zum Kinn der Frau kroch, verfolgte.

      »Jetzt. Oder möchten sie die Sauerei putzen, wenn ich mich übergebe?«

      Was die Dame mit ihren verschmierten Lippen erwiderte, registrierte sie bereits nicht mehr. Mit dem Mut der Verzweiflung und dem Wissen um das Unausweichliche, hangelte sie nach ihrer Handtasche. In einer einzigen anmutigen Bewegung kippte sie deren kompletten Inhalt in den Schoß ihres verdutzten Sitznachbarn. Entsetzte Augenpaare sahen ihr zu, wie sie sich im Anschluss in die geleerte Handtasche erbrach. Das »So was. Ganz schön empfindlich!«, drang nur noch am Rande zu ihr durch, da sie es endlich an ihren Sitznachbarn vorbei schaffte. Am ganzen Leib zitternd, eine Handtasche im Schlepptau, deren Reißverschluss sie über dem unappetitlichen Inhalt geschlossen hatte, erreichte sie die Toilette. Kraftlos sank sie vor der metallenen Toilettenschüssel zu Boden um sich erneut zu Übergeben.

      »Mist, eine Magendarmgrippe hat mir gerade noch gefehlt«, stöhnte sie matt. Sie brauchte eine halbe Ewigkeit um sich wieder auf die Beine zu kämpfen. Leider dauerte es noch um einiges länger die Handtasche sowie deren unappetitlichen Inhalt zu leeren. Mehrere Sprühestöße Raumduftspray später, begleitete sie ein intensiver Duft nach Maiglöckchen zu ihrem Platz zurück. So würdevoll wie irgend möglich und unter den, besorgten Blicken ihres Sitznachbars, nahm sie wieder Platz.

      »Wenn Sie jetzt lachen, erwürge ich Sie!«, zischte sie leise.

      »Maiglöckchen hä? Das hätte uns aber auch schon wesentlich früher einfallen können«, antwortete der Mann flüsternd, wobei er ihr eine kleine Tüte entgegenhielt, in die er offensichtlich den Inhalt ihrer Handtasche hineingepackt hatte. Als sich ihre Fingerspitzen berührten, löste sich ein kleiner elektrischen Schlag, welcher sie alle beide gleichzeitig lauthals auflachen ließ. Sie lachten selbst dann noch, als die Dame am äußeren Sitz echauffiert vor sich hin schimpfte.

      »Jetzt verstehe ich im Übrigen auch, was es mit der,Frauen Garage‘ auf sich hat. Franz, also mein Name ist Franz, meine ich.«

      »Hallo Franz, danke für deinen Humor. Ich bin Lou.«

      »Na ja, die Welt ist doch schon ernst genug, nicht wahr?«, antwortete ihr Sitznachbar verschmitzt. Nachdem sie sich die Hände gegeben hatten, tauschten sie noch ein paar persönliche Daten aus. Franz war geschäftlich regelmäßig in Glasgow unterwegs. Dass Lou ins schottische Hochland auswanderte, sorgte bei ihm für große Bewunderung. So kam es, dass Lou einige Zeit später das Flugzeug in Edinburgh doch noch beschwingt verließ. Wäre der Duft nach Maiglöckchen nicht gewesen, hätte sie keinen Gedanken mehr an das Fiasko verschwendet. Selbst die Passkontrolle brachte sie ohne neue Probleme hinter sich. Doc war zwar von den Beruhigungstropfen, die er vor dem Flug bekommen hatte, noch etwas mitgenommen, trippelte aber langsam neben ihr her.

      Auf dem Edinburgher Flughafen herrschte ein reges Treiben. Es war definitiv mehr los als sonst. Weihnachtsrummel vermutete sie stark. In dem Trubel hatte sie direkt Mühe den Hund hinter sich her zu ziehen. Er hing zugegeben unwillig an seiner Leine. Der arme Kerl hatte sichtlich Mühe mit ihr Schritt zu halten. Hatte sie ihm zu viel von den Bachblütentropfen zur Beruhigung verpasst? Skeptisch sah sie immer wieder zu ihrem Vierbeiner.

      »Du fängst nicht auch noch an dich zu übergeben?«, murmelte sie bissig.

      An einem Mülleimer wo sie die Handtasche loswerden konnte, war sie auch noch nicht vorbei gekommen. Verdammt. Nicht genug das du aussiehst wie eine Vogelscheuche und einen Hund hinter dir her zerrst, der aussieht, als stünde er unter Drogen Einfluss. Nein, du stinkst nach Maiglöckchen und Erbrochenem. Das ist doch nicht fair!, schimpfte sie in Gedanken. Als Dreingabe verhedderte sich die Hundeleine just mit den Rollen ihres Handgepäckkoffers. Andererseits war Alasdair das Chaos, das ihr im Schlepptau folgte, wahrlich gewohnt.

      Als Alasdair Lou wahrnahm, war es ein bisschen wie ein Déjà-vu. Sie kämpfte einmal mehr mit den Rädern ihres Handgepäckstücks, die sich augenscheinlich in der Hundeleine verfangen hatten. Er hatte noch nie eine zauberhaftere Frau gesehen als sie. Ihre Haare standen wie wild in alle Richtungen ab. Die Wangen waren gerötet und bildeten somit einen hübschen Kontrast zu ihrer hellen, makellosen Haut. Der rote, kurze Dufflecoat umgab ihren Körper wie der Schirm eines Pilzes. Ihr war wohl warm geworden. Zumindest hatte sie den Dufflecoat nicht geschlossen. Sein Blick fiel auf Bluejeans, Strickpullover und die Farben seines Clans, die sich im Tartanschal widerspiegelten. Er hatte ihr den Schal aus Kaschmir als Mitbringsel nach Deutschland mitgebracht, damit sie an ihn dachte, wenn ihr kalt war.

      Lou hatte ihn noch nicht bemerkt. Im Gegenteil zu Doc. Der Hund begrüßte ihn enthusiastisch mit dem Schwanz wedelnd, wenngleich er nicht winselte. So eben hielt Lou an einem Mülleimer an, wo sie sich seltsam umblickte um dann ihre Handtasche mit einem mehr als angeekelten Blick, unter den Müll zu schieben.

      »Was zum Teufel?«, stieß er aus.

      Gleichzeitig begann sie zu schwanken, da sich die Hundeleine, wie bereits von ihm befürchtet, jetzt endgültig um ihre grazilen Beine gewunden hatte. Noch bevor er Lou jedoch erreichen konnte, wurde diese von zwei Sicherheitsleuten flankiert, die sie grob zu Boden rissen. Laute Sirenen erklangen. Bombenalarm?

      Schockiert erstarrte er mitten in der Bewegung, die Augen wie paralysiert auf seine Bonnie Lass gerichtet. Um ihn herum brach Panik aus. Sein Gehirn hatte für einen Lidschlag lang einen Aussetzer, nur deshalb gelang es ihm erst nicht, eins und eins zusammen zu zählen. Menschen stoben auseinander, rannten um ihr Leben. Andere warfen sich neben ihm zu Boden. Alasdair kam es vor, als sähe er alles in Zeitlupe. Endlich hatte Lou ihn bemerkt und ihr stummes O auf den Lippen, spiegelte sein eigenes empfundenes Entsetzen wieder. Dann ging alles ziemlich schnell. Doc riss sich los. Gerade noch gelang es ihm den Hund, dessen schrilles Jaulen ihm durch Mark und Bein ging, davon abzuhalten, einem der Sicherheitsmänner in die Wade zu beißen. Er drückte dem verdutzten Cormack, der sich wieder vom Boden hochgerappelt hatte und ihm zu Hilfe geeilt war, kurz entschlossen die Hundeleine in die Hand.

      »Entschuldigen Sie bitte«, verschaffte er sich mit zur Beschwichtigung erhobenen Händen Gehör. »Entschuldigen Sie bitte. Würden es Ihnen etwas ausmachen, meine Verlobte loszulassen?«

      »Bleiben Sie stehen, Sir. Sonst sehen wir uns gezwungen, von der Waffe Gebrauch zu machen«, erwiderte der Sicherheitsmann. Verstehend nickend, tat er wie ihm geheißen. »Hören Sie, meine Herren. Wir wollen doch alle nicht überreagieren, bitte! Ich bin mir sicher, es gibt eine logische Erklärung für dieses … äh dieses Durcheinander«, versuchte er zu erklären. »Nicht war, Louise, Schatz!«

      Seine Bonnie Lass sah aus, als würde sie jeden Moment hysterisch werden. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.

      »Ich weiß Sie haben Ihre Vorschriften. Aber ich bitte Sie, sehen Sie sich meine Verlobte doch einmal genauer an. Erscheint sie Ihnen wirklich wie eine potenzielle Attentäterin?«

      »Miss?«