Als ich zum ersten Mal erwog, eine Aktualisierung der ersten Auflage meines Buches Inspired herauszugeben, schätzte ich, dass ich ungefähr 10 bis 20 Prozent des Inhalts würde anpassen müssen ich wollte einfach nicht so viel daran verändern.
Nachdem ich aber erst einmal angefangen hatte, wurde mir bald klar, dass diese zweite Auflage ein komplettes Umschreiben erforderte. Nicht weil ich bereute, was ich geschrieben hatte, sondern weil ich glaube, dass ich diese Themen jetzt viel besser erklären kann.
Ich hatte keine Ahnung, dass die erste Auflage so erfolgreich sein würde. Dank dem Buch habe ich Freundschaften in aller Welt geschlossen. Es wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und obwohl es inzwischen fast zehn Jahre alt ist, wachsen die Verkaufszahlen weiterhin, nur aufgrund von Mundpropaganda und Rezensionen.
Falls Sie also die erste Auflage gelesen haben, so danke ich Ihnen und hoffe, dass Ihnen die zweite sogar noch besser gefällt. Falls Inspired neu für Sie ist, hoffe ich, dass diese neue Auflage ihre Ziele noch besser erreicht.
Als ich die erste Ausgabe schrieb, war Agile noch nicht so fest in Produktionsunternehmen verankert und die Fachbegriffe Customer Development und Lean Start-up waren noch nicht sehr weit verbreitet. Heute benutzen die meisten Teams diese Techniken schon seit mehreren Jahren und interessieren sich mehr dafür, was es jenseits von Lean und Agile noch so gibt, und genau darauf werde ich mich hier konzentrieren.
Ich habe die Grundstruktur des Buches beibehalten, aber die Techniken, die ich beschreibe, haben sich in den letzten zehn Jahren deutlich verbessert.
Abgesehen davon, dass ich die Thematik anders erkläre, und neben den technischen Aktualisierungen ist die zweite maßgebliche Änderung des Buches, dass ich jetzt detailliert erläutere, was ich hier als Product @ Scale bezeichne.
In der ersten Auflage habe ich mich mehr auf Start-ups fokussiert. In dieser Auflage möchte ich jedoch den Blickwinkel auf die Herausforderungen erweitern, die sich Unternehmen in einem fortgeschrittenen Wachstumsstadium stellen, und auf die Frage, wie die Produktarbeit in großen Firmen gut gehandhabt werden kann.
Es steht außer Frage, dass Wachstum erhebliche Herausforderungen mit sich bringt, und in den letzten zehn Jahren habe ich einen Großteil meiner Zeit darauf verwendet, rasch größer werdende Unternehmen zu coachen. Manchmal nennen wir das Überlebenserfolg, vielleicht gibt Ihnen das eine Vorstellung davon, wie schwer es sein kann.
Ich habe von den Lesern der ersten Auflage viele wunderbare Rückmeldungen bekommen und dabei ein paar wichtige Dinge erfahren, die ich hier gerne ansprechen möchte.
Zunächst einmal besteht wirklich die Notwendigkeit, sich auf die spezielle Position des Product Managers zu konzentrieren. In der ersten Auflage habe ich viel über das Produktmanagement geschrieben, aber ich habe mich dabei eher in einem erweiterten Sinne an Produktteams zu wenden versucht. Heute gibt es viele exzellente Ressourcen für Product Designer und Produktentwickler, aber nur sehr wenige für Product Manager, die für technologiegetriebene Produkte zuständig sind. Ich habe daher beschlossen, mich in dieser Auflage auf die Tätigkeit des Technology Product Managers zu konzentrieren. Falls Sie Product Manager bei einem Technologieunternehmen sind oder diese Position anstreben, finden Sie hier hoffentlich Ihren Ratgeber für alle Fälle.
Zum anderen suchen viele nach einem Rezept für den Produkterfolg einem Regelwerk oder System, um Produkte zu schaffen, die den Kunden begeistern. Ich verstehe zwar diesen Wunsch und könnte sicherlich erheblich mehr Exemplare verkaufen, würde ich dieses Buch so vermarkten, aber die unbequeme Wahrheit lautet, dass tolle Produkte einfach nicht auf diese Weise geschaffen werden. Es geht vielmehr darum, die richtige Produktkultur für den Erfolg zu erzeugen und das Zusammenspiel der Techniken für Product Discovery und Product Delivery zu verstehen, damit Sie das richtige Tool für Ihr spezielles Problem nutzen können. Und ja, das bedeutet, die Position des Product Managers ist alles andere als einfach, und um die Wahrheit zu sagen, nicht jeder hat das Zeug, in dieser Tätigkeit erfolgreich zu sein.
Dessen ungeachtet ist das Technical Product Management heute eine der begehrtesten Stellen in unserer Branche und die Hauptquelle die Bewährungsprobe für Start-up-CEOs. Wenn es Sie also in diese Richtung zieht und Sie bereit sind, sich die Mühe zu machen, dann tue ich nichts lieber, als Ihnen zum Erfolg zu verhelfen.
Teil I: LEKTIONEN VON FÜHRENDEN TECHNOLOGIEUNTERNEHMEN
Mitte der Achtzigerjahre war ich ein junger Softwareprogrammierer und arbeitete für Hewlett-Packard an einem sehr renommierten Produkt. Es war eine Zeit, in der künstliche Intelligenz (zum ersten Mal) in aller Munde war, und ich hatte das Glück, bei einer der zu diesem Zeitpunkt besten Technologiefirmen der Branche zu arbeiten, als Teil eines sehr starken Softwareentwicklungsteams (etliche Mitglieder dieses Teams wurden später bei Firmen in der gesamten Branche überaus erfolgreich).
Unsere Aufgabe war schwierig: Wir sollten eine KI-fähige Technologie für eine preiswerte Allzweck-Workstation schaffen, die bis dahin eine spezielle Hardware-Software-Kombination zum Preis von über 100.000 Dollar pro Nutzer erforderte eine Summe, die nur für wenige erschwinglich war.
Weit über ein Jahr arbeiteten wir hart daran und opferten zahlreiche Nächte und Wochenenden. Bei der Gelegenheit fügten wir dem Portfolio von HP einige Patente hinzu. Wir entwickelten die Software, um die hohen Qualitätsstandards von HP zu erfüllen. Wir internationalisierten das Produkt und lokalisierten es für mehrere Sprachen. Wir bildeten das Verkaufsteam aus. Wir gaben der Presse eine Vorschau auf unsere Technologie und erhielten exzellente Beurteilungen. Wir waren bereit. Wir nahmen die Markteinführung vor. Wir feierten die Markteinführung.
Es gab nur ein Problem: Es verkaufte sich nicht.
Das Produkt war ein totaler Misserfolg am Markt. Es war zwar technisch beeindruckend und die Rezensenten fanden es wunderbar, aber es war nichts, was die Leute haben wollten oder brauchten.
Das Team war natürlich überaus frustriert von diesem Ergebnis. Doch bald fingen wir an, uns ein paar sehr wichtige Fragen zu stellen: Wer entscheidet, welche Produkte wir schaffen sollen? Wie wird das entschieden? Woher wissen die Entscheider, dass unsere Entwicklungen von Nutzen sein werden?
Unser junges Team lernte etwas sehr Bedeutsames etwas, das viele Teams auf die harte Tour erfahren haben: Es spielt keine Rolle, wie gut Ihr Entwicklerteam ist, wenn es nicht an etwas Lohnenswertem arbeiten kann.
Als ich versuchte, den Gründen für unser Scheitern auf die Spur zu kommen, erfuhr ich, dass die Entscheidungen darüber, was entwickelt werden sollte, von einem Produktmanager getroffen wurden jemandem, der hauptsächlich in der Marketingabteilung angesiedelt und für die Festlegung der von uns geschaffenen Produkte zuständig war. Aber ich erfuhr auch, dass Produktmanagement nicht gerade eine Stärke von HP war. Später fand ich heraus, dass die meisten Unternehmen darin nicht besonders gut waren und tatsächlich immer noch nicht sind.
Ich schwor mir, nie wieder so hart an einem Produkt zu arbeiten, wenn ich nicht sicher war, dass es sich dabei um etwas handelte, was Nutzer und Kunden wollten.
Während der folgenden dreißig Jahre hatte ich das große Glück, an einigen der erfolgreichsten Hightech-Produkte unserer Zeit arbeiten zu dürfen zuerst bei HP während des Aufstiegs der Personal Computer, dann bei Netscape Communications während des Aufstiegs des Internets, wo ich als Vice President für Plattformen und Tools beschäftigt war, später bei eBay während des Aufstiegs des E-Commerce und der Online-Marktplätze, wo ich Senior Vice President für Produkte und Design war, und schließlich als Berater für Start-ups, von denen viele zu den heute erfolgreichsten Technologieunternehmen zählen.
Nicht alle entwickelten Produkte waren gleichermaßen erfolgreich, aber ich kann zum Glück behaupten, dass keine Misserfolge darunter waren, und viele werden von Millionen Menschen auf aller Welt geliebt und verwendet.
Ich fand heraus, dass ein gewaltiger Unterschied darin bestand, wie die besten Firmen Produkte herstellten und wie die meisten Firmen das taten.
Bald