»Ganz gut«, gab er zurück. »Ich habe eine Weile gebraucht, um einzuschlafen, aber dafür, dass ich tot bin, fühle ich mich sehr gut.«
Ich erinnere mich, dass ich laut sagte, er sei ein rechter Witzbold. Ausgerechnet da rief uns der Feldwebel zur Ordnung. »Stellt euch jetzt draußen in Zweierreihen auf. Man lässt den Lehrer nicht warten.« »Also auf ein Neues«, dachte ich, als wir uns in Bewegung setzten.
Es entging mir nicht, dass alle besorgt dreinschauten, als wir uns einem kirchenähnlichen Gebäude näherten. Wir gingen hinein und setzten uns hin. Vor uns befanden sich ein Altar, ein Tisch und zwei Stühle. Es dauerte nicht lange, bis sich der Hauptmann vernehmen ließ. »Guten Tag, meine Herren. Sollten Sie meinen Namen vergessen haben, ich heiße Marsh, Hauptmann Marsh. Ich werde nicht persönlich zu Ihnen sprechen, sondern das Wort an jemanden übergeben, der schon viel länger in dieser Welt ist als ich und der sich zu den höheren Ebenen der Astralwelt hinentwikkelt hat. Was Sie gleich erleben werden, wird ein Schock für Sie sein, aber hier ist das etwas ganz Normales.«
Alle Augen waren auf den Hauptmann gerichtet und jeder fragte sich, was wohl als Nächstes passieren würde. Plötzlich tauchte aus dem Nichts ein wirbelnder Nebel auf. Er nahm allmählich die Gestalt eines Mannes an und schimmerte vom Scheitel bis zur Sohle, als er sich verdichtete. Wo vor uns eben noch ein leerer Raum gewesen war, stand jetzt ein Mann. Ich drehte mich um, um zu sehen, wie die anderen reagierten. Ich glaube, sie waren genauso verblüfft wie ich. »Du liebes bisschen. Und was kommt jetzt?«, dachte ich.
»Meine Herren«, sagte der Hauptmann, »ich vertraue Sie jetzt Ihrem Lehrer an.«
»Offenbar hören Sie mir alle zu«, sagte der Lehrer. »Ich kann mir keine bessere Art vorstellen, um diese Aufmerksamkeit zu bekommen, als mit einem beeindruckenden Auftritt. Zuerst möchte ich Ihnen etwas über Ihre neue Umgebung erzählen. Sie befinden sich auf der vierten von sieben Astralebenen. Jede Ebene unterscheidet sich von den anderen durch die Manifestation, Dichte und Geschwindigkeit ihrer Grundessenz. Ihr physischer Körper verändert sich in einer Weise, die Ihr spirituelles Wachstum bestimmt–etwas, wonach Ihre Seele immer sucht. Viele von Ihnen lassen ihre Seelen buchstäblich verhungern und lassen beispielsweise zu, dass der Verstand vom Materialismus völlig vereinnahmt und beherrscht wird.
An die Seele wendet man sich immer, um nach oben zu schauen, nicht um zurückzuschauen. Sie muss Ihr Leben mit Hoffnung und Liebe erfüllen… Selbst wenn Sie sich bemühen, werden Sie diesen Idealen nicht immer gerecht, doch es ist immer ein Schritt in die richtige Richtung, sich zu bemühen.
Meine lieben Freunde, Sie sind im Krieg gefallen und Ihr bewusster Verstand hat Hass auf den Feind entwickelt, so wie er auf Sie. Aber Sie sind Ihre Gedanken und diese hasserfüllten Gedanken verzögern Ihre Entwicklung. Ihr schlimmster Feind sind Sie selbst, nicht die Soldaten, denen Sie auf dem Schlachtfeld gegenüberstanden. Auf dem Schlachtfeld des Lebens müssen Sie Ihren Charakter bilden, um sich auf Ihre nächste Phase vorzubereiten.
Sie wurden nun einmal zu früh in diese Welt hineingeworfen–wie ein Apfel, der gepflückt wird, bevor er reif ist. Genauso erleben viele von Ihnen einen verfrühten Tod–als bitter. Deshalb ist es unser Wunsch, Ihnen zu helfen, Ihrer Individualität zur Reife zu verhelfen, damit sich Ihre Seele weiterentwickeln kann. Suchen Sie nur bei sich selbst, denn viele Antworten liegen in Ihnen.
Bitte konzentrieren Sie sich jetzt auf meine Worte. Sie haben gehört, dass es sieben Ebenen gibt. Ebenso haben Sie sieben Körper. Einer davon war der physische Körper, den Sie beim Verlassen der irdischen Ebene abgestreift haben. Hier auf der vierten Astralebene lernt Ihr Astralleib, im Einklang mit den Schwingungen hier zu schwingen. Sie sind feiner und schneller als die auf der irdischen Ebene. Das erklärt, weshalb hier alles genauso greifbar und real ist wie auf der Erde. Unser Ziel ist es, Ihnen zu helfen, sich auf die Schwingungen Ihrer neuen Umgebung einzustellen und sie mit ihnen in Einklang zu bringen.
Sie befinden sich auf der zweiten Ebene Ihres bewussten Lebens, und da die dritte und vierte Ebene nur geringfügig feiner als die irdische sind, sind wir bestrebt, Sie auf die fünfte Ebene zu bringen. Das wird dann stattfinden, wenn Sie Ihre mentalen und emotionalen Schwingungen verfeinern. Ich komme von der siebten Ebene, wo die Materie schneller schwingt und verfeinerter, vergeistigter ist als hier. Sie fragen sich vielleicht, wieso ich auf Ihre Ebene kommen kann.
Die Antwort darauf ist einfach. Ich habe gelernt, meine Schwingungen herunterzutransformieren, damit ich mich auch auf niedrigeren Ebenen aufhalten kann. Durch Gedankenkraft kann ich sie so weit herunterschrauben, dass ich mich hier materialisieren und mit Ihnen sprechen kann. Nun, das ist wirklich genug für den ersten Vortrag. Sie werden sich an diese Worte erinnern, wenn Sie über Ihre erste Lektion nachdenken. Sie brauchen sich keine Notizen zu machen. Möge der Große Geist Sie bis zu unserem nächsten Treffen segnen.«
Mit diesen Worten begann der Lehrer, sich vor uns zu entmaterialisieren. Als wir gegangen waren, dachte ich über seine seltsamen Erklärungen nach. Viele schienen aus einem Märchenbuch zu stammen. Ich hatte so viel zu lernen und hatte das Gefühl, so wenig zu verstehen. Der Hauptmann erhob sich und fragte, ob es noch weitere Fragen gebe, und ein paar Hände gingen nach oben.
Der Hauptmann deutete auf einen jungen Mann, der aufstand und sagte: »Mein Name ist George Taylor. Gibt es einen Gott, Sir?« Der Hauptmann erwiderte: »Ja, George. Es gibt einen Gott und wir werden später etwas über die Gotteskraft sagen, die allen Dingen innewohnt.«
Dann deutete er hinten im Saal auf jemanden, der aufstand und sagte: »Ich heiße Tom Richardson. Werde ich meine Frau wiedersehen und mit ihr sprechen können, Sir?« Ich spürte sofort, dass diese Seele in Sorge war. »Tom«, sagte der Hauptmann, »Sie haben gehört, dass Sie einen besonderen Führer zugewiesen bekommen werden, der Ihnen beibringen wird, wie Sie mit all Ihren Lieben kommunizieren können.«
Tom blieb stehen und weinte. »Aber das genügt mir nicht. Ich will sie jetzt sehen.« Langsam ließ er den Kopf in die Hände sinken und weinte wie ein Kind.
»Es reicht, Soldat«, sagte der Hauptmann. »Beherrschen Sie sich.« Seine Stimme verriet einen starken Willen, doch es schwangen auch Verständnis und Mitleid darin. Tom hob den Kopf: »Es tut mir Leid, Sir. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.«
Der Hauptmann sagte: »Ich verstehe, wie Ihnen zumute ist. Wir alle machen das hin und wieder durch. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es Ihnen gut gehen wird. Ich habe zwei Kinder zurückgelassen, das älteste war erst fünf. Aber ich kann mit ihnen und meiner Frau mithilfe einer spirituell bewussten Person, einem so genannten Medium, kommunizieren.
Ihre Führer werden diese Information in Ihre praktischen Lektionen einbauen, um Ihnen gelegentlich über Gewissensbisse hinwegzuhelfen, die Sie bekommen werden. Ich finde, wir sollten hier besser aufhören, meine Herren. Würden Sie bitte aufstehen und hinausgehen, dort wartet Ihr Feldwebel auf Sie.«
Nachdem wir entlassen worden waren, gingen wir zu unseren Unterkünften zurück. Ich legte mich aufs Bett und versuchte, alles in mich aufzunehmen, was ich gehört hatte. Mir ging so viel im Kopf herum, dass ich schnell müde wurde. Ich schloss die Augen und schlief sofort fest ein. Als ich aufwachte, hatte ich das Gefühl, so viel Stärke wie nie zu besitzen. »Mein Gott, es ist wunderbar, am Leben zu sein«, dachte ich.
Ich lachte laut vor mich hin. »Was rede ich denn da? Ich bin doch tot!« Und doch fühlte ich mich lebendiger als je zuvor. Ich ging hinüber ans Fenster, sah hinaus und dachte, hier wird es sicher niemals dunkel, denn es war immer noch taghell. Ich setzte mich wieder auf mein Bett und erinnerte mich sofort an das, was der Lehrer vorhin gesagt hatte. Das war seltsam, denn ich hatte niemals ein gutes Gedächtnis. Ich betrachtete Bill, der immer noch schlief. Sollte er sich nur ausruhen.
Nachdem ich eine Weile untätig dagesessen war und mich ziemlich langweilte, merkte ich plötzlich, dass ich nicht gesehen hatte, was jenseits des Saals lag. Da musste es ganz sicher noch etwas anderes geben. Ich ging zur Tür und öffnete sie leise, um niemanden zu stören. Ich ging auf die Kirche zu und behielt sie als Orientierungspunkt im Auge, um mich nicht zu verlaufen. Als ich weiterging, fühlte ich eine Wärme, die von allen Seiten ausstrahlte. Ich sah hoch, weil ich dachte, das müsse die Sonne sein, aber die Sonne war nirgends zu sehen und am Himmel