Wenn der Husten nicht mehr aufhört. Jamie Koufman. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jamie Koufman
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Сделай Сам
Год издания: 0
isbn: 9783954844265
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keine Lungendiagnostik durchgeführt wurde, fordere ich zumindest eine Röntgenaufnahme der Brust, einen TB-Hauttest und Lungenfunktionstests an. Außerdem berate ich mich regelmäßig mit einem Pneumologen.

      Lungenspezialisten wissen allerdings häufig eher wenig über nicht-pulmonalen chronischen Husten. Das American College of Chest Physicians räumt in seinen Husten-Leitlinien (Management of Cough Clinical Practice Guidelines) ein, dass Diagnose und Behandlung von chronischem Husten nach wie vor eine Herausforderung darstellen.72

      Nicht alle diagnostischen Verfahren zur Ermittlung der Ursache von Husten sind bekannt … Häufig ist eine sequenzielle und additive Therapie entscheidend, weil bei Husten vielfach mehr als eine Ursache vorliegt. Unumgänglich für den Erfolg ist eine deutliche Verbesserung oder ein Ende des Hustens. Auf dieser Basis haben sich empirische Behandlungsansätze, die systematisch häufige Ursachen von Husten angehen, als sinnvoll erwiesen und sind somit ein wichtiger Bestandteil des erfolgreichen Vorgehens bei der Diagnose und Therapie von Husten.72

      Empirisch behandeln – was bedeutet das? Wenn ein Arzt empirisch vorgeht, verordnet er seinem Patienten beispielsweise bei Verdacht auf einen refluxinduzierten chronischen Husten ein Arzneimittel gegen Reflux. Hört der Husten auf, hat das Medikament die gewünschte Wirkung erzielt.

      Bei chronischem Husten wegen Reflux in die Atemwege (Atemwegsreflux) funktioniert dieser empirische Therapieversuch jedoch leider nicht.74,75

      Eine alleinige Refluxbehandlung mit Säureblockern (etwa mit PPI, kurz für Protonenpumpen-Inhibitoren oder Protonenpumpenhemmer) ist als Diagnoseverfahren nicht hilfreich. Wenn chronischer Husten auf die Anti-Reflux-Medikation nicht anspricht, schließt das Reflux als Ursache dennoch nicht aus.

      Auch der Säuregehalt (pH-Wert) des Refluats2 ist bei refluxinduziertem Husten relativ unwichtig, weil Reflux, der in die Atemwege gelangt, unabhängig von seinem Säuregehalt Husten auslösen kann. Auch das Aspirieren einer kleinen Menge pH-neutralen Refluats kann Husten verursachen.

      Was bei der Rolle und Diagnose von Reflux bei chronischem Husten außerdem häufig für Verwirrung sorgt, ist der Umstand, dass die gegenwärtigen Verfahren zur Refluxdiagnostik in Gastroenterologie und HNO-Heilkunde ungenau sind.

      Bei der Sichtung meiner pH-Monitoring-Daten fand ich heraus, dass die Vorhersagbarkeit für Atemwegsreflux nur bei 49 Prozent lag, wenn dafür ausschließlich auf den ösophagealen Reflux geschaut wurde.67,69 Bei Verfahren zur gastroenterologischen Refluxdiagnostik (im Magen-Darm-Trakt) fehlen in der Regel die Daten zum pharyngealen Reflux, weshalb eine ösophageale pH-Messung (also in der Speiseröhre) praktisch nutzlos ist.67

      Möchten Sie wirklich eine Untersuchung durchführen lassen oder dieser vertrauen, die nicht einmal in der Hälfte der Fälle richtig liegt?

      Refluxdiagnostik für die Atemwege

      Ein großes Problem beim Thema Reflux ist die Tatsache, dass nur wenige Ärzte in der Lage sind, einen Atemwegsreflux anhand von klinischen Messwerten zu diagnostizieren. Zudem fehlen präzise diagnostische Verfahren. Daher gleicht die Diagnose von Atemwegsreflux nach wie vor einem riesigen schwarzen Loch. Und auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Untersuchungen auf ösophagealen Reflux (Speiseröhrenreflux) reichen nicht aus.

      Ergänzend zu den Symptomen und dem Kehlkopfbefund (siehe unten) gehört zur objektiven Diagnostik auch der Nachweis von Säure und/oder Pepsin (dem wichtigsten Magenenzym) im Rachen.2-4, 7 28, 46, 49, 54, 58, 59, 61, 70 Ich untersuche immer beide Parameter.

      In meinem Testlabor kommen zwei neue Verfahren zum Einsatz, die speziell für den Nachweis von Atemwegsreflux entwickelt wurden: das High-Definition-lSFET-pH-Monitoring für Atemwege und Speiseröhre und ein Pepsin-Assay einer Speichelprobe.70 Letzteres ähnelt vom Nachweisprinzip einem Schwangerschaftstest und schlägt an, wenn das Magenenzym Pepsin vorliegt.70 Sobald dieses Assay marktreif ist, wird es ein hochsensitiver Test auf Atemwegsreflux sein.4, 70 Je nach Dauer des Genehmigungsverfahrens wird er hoffentlich bald weithin verfügbar sein.

      Der Gold-Standard für die Diagnose von Atemwegsreflux sowie dessen Form und Schweregrad ist das ambulante pH-Monitoring.5-7, 25, 45, 67 Davor führe ich stets eine High-Definition-Manometrie von Kehlkopf, oberem Ösophagussphinkter und Speiseröhre durch, mit der die Speiseröhrenfunktion einschließlich Ventilfunktionen und Koordination des Schluckapparats überprüft wird. Diese Druckmessung liefert entscheidende Informationen, die häufig behandlungsrelevant sind.25, 27 Bei vielen meiner Patienten liegt ein Problem mit der Ösophagussphinkterfunktion (also mit den Schließmuskeln am oberen oder unteren Ende der Speiseröhre) oder der Motilität der Speiseröhre vor, was ganz gezielt angegangen werden muss.25,27 Die Manometrie zeigt auch präzise, wo die Sensoren für die pH-Messung sitzen müssen.

      Für die Diagnose von Atemwegsreflux sind exakte pH-Daten aus dem Rachen (Pharynx) unverzichtbar.

      Dabei kommt es entscheidend auf eine saubere Datenanalyse an, und ich nutze für das pH-Monitoring die besten verfügbaren Sensoren (ISFET).

      Die pH-Daten aus meinem unveröffentlichten Artikel zu chronischem Husten zeigen, dass ich ohne die pharyngealen Daten aus der Rachenuntersuchung bei der Mehrzahl der einbezogenen Patienten zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass bei ihnen kein Reflux vorliegt. Würde man nur die Kriterien für gastrointestinalen Reflux heranziehen, also nur die pH-Daten für die Speiseröhre, dann hätte ich zwei Drittel der pH-Werte als „normal“ fehlinterpretiert.1

      Tatsächlich lag bei 86 Prozent der Untersuchten ein durch die pH-Messung dokumentierter Atemwegsreflux vor.1 Und wenn man als Schwellenwert einen pH-Wert unter 5 ansetzt (traditionell wäre es ein Wert unter 4), kamen die untersuchten Patienten mit refluxinduziertem Husten im Verlauf von 24 Stunden im Durchschnitt auf mehr als 100 dokumentierte Episoden von pharyngealem Reflux. Das ist ein unbestreitbarer Nachweis von Atemwegsreflux in der Studiengruppe für chronischen Husten.1 (Ich wünschte dieses Refluxdiagnostikverfahren wäre längst weithin verfügbar, aber das ist es noch nicht.)

      Klinische Diagnose von Atemwegsreflux

      Bei ausreichender klinischer Erfahrung in der Behandlung von stillem Atemwegsreflux lässt sich eine Diagnose bereits anhand von Symptomen und einer Halsuntersuchung stellen.7, 22, 23, 29, 31 Ein besonderes Augenmerk sollte hier dem Kehlkopf gelten, denn dieser dürfte Hinweise auf Reflux liefern, aber viele HNO-Ärzte betrachten solche Befunde als nebensächlich. Ich gebe meine diesbezüglichen Erfahrungen seit Jahren aktiv weiter und machte auch bei meinen Kollegen kürzlich die Probe aufs Exempel mit einer Aufnahme, die eine Refluxlaryngitis zeigte (Abbildung 1A).

      Ich fragte die versammelten HNO-Ärzte: „Ist dieser Kehlkopf (Abb. 1A) normal oder auffällig?“ Es antwortete fast niemand. „Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte heben Sie die Hand, wenn Sie ihn für auffällig halten.“ Erneut gingen nur wenige Hände in die Höhe. „Gut, und wie viele von Ihnen halten diesen Kehlkopf für normal?“ Jetzt hoben sich etliche Hände. Dann zeigte ich die Aufnahme eines normalen Kehlkopfs (Abb. 1B) und verriet, dass es sich hier um dieselbe Patientin nach erfolgreicher Refluxbehandlung handelte.

      Fakt ist, dass 95 Prozent meiner HNO-Kollegen nicht wissen, wie Reflux im Hals aussieht. Möglicherweise wissen sie nicht einmal, wie ein gesunder Kehlkopf aussieht (was den Gastroenterologen und Pneumologen ähnlich ergeht), weil Reflux so allgegenwärtig ist.

      Es mag sich überraschend anhören, doch diese Kenntnisse werden in der Facharztausbildung nicht unbedingt vermittelt. Deshalb können HNO-Ärzte mit dem Erscheinungsbild von Atemwegsreflux auch oft nichts anfangen. Nachdem ich diese Bilder (Abb. 1) bei diversen nationalen und internationalen Kongressen schätzungsweise 2000 HNO-Spezialisten gezeigt habe, muss ich leider sagen, dass nur sehr wenige HNO-Ärzte den klinischen Befund bei Atemwegsreflux beurteilen können.

      Dass die meisten HNO-Ärzte den klinischen Befund von Atemwegsreflux nicht