Geschichte des Fremdsprachenstudiums in der Romania. Группа авторов. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783823302261
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mit der Zielsprache standen (Adelige, Reisende, Pilger, Kaufleute etc.) und daher sprachliche (Grund-)kenntnisse aufbauen wollten. Des Weiteren war es Lernenden dieser Gruppe meist nicht möglich, sich einen Sprachlehrer zu leisten, weshalb sie sich Sprachkenntnisse autodidaktisch beibringen mussten (Suso López 2009, 102). Der Ausdruck nicht-grammatikalisch (Sanchez Pérez 1992, 11ff) ist allerdings irreführend, da es vor allem im 16. Jahrhundert eine regelrechte Tradition praktischer Grammatiken gab. An dieser Stelle ist Gabriel Meurier, ein Fremdsprachenlehrer und Autor aus Antwerpen, zu nennen, dessen Coniugaisons, règles et instructions (1558) großen Einfluss auf andere Werke unter anderem auf die erste in Spanien publizierte Französisch-Grammatik hatte.

      3 Didaktisch-methodische Ansätze in den frühen in Spanien publizierten Französisch-Grammatiken

      3.1 Das 16. Jahrhundert: Sotomayors praktische Grammatik

      1565 erscheint die erste Grammatik für das Lernen des Französischen in Spanien, die Grammatica con reglas mvy prouechosas y necesarias para aprender a leer y escriur la lengua Francesa. Über das Leben des Autors, Baltasar Sotomayor, weiß man relativ wenig. Er ist vermutlich in Toledo geboren und lehrte Französisch am madrilenischen Hof (Gaspar Galán/Corcuera Manso 2015, XXIIIff). Seine Grammatik ist insofern von großer Bedeutung, als sie die erste ihrer Art ist und dies auch bis ins Jahre 1635 bleibt. Dieses frühe Auftreten ist möglicherweise auf die Heirat von Felipe II und Isabel de Valois zurückzuführen. Sie führte zu einem Anstieg der französisch-sprechenden Personen am madrilenischen Hof und dürfte die Rentabilität einer entsprechenden Grammatik erhöht haben (Gaspar Galán/Corcuera Manso 2015, XXXI).

      Sotomayors Grammatik steht in der Tradition der Coniugaisons, règles et instructions von Gabriel Meurier (1558). Sie besteht im Wesentlichen aus einer Präsentation der französischen Verbalkonjugationen, die durch eine tabellarische Darstellung auf Französisch und Spanisch mithilfe eines auf Donatus zurückgehenden Frage-Antwort-Spiels in diversen Tempora und Modi dargestellt werden. In Abbildung 1 beispielsweise soll der Lernende durch die Kontextualisierung mithilfe der Fragen und Antworten die Funktion des passé composé erschließen. Im zweiten Teil des Buches wird auf die französische und spanische Aussprache und Morphologie eingegangen (Gaspar Galán/Corcuera Manso 2015, LIVff).

      Abb. 1:

      Frage- und Antwortspiel (Sotomayor 1565: 17; neu herausgegeben von Gaspar Galán/Corcuera Manso 2015)

      Die Herausgeber Robles de Alcalá und Francisco de Cormellas publizierten die Grammatik nicht als eigenständiges Werk, sondern gemeinsam mit einem Wörterbuch von Jacques de Liaño (fr. Jacques Ledel). Dieses Vocabulario de los vocablos von de Liaño steht in sehr engem Zusammenhang mit dem Colloquia et dictionariolum von Noël de Berlaimont (García Bascuñana 2016a) und betont einmal mehr den praktischen Charakter des Buches. Lépinette (1996, 150) bezeichnet Sotomayors Werk als eine „grammaire aide-mémoire“, bei der weniger die Reflexion über Sprache an sich als die Anwendung derselben, eingebettet in authentische Kontexte, im Mittelpunkt steht. Folglich verfolgt Sotomayor (1565, 7) das Ziel, seinen Schülern Kenntnisse in allen vier Sprachfertigkeiten beizubringen: „Enesta obra curioso lector, se te representa un breue arte y traça, conla qual puedes entender, leer, y escreuir, y hablar la lengua francesa“.

      Auch wenn die praktische Ausrichtung der Grammatik positiv hervorzuheben ist, muss festgehalten werden, dass es an einer klaren Struktur fehlt und sie daher für das Lernen des Französischen vermutlich nicht wirklich nützlich war (Lépinette 1996, 152). Nichtsdestoweniger gibt Sotomayor eine Richtung vor, die sich an der kommunikativen und praktischen Anwendung orientiert. Diese Tendenz wird sich allerdings in Spanien vorerst nicht durchsetzen können, (Sanchez Pérez 1992, 38).

      3.2 Das 17. Jahrhundert: Erste Französisch-Grammatiken nach traditionellem Vorbild

      Diego de Cisneros, der auch unter seinem Ordensnamen Diego de la Encarnación bekannt ist, lebte mehrere Jahre im Karmeliterkloster in Douai und war ebenso Professor für Theologie an der Universität (Suárez Gómez 2008, 99f). Die hohe Präsenz spanischer Beamter und Kaufleute in Douai, das zu jener Zeit Teil der spanischen Krone war, dürfte Cisneros zur Publikation der Grammatica Francessa en Hespañol (1624), die von einer spanischen Grammatik begleitet wurde (García Bascuñana 2016b), bewegt haben. Die französische Grammatik wird 1635 mit dem Titel Arte de grammatica francesa en español in Madrid neu editiert und folgt anders als jene von Sotomayor einem klassischen dreigliedrigen Aufbau: Orthographie und Aussprache, Morphologie und Syntax.

      Im einleitenden Teil finden sich keine Hinweise auf didaktisch-methodische Überlegungen seitens des Autors und auch keine Anmerkungen in Bezug auf die praktische Anwendung bzw. kommunikative Einbettung der gelernten Regeln. Dies ist nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Cisneros selbst kein Sprachlehrer war. Im Fokus seines Interesses steht daher das Wissen über Sprache an sich und weniger die kommunikative Beherrschung des Französischen:

      [L]a grammaire du moine espagnol veut s’appuyer sur le raisonnement et non sur la pure mémorisation d’éléments linguistiques. […]. L’ouvrage de D. de la Encarnación est donc une grammaire de langue étrangère qui veut favoriser la formation grammaticale de l’apprenant plutôt que l’assimilation de données sur la langue cible. (Lépinette 1996, 156)

      Die nächste Grammatik erscheint etwa vierzig Jahre später. Ihr Autor, Pedro Pablo Billet, gebürtiger Pariser, unterrichtete Adelige, Geschäftsmänner und Interessierte im Umkreis des Madrider Hofes (Fischer 1996, 213). 1673 verfasst er eine erste Fassung seiner Grammatik, welche bis 1815 sieben Neuauflagen erfährt (Supiot 1996). Seiner Viertauflage aus dem Jahre 1688 ist nach den traditionellen Kapiteln zur Aussprache, Morphologie und Syntax noch eine arte poética sowie eine dissertacion critica, sobre una cartilla von Juan Pedro Jaron1 angefügt. Im zweiten Teil befindet sich ein ca. 110-seitiges, alphabetisch geordnetes paralelo de la eloquencia, welches spanische und französische Lexeme sowie Redewendungen beinhaltet. Billets Buch wird anders als jenes von Cisneros ein Referenzwerk für zukünftige Französisch-Grammatiken in Spanien sein.

      3.3 Das 18. Jahrhundert: Über die Transformation der Französisch-Grammatiken in Französisch-„Lehrwerke“

      3.3.1 Das Real Seminario de Nobles: José Núñez de Prado und Antonio Galmace

      Im 18. Jahrhundert nimmt die Anzahl der Französisch-Grammatiken stark zu. Supiot (1996) zählt allein zwischen 1700 und 1799 25 Neuerscheinungen. Die Erklärungen dafür sind vielfältig: Einerseits zeigt sich eine immer stärker werdende affirmative Haltung bezüglich der Nationalsprachen in ganz Europa (Hüllen 2005, 28), andererseits übernehmen die Bourbonen die Macht in Spanien, was vor allem in Madrid zu einer steigenden Anzahl französischer Migranten führt (Bruña Cuevas 2016). Des Weiteren erhält das Französische im 18. Jahrhundert den Status einer langue universelle und alle, die am Zeitgeist der Aufklärung teilhaben wollten, mussten die Sprache lernen. Der rationale Geist der Aufklärung dürfte ebenfalls dazu beigetragen haben, Traditionen — auch im Hinblick auf den Fremdsprachenunterricht — kritisch zu betrachten und zu diskutieren (Sanchez Pérez 1992, 143).

      Im 18. Jahrhundert (1725) wird außerdem das Real Seminario de Nobles von Madrid gegründet, in welchem Französischunterricht für Kinder bzw. Jugendliche im Alter von acht bis fünfzehn Jahren verpflichtend war (Soubeyroux 1995, 208). Obwohl Zielgruppe und institutionelle Rahmenbedingungen klar vorgegeben sind, finden sich in der eigens für diese Institution geschriebenen Grammatik, die Grammatica de la Lengua Francesa dispuesta para el uso del Real Seminario de Nobles (1728)1 von dem Jesuiten Joseph Núñez de Prado (1666-1743) kaum didaktisch-methodischen Reflexionen oder Anweisungen. Jedoch kann man durch die Analyse der Gliederung des Werkes einen Einblick in sein didaktisches Denken erlangen:

      [E]n la primera [parte], pongo las reglas para pronunciar, y escribir exacta, y perfectamente en Francès; en la segunda, las partes de la Oracion, consecutivas, por el orden que suelen ponerse en la Grammatica Latina; en la tercera, explico el uso