Vor diesem Hintergrund werden in den folgenden Abschnitten einzelne Designprinzipien vorgestellt. Dabei werden die Prinzipien in Anlehnung an Mayer (2009) zunächst anhand von Beispielen beschrieben und anschließend wird die zugehörige empirische Befundlage vorgestellt. Schließlich werden – soweit vorhanden – weiterführende Ergebnisse aus dem Bereich des Fremdsprachenlernens vorgestellt, die von den Ergebnissen aus Studien mit muttersprachlichen Probanden abweichen. Da bisher insgesamt circa 30 Designprinzipien formuliert und erforscht wurden (vergleiche van Merriënboer & Kester 2014), beschränken wir uns im Folgenden lediglich auf die drei folgenden Prinzipien: das Modalitätsprinzip, das Kontiguitätsprinzip und das Redundanzprinzip.
Das Modalitätsprinzip
Nach van Merriënboer & Sweller (2010: 89) wird das Modalitätsprinzip wie folgt definiert: „Replace a written explanatory text and another source of visual information (unimodal) with a spoken explanatory text and the visual source of information (multimodal)“. Dabei wird davon ausgegangen, dass die simultane Darbietung von Text und Bild am besten unterschiedliche Sinnesmodalitäten kombinieren sollte, um jeweils die Kapazität der beiden Verarbeitungskanäle optimal zu nutzen und eine eventuelle kognitive Überlastung zu vermeiden (vergleiche Low & Sweller 2005; Brünken, Plass & Leutner 2004). Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Ein Kollege oder eine Kollegin von Ihnen möchte ein Tutorial zu einem Tool zur Erstellung von Quizzen für das Lehrerkollegium in der Sprachschule vorbereiten. Dabei möchte er oder sie die verschiedenen Schritte zur Erstellung eines Quiz erklären, indem die entsprechenden Bildschirmaktionen gezeigt und kommentiert werden. Sie werden nun gefragt, ob es besser wäre, die Kommentare zu den jeweiligen Bildschirmaktionen schriftlich oder mündlich darzubieten. In diesem Fall würde sich eine auditive Darbietung der Kommentare anbieten, damit der Sprachanteil der Information ausschließlich über den sprachlich-auditiven Kanal und die Bildschirmaufnahmen über den visuell-piktorialen Kanal verarbeitet werden. Bei der simultanen Darbietung von geschriebenem Text und den Bildschirmaufnahmen besteht hingegen die Gefahr, dass es zu einer Teilung der Aufmerksamkeit bei der Wahrnehmung kommt (beides kann nur visuell wahrgenommen werden) und die entsprechenden verbalen und piktorialen Modelle bei der Verarbeitung nicht erfolgreich aufeinander bezogen und integriert werden können.
Die bisherige empirische Forschung hat die Effizienz des Modalitätsprinzips mehrfach belegt (vergleiche zum Beispiel Mousavi, Low & Sweller 1995; Tindall-Ford, Chandler & Sweller 1997; Jeung, Chandler & Sweller 1997; Mayer & Moreno 1998; Moreno & Mayer 1999; Moreno, Mayer, Spires & Lester 2001; Moreno & Mayer 2002; Craig, Gholson & Driscoll 2002). So wurde in der Studie von Mousavi et al. (1995) beobachtet, dass die Kombination eines Diagramms und eines gesprochenen Textes beim Lösen von Geometrieproblemen effizienter war als die Kombination eines Diagramms und eines geschriebenen Textes (vergleiche Mayer & Moreno 1998). Weiterhin wies Mayer (2005b: 177) in einer Metastudie auf der Basis von insgesamt 21 Experimenten zum Modalitätsprinzip eine durchschnittliche Effektstärke von 0.97 (starker Effekt) nach. Daraus ergibt sich also, dass das Modalitätsprinzip auf einer relativ soliden empirischen Basis steht.
Andere Experimente haben jedoch gezeigt, dass das Modalitätsprinzip nicht bedingungslos zu einem Mehrwert führt. So hat Sweller (2004, 2005; vergleiche auch Rummer, Furstenberg & Schweppe 2008) festgestellt, dass das Prinzip nur dann auftritt, wenn die Bild- und Textverarbeitung simultan erfolgen soll und die Lerner zu einer Aufsplitterung der Aufmerksamkeit verleitet werden (vergleiche split-attention-Effekt). Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn in einem Buch eine Graphik zu den steigenden Zahlen der Deutschlerner weltweit auf einer Seite steht und die dazugehörenden Erklärungen auf der darauffolgenden Seite stehen. In diesem Zusammenhang trägt also das Modalitätsprinzip zur Reduzierung der extrinsischen kognitiven Belastung durch die unterschiedlichen Seiten bei. Leahy, Chandler & Sweller (2003) konnten diesen Mehrwert auch in ihrer Studie nachweisen: Lerner mit einem Lernmaterial bestehend aus einer Graphik und auditiv dargebotenen Erklärungen, die nicht isoliert voneinander verstanden werden konnten, schnitten besser ab als Lerner mit einer Graphik und visuell dargebotenen Erklärungen. Die Autoren weisen jedoch auch darauf hin, dass sich der Vorteil einer solchen multimodalen Darbietung der Lernmaterialien nur dann beobachten lässt, wenn die Lernmaterialien eine erhebliche intrinsische kognitive Belastungintrinsische kognitive Belastung (intrinsic cognitive load) mit sich bringen, zum Beispiel, wenn die verschiedenen Elemente des Lernmaterials einen hohen Interaktivitätsgrad aufweisen und daher inhaltlich anspruchsvoll sind (vergleiche auch Tindall-Ford et al. 1997). In einem weiteren Experiment stellen Leahy et al. (2003) auch fest, dass das Modalitätsprinzip keine Lernvorteile mit sich bringt, wenn neben einer selbsterklärenden Graphik zusätzliche auditive Erklärungen angeboten werden. Da die auditiv dargebotenen Erklärungen in dem Fall als überflüssig anzusehen sind, kann eine solche doppelte Darbietung der Information zu Leistungseinbußen führen. So war in dem Experiment die Gruppe ohne Erklärungen der Gruppe mit auditiv dargebotenen Erklärungen überlegen. Den negativen Effekt einer doppelten Darbietung von Information fasst Mayer unter dem sogenannten Redundanzprinzip zusammen (Mayer 2009; vergleiche auch Sweller & Chandler 1991). Weiterhin stellt Ginns (2005) in seiner Metaanalyse von insgesamt 43 empirischen Studien unter anderem fest, dass die multimodale Darbietung der Lernmaterialien keinen Lernmehrwert darstellt, wenn die Lerner die Wiedergabe des gesprochenen Textanteils durch entsprechende Funktionen steuern können (zum Beispiel durch einen Abspielregler, vergleiche auch Betrancourt 2005).
Bisher wurden wenige empirische Untersuchungen zur Relevanz des Modalitäts-Prinzips im Kontext des Fremdsprachenlernens durchgeführt. Eine Ausnahme bildet jedoch die Studie von Suñer (2011), in der drei unterschiedliche Aufbereitungen eines Hypertextes miteinander verglichen wurden:
Gruppe 1: rein textueller Hypertext bestehend aus einer hierarchischen Navigationsleiste und den schriftlich dargebotenen Hypertextknoten (nur Text);
Gruppe 2: multimedialer Hypertext bestehend aus einer graphischen Übersicht als Navigationsoberfläche und den schriftlich dargebotenen Hypertextknoten (Bild und Text);
Gruppe 3: multimodaler Hypertext bestehend aus einer graphischen Übersicht als Navigationsoberfläche und den auditiv dargebotenen Hypertextknoten (Bild und Audio).
Die Ergebnisse der Tests zum Textverstehen zeigen eindeutig, dass nur die Experimentalgruppe 2 (Bild und Text) der Experimentalgruppe 1 (nur Text) signifikant überlegen war. Die Experimentalgruppe 3 (Bild und Audio) schnitt zwar besser als Gruppe 1 (nur Text) ab, der Unterschied war jedoch nicht signifikant. Der Autor schließt daraus, dass das Multimediaprinzip (die Darbietung von Bild und Text ist lernförderlicher als nur Text) für den L2-Spracherwerb relevanter zu sein scheint als das Modalitätsprinzip. Die bedingte Effizienz des Modalitätsprinzips erklärt der Autor in Anlehnung an das control-of-processing principlecontrol-of-processing principle von Schnotz (2005), nach dem die visuelle Darbietung von Texten bei statischen Bildern, bei schwierigen Texten und bei begrenzter Lernzeit günstiger ist als die auditive Darbietung. So spielt die unterschiedliche Natur der jeweiligen Reizinformationen bei der Überlegenheit der visuellen Darbietung des Textes gegenüber der auditiven Darbietung eine wichtige Rolle. Während das Verarbeitungstempo bei gesprochener Sprache aufgrund der Kurzlebigkeit und Flüchtigkeit der auditiven Reize kaum beeinflussbar ist, kann der Lerner bei geschriebener Sprache aufgrund der Stabilität der visuellen Reize die Verarbeitungsgeschwindigkeit an die eigenen Bedürfnisse anpassen (zum Beispiel langsamer lesen bei thematisch schwierigen Texten). Hier hilft selbst die Nutzung einer Abspielsteuerung bei Audio-Texten nicht, denn die Geschwindigkeit der Aufnahmen bleibt auch nach fünf oder zehn Wiederholungen unverändert. Auch die Flüchtigkeit animierter Bilder kann dazu führen, dass der Lerner insgesamt weniger Kontrolle über die Geschwindigkeit der simultanen Verarbeitung von Text und Bild hat und sich daher zum schnellen Wechseln zwischen animierten Bildern und geschriebenem Text gezwungen sieht. Die damit verbundene kognitive Überlastung (split-attention) kann in diesem Fall jedoch durch die Nutzung eines Abspielreglers vermieden werden, anhand dessen der Lerner die Animation nach Bedarf stoppen kann. Der Einsatz solcher instruktionalen Designmaßnahmen wurde bereits in einigen Studien zur Grammatikvermittlung erfolgreich umgesetzt.
Das Kontiguitätsprinzip
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