In den 1960er-Jahren kam es natürlich auch verstärkt zu anderen Formen der Bürgerbeteiligung wie Protestmärschen, Demonstrationen, Protestbewegungen, gesellschaftlichem Engagement (Beispiele sind Common Cause, eine Gruppe, die sich der Förderung von Transparenz verschrieben hat, auf Verbraucherschutz fokussierte Nader-Gruppen und Umweltschützer). Die Ausweitung der Beteiligung quer durch die Gesellschaft drückte sich auch im deutlich höheren Selbstbewusstsein der Schwarzen, der amerikanischen Ureinwohner, der Amerikaner mexikanischer Abstammung, der Studenten und Frauen aus – sie alle wurden aktiv und fanden neue Organisationsformen, um sich ihren angemessenen Anteil an der Bewegung und dem, was es zu gewinnen galt, zu sichern … Zuvor passive und unorganisierte Gruppen der Bevölkerung erhoben nun verstärkt ihren Anspruch auf berufliche Chancen, Positionen, Belohnungen und Privilegien, zu denen sie sich zuvor nicht berechtigt gefühlt hatten …
Der Verfall der Regierungsautorität
… Das Wesen der Demokratiewelle der 1960er-Jahre war eine allgemeine Kritik an der herrschenden öffentlichen wie privaten Autorität. In der einen oder anderen Form manifestierte sich diese Kampfansage in der Familie, der Universität, der Wirtschaft, in öffentlichen und privaten Gruppierungen, der Politik, der Bürokratie und im Militär. Die Menschen waren weniger bereit, jenen zu gehorchen, die sie zuvor aufgrund ihres Alters, ihres Rangs, ihres Status, ihrer Erfahrung, ihres Charakters oder ihres Talents als überlegen anerkannt hatten … Jegliche auf Hierarchie, Expertise und Reichtum gründende Autorität lief dem egalitär demokratischen Zeitgeist entgegen und wurde in den 1960er-Jahren heftig kritisiert.
Schlussfolgerungen: Unterwegs zu einer demokratischen Balance
… Al Smith, demokratischer Präsidentschaftskandidat im Wahljahr 1928, bemerkte einmal: »Das einzige, was gegen die Übel der Demokratie hilft, ist mehr Demokratie.« Unserer Analyse zufolge würde man mit dieser Kur heutzutage jedoch Öl ins Feuer gießen. Einige Probleme der Regierungsfähigkeit in den Vereinigten Staaten ergeben sich aus einem »Übermaß an Demokratie«, und zwar in eben jenem Sinne, in dem David Donald diesen Ausdruck für die Folgen der auch als »Revolution« bezeichneten Reformen unter Andrew Jackson verwendete, die seiner Meinung nach dazu beitrugen, das Land in den Bürgerkrieg zu stürzen. Was stattdessen nottut, ist eine maßvollere Demokratie.
Alan Schwarz, »Aufmerksamkeitsdefizit oder nicht, Pillen für bessere Schulleistungen«, New York Times, 9. Oktober 2012
CANTON, GEORGIA. – Wenn Dr. Michael Anderson einen kleinen Patienten aus einer Familie mit geringem Einkommen hat, der in der Grundschule nicht richtig mithalten kann, verschreibt er ihm in der Regel ein Hammermedikament: Adderall.
Diese Pillen sollen bewirken, dass sich Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, besser konzentrieren und ihre Impulse beherrschen können. Obwohl Dr. Anderson ihnen ADHS bescheinigt, nennt er die Störung »eine reine Erfindung« und »einen Vorwand«, um Pillen an Kinder verschreiben zu können, die in Wahrheit unter einem ganz anderen Übel leiden – schlechten schulischen Leistungen in schlechten Schulen.
»Ich habe keine große Wahl«, sagt Dr. Anderson, der als Kinderarzt im Cherokee County nördlich von Atlanta viele arme Familien betreut. »Wir haben als Gesellschaft entschieden, dass es zu teuer ist, das Umfeld der Kinder zu verändern. Also müssen wir die Kinder verändern.«
Dr. Anderson gehört zu den offensten Vertretern einer Idee, die immer mehr Ärzten einleuchtet. Sie verschreiben Schülern aus unterfinanzierten Schulen Psychopharmaka – nicht unbedingt zur Behandlung von ADHS, sondern um ihre Leistung zu fördern.
Noch lässt sich nicht sagen, ob Dr. Anderson der Vertreter eines um sich greifenden Trends ist. Doch einige Experten verweisen darauf, dass sich der Einsatz von Medikamenten bei Schülern aus einkommensschwachen Verhältnissen mit schlechten Noten nicht sonderlich vom Stimulanzien-Missbrauch durch wohlhabende Schüler an den Universitäten und Highschools unterscheidet, die ihre bereits guten Noten noch weiter in die Höhe zu treiben versuchen. Schließlich möchten auch arme Eltern, dass ihre Kinder es zu etwas bringen.
»Wir als Gesellschaft sind nicht bereit, Mittel für effektive nichtpharmazeutische Interventionen zugunsten dieser Kinder und ihrer Familien bereitzustellen«, sagt Dr. Ramesh Raghavan, Kinderpsychiater an der Washington University in St. Louis und Experte für die Verschreibungspraxis von Medikamenten für Kinder aus einkommensschwachen Familien. »Wir zwingen die Psychiater in den Gemeinden praktisch dazu, das einzige Mittel anzuwenden, über das sie verfügen, und das sind Psychopharmaka.«
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