2. Allgemeine Gelddarlehensverträge
20
Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen bestimmten Geldbetrag vorübergehend zur Verfügung zu stellen (§ 488 Abs. 1 S. 1). Der Vertrag kann entgeltlich oder unentgeltlich sein. Regelfall ist das entgeltliche, d. h. verzinsliche Darlehen (§ 488 Abs. 1 S. 2), bei dem es sich um einen gegenseitigen Vertrag im Sinne der §§ 320 ff handelt. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, den vereinbarten Zins zu zahlen sowie das Darlehen bei Fälligkeit zurückzuzahlen (§ 488 Abs. 1 S. 2). Der Darlehensvertrag muss vor allem von der unregelmäßigen Verwahrung des § 700 abgegrenzt werden; Abgrenzungskriterium ist die unterschiedliche Interessenlage: Während bei dem Darlehensvertrag die Überlassung des Geldes im Interesse des Darlehensnehmers liegt, steht bei der unregelmäßigen Verwahrung das Interesse des Anlegers an der sicheren Aufbewahrung seines Geldes im Vordergrund; Paradigma ist der normale Girovertrag mit einer Bank (s. u. § 11 Rn 31), während der Sparvertrag ein Darlehen (an die Bank) darstellt (str).
21
Für den Abschluss allgemeiner Darlehensverträge gelten keine Besonderheiten. Insbesondere bestehen keine Formvorschriften für derartige Darlehensverträge. Jedoch werden die Aufklärungspflichten, die insbesondere die Banken auch bei dem Abschluss von Darlehensverträgen aufgrund der §§ 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 treffen, zum Schutze der Darlehensnehmer ständig verschärft[22].
22
Das Gesetz regelt in den §§ 488 Abs. 3, 489 und 490 vor allem die Frage, wann das Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werden muss oder kann.[23] Ist für die Rückzahlung des Darlehens keine Zeit bestimmt, so kann der Vertrag von beiden Teilen jederzeit mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden (§ 488 Abs. 3). Wenn dagegen für den Vertrag eine feste Vertragsdauer vorgesehen ist, steht (nur) dem Darlehensnehmer unter den besonderen Voraussetzungen des § 489 ein ordentliches Kündigungsrecht zu; bezweckt wird damit, eine übermäßige Bindung des Darlehensnehmers zu verhindern. Das außerordentliche Kündigungsrecht beider Parteien hat dagegen seine Regelung in § 490 gefunden. Unberührt bleibt das allgemeine Kündigungsrecht des Darlehensgebers aus wichtigem Grunde nach § 314 (§ 490 Abs. 3), das vor allem bei Zahlungsverzug des Darlehensnehmers Bedeutung hat (s. u. Rn 25). Die Folgen eines etwaigen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers richten sich dann nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 280 Abs. 1 und 2, 281, 286 und 323).
3. Verbraucherdarlehensverträge
23
Ein entgeltlicher Darlehensvertrag im Sinne des § 488 (s. o. Rn 20) stellt gemäß § 491 Abs. 1 einen Verbraucherdarlehensvertrag dar, wenn er zwischen einem (beliebigen) Unternehmer (§ 14) als Darlehensgeber und einem Verbraucher (§ 13) als Darlehensnehmer abgeschlossen wird (zu den §§ 13 und 14 s. schon o. § 6 Rn 1). Erfasst werden also, zum Schutze der Verbraucher, nicht nur Verträge mit Banken, sondern z. B. auch Verträge mit Händlern, die den Verkauf hochwertiger Konsumgüter an Verbraucher durch Darlehen finanzieren.[24] Im Einzelnen hat man seit 2016 zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen zu unterscheiden (§ 491 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 bis Abs. 3). Für die Letzteren gilt eine Reihe von Sonderregeln, auf die hier aber nicht besonders eingegangen werden kann.
23a
Als Verbraucherdarlehensverträge kommen nur entgeltliche Darlehensverträge in Betracht (§ 491 Abs. 2 und Abs. 3). Unentgeltliche Verträge fallen nicht unter die Sondervorschriften der §§ 491 ff, weil bei diesen die Verbraucher keines besonderen Schutzes bedürfen.[25] Daher rührt der Streit um die heute beliebten so genannten Null-Prozent-Finanzierungen, die der BGH (wohl zu Unrecht) als unentgeltliche Verträge einstuft.[26] Der Gesetzgeber hat darauf durch die Ausdehnung des Anwendungsbereichs insbesondere der §§ 358 bis 360 auf alle Darlehensverträge (einschließlich der unentgeltlichen) reagiert.[27] Gleich steht der Schuldbeitritt eines Verbrauchers zu einem entgeltlichen Darlehensvertrag im Sinne des § 488 Abs. 1, mag dieser mit einem Verbraucher oder mit einer anderen Person abgeschlossen worden sein[28], während – ein offenkundiger Wertungswiderspruch – Bürgschaften von Verbrauchern für Darlehensverträge mit Dritten von den Gerichten (bedauerlicherweise) nicht in den Schutzbereich der Vorschriften über Verbraucherdarlehensverträge einbezogen werden[29]. Ganz oder doch teilweise ausgenommen von dem Schutzbereich der §§ 491 ff sind ferner die in den Abs. 2 und 3 des § 491 genannten Verträge, in erster Linie die sogenannten Bagatellverträge bis zu 200 € (§ 491 Abs. 2 Nr 1) sowie seit 2017 auch die so genannten Immobiliarverzehrkreditverträge.
24
Darlehensgeber treffen bei Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen weitreichende Informations-, Erläuterungs- und gegebenenfalls sogar Prüfungspflichten, die sich im Einzelnen aus den §§ 241 Abs. 2 und 311 Abs. 2 sowie aus § 491a in Verbindung mit Art. 247 EGBGB und aus § 505a bis § 505d ergeben.[30] Der Vertrag bedarf außerdem nach § 492 Abs. 1 der Schriftform, wobei das Gesetz in § 492 Abs. 2 iVm Art 247 EGBGB §§ 6 bis 13 im Einzelnen regelt, welche Angaben die Vertragsurkunde zwecks weiterer Information der Verbraucher mindestens enthalten muss. Bei einem Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 492 ist der Vertrag grundsätzlich nichtig (§ 125); der Formmangel kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen geheilt werden (§ 494 Abs. 2–6). Der Verbraucher hat außerdem ein Widerrufsrecht (§§ 355, 356b, 495).
25
Für den Fall des Verzugs des Darlehensnehmers und Verbrauchers mit der Zahlung der Zinsen oder der Rückzahlung des Darlehens fanden sich in den AGB der Banken früher durchweg die Verbraucher überaus belastende Regelungen, die schnell zu einer Vervielfältigung ihrer Schulden führen konnten. Das Gesetz enthält deshalb heute in den §§ 497 ff zum Schutze von Verbrauchern gegen eine übermäßige Belastung mit Verzugsfolgen wichtige Sonderregelungen. § 497 regelt die Höhe der Verzugszinsen[31], während § 498 die Voraussetzungen präzisiert, unter denen der Darlehensgeber einen Verbraucherdarlehensvertrag bei einem Zahlungsverzug des Darlehensnehmers nach § 314 kündigen kann[32]. Voraussetzungen der Kündigung sind danach erstens ein Verzug des Verbrauchers mit mindestens zwei aufeinander folgenden Teilzahlungen ganz oder teilweise und mit mindestens 10%, bei einer Laufzeit des Vertrages über drei Jahre mit 5% des Nennbetrags des Darlehens sowie zweitens der fruchtlose Ablauf einer zweiwöchigen Nachfrist in Verbindung mit einer Ablehnungsandrohung. Nach der Kündigung vermindert sich gemäß § 501 die Restschuld des Darlehensnehmers um die Zinsen, die bei staffelmäßiger Berechnung auf die Zeit nach Wirksamwerden der Kündigung entfallen.
26
§ 499 regelt ergänzend das ordentliche Kündigungsrecht des Darlehensgebers sowie sein Leistungsverweigerungsrecht, während sich in § 500 „spiegelbildlich“[33] Bestimmungen für das ordentliche Kündigungsrecht des Verbrauchers sowie für dessen Recht zur vorzeitigen Vertragserfüllung finden, ergänzt durch eine besondere Regelung der dann geschuldeten Vorfälligkeitsentschädigung in § 502.
Anmerkungen