Sozialisation. Herrmann Veith. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Herrmann Veith
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783846330043
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      Prof. Dr. Hermann Veith, lehrt Pädagogik mit dem Schwerpunkt Sozialisationsforschung unter besonderer Berücksichtigung des Jugendalters, Universität Göttingen

      Lektorat/Redaktion im Auftrag des Ernst Reinhardt Verlages:

      Ulrike Auras, München

      Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

      Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten

      sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

      UTB-ISBN 978-3-8252-3004-3 (Print), 978-3-8385-3004-8 (E-Book)

      ISBN 978-3-838-53004-8 (E-Book)

      ISBN 978-3-497-01966-3

      © 2008 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

      Dieses Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

      Reihenkonzept und Umschlagentwurf: Alexandra Brand

      Umschlagumsetzung: Atelier Reichert, Stuttgart

      Satz: Arnold & Domnick, Verlagsproduktion, Leipzig

      Druck: Friedrich Pustet, Regensburg

      ISBN 978-3-8252-3004-3 (UTB-Bestellnummer)

      Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

      Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

      Inhaltsverzeichnis

      Titel Impressum Einleitung 1 - Warum sind wir zur Selbstbestimmung gezwungen? 2 - Wie beeinflusst uns die Gesellschaft? 3 - Welche Entwicklungsbedeutung hat die Familie? 4 - Was lernt man eigentlich in der Schule? 5 - Wie wichtig sind die Anderen? 6 - Wie entwickelt sich die Persönlichkeit? 7 - Was ist denn schon „normal“? Anhang Sachregister

      Einleitung

      Mit dem Begriff der „Sozialisation“ verbindet sich die Vorstellung, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Menschen aufwachsen und leben, ihre Kompetenz- und Persönlichkeitsentwicklung nachhaltig beeinflussen. Neben der Familie und der Schule werden in der Regel Freunde, Peergruppen und Medien als die wichtigsten Bedingungsfaktoren des biografischen Lernens wahrgenommen. Die Tatsache jedoch, dass man selbst im Alltagshandeln unentwegt in sozialisatorisch wirksame Praktiken verstrickt ist, gerät bei dieser umweltzentrierten Betrachtungsweise sehr leicht in Vergessenheit.

      Stellen Sie sich deshalb einmal folgende Situation vor: Sie steigen gut gelaunt in eine U-Bahn und wünschen den Mitfahrenden einen „schönen guten Morgen“. Sehr wahrscheinlich wird Ihr Gruß unerwidert bleiben. Das heißt aber nicht, dass er wirkungslos war – im Gegenteil. Wenn Sie sich umsehen, werden Sie entdecken, wie einige Fahrgäste schon längst dabei sind, ein Spontanpsychogramm über Ihre Person anzufertigen: Musiker, Zeitungsverkäufer, Obdachloser, Fahrkartenkontrolleur? Da nichts von alledem auf Sie zutrifft, ist der Fall für die anderen schnell erledigt: „Stadtneurotiker!“ Sie nehmen diese Typenzuschreibung ganz intuitiv zur Kenntnis und fühlen sich mit einem leichten Anflug von Peinlichkeit und Kränkung missverstanden. Ohne dass auch nur ein Wort gewechselt wurde, sehen Sie sich aufgefordert, Ihre Heiterkeit hinter der umgänglicheren Maske demonstrativer Gleichgültigkeit zu verbergen. Man wünscht, in der kalten Behaglichkeit der morgendlichen Rushhour einfach nicht gestört zu werden. Darum gibt man Ihnen schweigend zu verstehen, dass Ihre Begrüßungsformel deplatziert ist und Sie mit Ihrer beschwingten Art zu weit gegangen sind, wenn auch nur geringfügig, aber immerhin. Sie haben nichtsahnend eine ungeschriebene Norm der Massengesellschaft übertreten und die Anonymitätsregel verletzt, die das Leben der Großstadtmenschen von solchen Bekanntschaftsritualen entlastet. Ihr Fauxpas wird Ihnen allerdings verziehen, vorausgesetzt, Sie sind bereit, auf Anschlusshandlungen zu verzichten und lautlos in der Menge abzutauchen.

      Es sind gerade diese winzigen Normverstöße, welche die immense Wirkmacht alltagspraktischer Ordnungen anschaulich werden lassen. Denn würde man sich nicht darauf verlassen können, dass die Menschen, denen man tagtäglich begegnet, unsere Sicht der Welt und der darin geltenden Regeln zumindest ungefähr teilen, wäre der kommunikative Orientierungs- und Verständigungsaufwand nicht zu bewältigen. Mit jedem Schritt vor die Wohnungstür würde man in das Laufrad einer sich schier endlos drehenden Fragemaschinerie einsteigen: „Wie geht es Ihnen?“, „Was machen Sie?“, „Wo wollen Sie hin?“ – oder noch irritierender: „Wer sind Sie eigentlich überhaupt?“ Damit nicht genug, denn schon nach wenigen Sekunden würde man selbst den anderen mit den gleichen Fragen auf die Nerven gehen.

      Bekanntermaßen handeln wir jedoch unter den Normalitätsbedingungen unserer Alltagspraxis etwas anders. Wir wissen, dass Fremde sich in der U-Bahn nicht grüßen müssen. Zur erfolgreichen „Kommunikation“ genügt der unverwandte Blick ins Leere. Es reicht, einfach so zu tun, als ob sich die Art, wie wir uns verhalten, von selbst versteht –und tatsächlich verhalten sich alle so. Dass dieses so funktioniert, ist die Wirkung von Sozialisation. Man kennt intuitiv die Normen und Prinzipien, die „regeln“, was zu tun