„Oder der Überlebenswille!“, erwiderte Rudi. „Schließlich muss Subotitsch doch klar sein, dass Farkas sofort einen weiteren Killer auf ihn ansetzen wird – schon um die eigene Haut zu retten.“
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Wir schafften den bewusstlosen Subotitsch zurück ins Haus und meldeten uns im Präsidium. Dabei erfuhren wir, dass Ede Gerighauser inzwischen ausgesagt hatte.
Seine Aussage bestätigte das, was wir bereits vermuteten. Kriminaldirektor Bock beorderte unsere Spurensicherer Sami Oldenburger und Pascal Horster zu dem Haus am See in Mecklenburg. Außerdem wurde die zuständige Gerichtsmedizin alarmiert, um Reza Tannous’ Leiche zu bergen, sowie ein Arzt, der sich um Tom Subotitsch kümmern sollte.
Wir hatten Subotitsch in sein Bett gelegt und bemühten uns darum, ihn aufzuwecken. Aber erst, als bereits der Gerichtsmediziner eintraf, erwachte er aus seiner Betäubung. Er wirkte verstört und wunderte sich darüber, dass er unter der Decke nur eine Badehose trug.
Wir erklären ihm, was geschehen war. Er nahm es ruhig zur Kenntnis.
„Sie wissen, dass Farkas bei nächster Gelegenheit einen anderen Killer schicken wird“, versuchte ich ihm klarzumachen. „Wir haben die Aussage eines Junkies und Ex-Mitgliedes der Killer Bandoleros, den Sie, Maybaum und Rademacher zu Spitzeldiensten gegen Farkas gepresst haben. Aber es ist zweifelhaft, ob dass reichen wird, um ihn festzunageln. Er wird davonkommen, Herr Subotitsch. Und er wird sich in aller Ruhe einen Profi anheuern können, der Sie umbringt.“
„Es ist Zeit, die Karten auf den Tisch zu legen“, ergänzte Rudi. „Ein Verfahren kommt ohnehin auf Sie zu und Ihr Dienst in der Polizei dürfte so oder so beendet sein. Es ist nur die Frage, ob Sie überleben wollen?“
Subotitsch überlegte einen Moment. Er richtete sich auf und fuhr sich mit der flachen Hand über sein Gesicht.
„Okay“, sagte er. „Das Spiel ist aus.“
„Es freut mich, dass Sie realistisch genug sind, das zu erkennen. Dann helfen Sie uns, Farkas vor den Richter zu stellen.“
„Das ist nicht so einfach, Herr Kubinke. Farkas ist paranoid. Er hat mindestens ein halbes Dutzend Wohnungen unter den Namen von Strohmännern gekauft, wo er sich notfalls verkriechen kann, wenn mal ein Haftbefehl auf seinen Namen ausgestellt werden sollte. Er schläft alle paar Nächte woanders. Manchmal jettet er einfach nach Miami oder Los Angeles, wo er auch Residenzen besitzt.“
„Dann muss man ihn eben aus seinem Versteck locken“, erwiderte ich. „Wie sind Sie mit Farkas in Kontakt getreten – um ihn zu erpressen?“
„Wir haben uns in einer konspirativen Wohnung getroffen. Er kam natürlich nie persönlich. Wir hatten einen Mittelsmann.“
„Ede Gerighauser?“
„Ja.“
„Davon hat Gerighauser uns noch gar nichts erzählt“, ergänzte Rudi. „Seiner Darstellung nach hat Ihr ehrenwertes Polizisten-Trio ihn gnadenlos fallengelassen, nachdem die Verhaftung der ‚Killer Bandoleros’ über die Bühne gegangen war.“
„Haben wir auch. Er hat das nervlich nicht durchgestanden und ist zum Junkie geworden.“
„Wundert Sie das – nach dem, was mit seiner Schwester und seinen Eltern geschehen ist?“
„Farkas muss gewusst haben, dass Ede Gerighauser unser Informant war. Er hat ihn umgedreht und zu seinem Geschöpf gemacht, indem er ihn mit Heroin versorgte. Gerighauser hätte alles für Farkas getan. Wir hatten Beweise gegen Farkas gesammelt und sie gegen eine gewisse Gebühr zurückgehalten.“
„Wo sind diese Beweise? In Rademachers Wohnung?“
„Wie kommen Sie darauf?“
„Wir haben Christine Wistanow dort kurz nach Rademachers Ermordung angetroffen! Sie hatte das Polizeisiegel gebrochen.“
„Thorben war wohl leider zu hormongesteuert, um zu merken, dass diese Christine es von Anfang an nur auf eines abgesehen hatte: Den Schlüssel zu dem Schließfach in dem sich die Videomitschnitte einiger Großdeals befinden, an denen Farkas beteiligt war.“
„Einen Schlüssel hätte sie herausschmuggeln können“, meinte Rudi. „Ihr Schlüsselbund wurde nicht überprüft. Warum auch?“
„Haben Sie auch einen Schlüssel?“, fragte ich.
Subotitsch nickte. „Ja, aber dort ist nichts mehr!“
„Wie wollen Sie das wissen?“
„Maybaum rief mich sofort nach Rademachers Tod an. Er hatte das bereits überprüft, war aber wohl zu spät. Christine Wistanow hat ganze Arbeit geleistet.“
„Ein fast perfekter Plan, an dessen Ende Farkas Sie und Ihr beiden ermordeten Kollegen losgeworden wäre!“
„Sie sagten, ich soll Ihnen helfen...“, murmelte Subotitsch. „Wie sähe das aus?“
„Mein Plan ist nicht ganz risikolos“, gestand ich. „Aber wenn Farkas jetzt davonkommt, sind Sie früher oder später ein toter Mann.“
„Ich weiß“, nickte er.
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