Die Revolverreiter von Dodge City: Western Bibliothek 10 Romane. Pete Hackett. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Pete Hackett
Издательство: Readbox publishing GmbH
Серия:
Жанр произведения: Вестерны
Год издания: 0
isbn: 9783745216455
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nach wird es Zeit, dass Sie endlich Ihre Ohren aufsperren!“, sagte Tonto schroff. „Haben Sie die Hufschläge noch immer nicht gehört?“

      Milburn verstummte und lauschte angespannt in die Nacht hinein. Das Gras auf der Talsohle dämpfte die Hufschläge. Trotzdem war zu erkennen, dass mehrere Reiter heranpreschten, aus der Richtung, wo Silverrock lag.

      Milburn biss sich auf die Unterlippe, Unruhe loderte in seinen Augen auf. Hastig blickte er sich um.

      „Los!“,zischte er dann. „Da hinter die Ginsterbüsche, los!“

      Sie trieben die Pferde hinter die hohe Strauchgruppe, und dabei war Cleves Coltmündung ständig auf Tonto gerichtet. Die Hufschläge in der Finsternis wurden lauter. Sattelleder knarrte.

      *

      Einige Minuten später erschien in der Nacht ein Reiterrudel, das immer näher rückte. Schließlich waren die Konturen der Reiter undeutlich auszunehmen. Ihre Richtung musste sie ganz dicht an den Ginsterbüschen vorbeiführen.

      Milburns Brauner wieherte plötzlich schrill. Milburn zerknirschte einen Fluch zwischen den Zähnen, als das Hufgetrappel wie abgeschnitten verstummte. Eine Weile war es still, dann trieb eine harte Stimme herüber: „Heh, wer ist da? Kommt hervor, Leute, sonst lassen wir unsere Colts sprechen!“

      Etwas Eisiges rieselte Tonto über den Rücken, als er Nat Henshaws Stimme erkannte. Alles in ihm verkrampfte sich, als er sich bewusst machte, dass dort drüben, nur wenige Yard entfernt, Ben Smoletts Mörder auf einem Pferd saß.

      Cleve Milburns Haltung entspannte sich.

      „Monroes Leute!“, murmelte er erleichtert. „Ich habe es geschafft!“

      Henshaw rief ungeduldig: „Habt ihr nicht gehört? Ist es euch wirklich lieber, wenn euch die blauen Bohnen um die Ohren pfeifen, heh?“ Er fügte noch einige Worte hinzu, die beim Gebüsch nicht zu verstehen waren. Es musste ein Befehl für seine Begleiter sein.

      Die Reiter schwärmten aus. Metall klirrte.

      „Nicht schießen!“, schrie Milburn hastig. „Wir …“

      „Tonto!“ rief Sally in seine Worte hinein. „Fliehen Sie, Tonto!“

      Und dabei versuchte sie, ihr Pferd zwischen Tontos Tier und den Braunen ihres Bruders zu treiben. Die Angst und Anspannung machten ihre Stimme schrill.

      Henshaw hatte kaum den Namen Tonto gehört, da brüllte er wild: „Vorwärts, Leute! Da vorne ist dieser verdammte Panther aus Arizona! Gebt es ihm!“

      Jetzt entstand ein wildes Durcheinander. Cleve Milburn fluchte und versuchte, wieder an Tonto heranzukommen. Tonto riss inzwischen seinen Fuchshengst herum. Sallys Stute steilte wiehernd auf die Hinterhand. Und vorne peitschten die ersten Schüsse.

      „Nicht schießen!“, brüllte Milburn erneut.

      „Hier ist Cleve Milburn! Ich habe Tonto gefangen! Er …“

      Eine Kugel kam durch das Zweigwerk gesaust und traf Milburns Pferd direkt in den Kopf. Einen schrillen Laut ausstoßend, brach der Braune in die Vorderbeine. Milburn riss die Füße aus den Steigbügeln, und während der Gaul zur Seite kippte, schleuderte er sich aus dem Sattel.

      Henshaw hatte Milburns Worte verstanden. Er schrie: „Schießt nicht mehr! Heh, Milburn, wo stecken Sie?“

      Stimmenlärm und Pferdegewieher versanken hinter Tonto. Sein Kentucky Fuchs war in gestreckten Galopp gefallen und preschte über die flache Talsohle an dunklen Baum und Buschgruppen vorbei zu den Berghängen hinüber. Hinten schrie Milburn mit überschlagender Stimme auf Henshaw ein, aber die Worte gingen im dumpfen Trommeln von Red Blizzards Hufen unter.

      Nach einer Weile erst warf Tonto einen Blick über die Schulter. Und da sah er, dass ein Reiter dicht hinter ihm her jagte – eine tief geduckte, von Dunkelheit umhüllte Gestalt. Ein einziger von Henshaws Banditen war also geistesgegenwärtig genug gewesen, die Lage zu durchschauen!

      Tontos Lippen wurden schmal. Er tastete zum Scabbard. Erst dann fiel ihm wieder ein, dass Milburn ihm das Henry Gewehr abgenommen hatte. Tonto krampfte die Fäuste um die Zügel. Ohne Waffe war er in den Elk Mountains verloren! Alle würden Jagd auf ihn machen: die Monroe Leute und die Baxter Bande! Seine Pläne würden wie eine Seifenblase zerplatzen!

      Ein Waldstreifen tauchte vor ihm auf. Er trieb den Hengst unter die Fichten und Kiefern und brachte ihn jäh zum Stehen. Ein Gedanke war ihm gekommen! Der einzelne Verfolger war noch immer hinter ihm her! Und das war die Chance, sich eine Waffe zu holen!

      Tonto verlor keine Sekunde und glitt geschmeidig aus dem Sattel. Red Blizzard blieb reglos in der Finsternis zwischen den Bäumen stehen. Tonto duckte sieh hinter einen rauhrindigen Stamm und wartete.

      Am Waldrand wurde der Hufschlag des Verfolgers langsamer. Der Mann zögerte. Dann kam er langsam zwischen die Bäume herein. Trockene Zweige zerknackten unter den stampfenden Hufen.

      „Tonto!“, rief eine gedämpfte Stimme. „Tonto, sind Sie hier?“

      Ein Ruck ging durch seinen angespannten drahtigen Körper.

      Er trat hinter der Deckung hervor. Seine Stimme war heiser.

      *

      „Sally! Hier bin ich, Sally!“

      Die Hufe pochten näher. Ein pechiger Schatten erschien zwischen den Bäumen. Das Pferd kam zum Stehen, und die Reitergestalt glitt aus dem Sattel und kam eilig auf Tonto zu. Dicht vor ihm stolperte die junge Frau über eine knorrige Wurzel. Tonto fing sie auf.

      Sie lag an seiner Brust, und er fühlte ihren hämmernden Herzschlag durch den dünnen Stoff der Reitbluse. Sie machte keinen Versuch, sich von ihm loszumachen. Die Weichheit ihres Körpers, der Duft ihres seidigen Haares und das leichte Beben ihrer schmalen Schultern – das alles ließ ihn für eine Weile vergessen, was eben da draußen im offenen Tal geschehen war.

      Schließlich sagte er rau: „Warum sind Sie mir nachgeritten, Sally?“

      Sie trat einen Schritt zurück, und erst jetzt merkte er, dass sie ein Gewehr in den Händen hielt – sein kurzläufiges Henry Gewehr.

      „Sie werden es brauchen, Tonto, nicht wahr?“

      Er nahm die Waffe entgegen.

      „Sie sind eine wundervolle Frau, Sally!“, murmelte er.

      Ihre bloßen, weichen Arme schlangen sich plötzlich um seinen Nacken. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Er ließ achtlos das Gewehr fallen und presste sie an sich. Alles in ihm schien jäh zu brennen.

      Schließlich bog sie den Oberkörper zurück. Ihre grünen Augen schimmerten feucht in der Dunkelheit. Ihre Fingerspitzen streichelten sein bärtiges straffes Gesicht.

      „Du darfst keine Zeit mehr verlieren, Tonto! Verlass dieses Land – für immer!“

      „Erst habe ich noch einiges zu erledigen, Sally!“ murmelte er rau. „Dann werde ich reiten, aber nur mit dir!“ Er fühlte, wie sie erschauerte.

      „Tonto, sie werden dich töten!“

      Er zog sie wieder an sich. Seine Lippen berührten ihre Stirn. Während er über ihren Kopf in die Dunkelheit hineinstarrte, sagte er leise: „Ich liebe dich, Sally! Und ich werde alles tun, um einmal mehr Zeit für dich zu haben! Aber ich kann nicht fliehen. Ich bin nach Silverrock gekommen, um das Schicksal meines Vaters zu klären. Eher kann ich nicht reiten, ich kann es einfach nicht!“

      Sie seufzte.

      „Tu, was du für richtig hältst! Ich vertraue dir!“

      „Danke, Sally!“

      Rufe und Hufgetrappel wehten durch die Finsternis heran. Reiter näherten sich dem Waldstreifen.

      „Ich muss fort, Sally!“ flüsterte er. „Tonto, sei vorsichtig …“

      „Wir sehen uns wieder, Liebste! Ich verspreche es dir!“ Dann war er bereits bei