Christian Janecke
MASCHEN
DER KUNST
Inhalt
Belanglosigkeitsausdifferenzierung
Einleitung
Wer von einer ›Masche‹ spricht, meint in der Regel wenig Schmeichelhaftes: ein probates bis abgegriffenes Mittel zu aufwandsarmer Effekterzielung. Typischerweise tauchen Maschen in konkurrenzgeprägtem, großem und traditionsreichem Umfeld auf. Nur dort entsteht Bedarf, nur dort findet sich der Nährboden. Nehmen wir zur Erläuterung das Feld des Liebeswerbens: Nicht anders als das der Kunst ist es konkurrenzgeprägt, unüberschaubar und traditionsreich. Es ist dort geradezu einschlägig von ›Maschen des Anmachens‹ die Rede. Genieren würde sich allerdings nur der just einer solchen Masche Überführte. Hingegen würde derselbe Mensch sich Jahre später – angenommen, sein einstmaliges Drängen sei von Erfolg gekrönt worden – vermutlich ganz ungeniert, ja vielmehr im Gefühl des leisen Triumphes daran zurückerinnern. Der Zweck heiligte hier längst die Mittel. Unverzeihlich würden Maschen indes überall dort, wo die Mittel vom Zweck nicht überrollt und schließlich ersetzt werden. So fühlten wir uns zumindest unbehaglich, mit einem Boot in See zu stechen, dessen Erbauern dubiose ›Maschen des Bootsbaus‹ nachzuweisen wären.
Um nun auf die Kunst zu kommen, so gehört sie zweifellos eher in die letztere Kategorie. Was daran Masche ist, wird jedenfalls nicht besser mit der Zeit. Es geht ja auch nicht um ›Maschen des Künstlers‹, irgendwelche Marotten seines Auftretens, die uns, hätten wir erst einmal ein Werk von ihm erstanden, das uns uneingeschränkt gefiele, wahrscheinlich herzlich egal sein dürften. Vielmehr geht es um Maschen, die in der Kunst bleibenden Niederschlag finden, die ein Werk von Grund auf charakterisieren. Diese Charakterisierung trifft aber nichts Individuelles, sondern etwas Allgemeines, das dieses Werk mit einer unabschließbaren Gruppe weiterer Werke teilt. Womit ein heikler Punkt angesprochen wäre: Denn dadurch gerät, wer von Maschen der Kunst (= M. d. K.) handelt, unversehens in Konflikt nicht allein mit denen, die Unrühmliches von der Kunst fernhalten wollen, sondern auch mit jener Sorte Kunstliebhaber, die in vernebelter Fortsetzung genieästhetischer Annahmen auf der Uneinholbarkeit des einzelnen künstlerischen