christian von aster
HÖLLENHERZ
eine erotopoetische diableske tragischer natur
versehen
mit Illustrationen von Sergej Schell
sowie einem Vorwort von Luci van Org
1. Auflage März 2016
Copyright © 2016 by Edition Roter Drache
Edition Roter Drache, Holger Kliemannel, Haufeld 1, 07407 Remda-Teichel
[email protected]; www.roterdrache.org
Buch- und Umschlaggestaltung: Edition Roter Drache
Titelbildgestaltung: Christian von Aster
Alle Bilder stammen von Sergej Schell
Lektorart: Hanka Jobke
Gesamtherstellung: Jelgavas typografia, Litauen
Alle Rechte vorbehalten.
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form (auch auszugsweise) ohne die schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert, vervielfältigt oder verbreitet werden.
ISBN 978-3-944180-70-0
Inhalt
Narcissos - zwischen den Spiegeln
Semele - Fegefeuer fleischgeworden
Kybele - steingemeißelt fastbekannt
Succubuc - der Unglaubhaften kurzer Bund
Tantalos - Erfüllung in Ketten
Pan - vermeindlich sündhaft Abbild
Vorwort
Geschichten von Tod und Teufel gibt es viele. Auch die Idee, sie noch um die Themen Liebe und Sex zu erweitern, hatten vor dem hochgeschätzten Herrn von Aster schon unzählige andere Autoren.
Warum man ausgerechnet dieses Buch dann unbedingt lesen muss?
Weil Sergej Schell ebenso magische wie abgründige Illustrationen einen im Augenblick des Aufblätterns ohnehin unverzüglich in den Höllenherz-Kosmos katapultieren.
Mitten hinein in alles andere als eine gewöhnliche Geschichte.
Sondern in eine Reportage. In den ganz und gar authentischen Reisebericht von einer Expedition auf die höchsten Höhen der Liebe und der Lust und in die tiefsten Abgründe von Verzweiflung, Hass, Eifersucht und Raserei. Einer Reise, auf der jeder Weg, jeder betörende Ausblick und jede Gefahr sicher nicht nur einmal vom Autor selbst erlebt, erliebt und erlitten wurde.
Woher ich das weiß?
Weil es anders nicht zu erklären ist, dass mir alle Figuren im Höllenherz so voller Wahrhaftigkeit begegnen.
Mit solcher Wucht, dass ich, statt mich einfach von ihnen unterhalten zu lassen, zutiefst Anteil nehmen muss an ihrem Schicksal und mich in ihnen wiederfinde. Mal voller Freude, mal voller Unbehagen und manchmal sogar voller Scham. Aber immer, ohne mich verurteilt zu fühlen. Nur verteufelt gut verstanden.
Genau deshalb möchte ich dieses Buch allen ans Herz legen, die eines haben. Am meisten denen, die - zusammen mit dem teuflischen Helden der Geschichte- darum wissen, wie schmerzhaft nahe Liebe, Tod und Verdammnis einander oft sein können.
Die Feststellung, dass so ein Höllenherz nur ersinnen kann, wer selbst im Besitz eines ganz besonders großen und schönen und vor allem empfindsamen und verletzlichen Herzens ist, findet der Autor sicher eher peinlich als erwähnenswert.
Aber er hat dieses Vorwort ja auch nicht geschrieben.
Luci van Org, Dez. 2015
Prolog
Es tat sich einst, an irgendeinem Ort und irgendeinem Tag, die Erde auf und spie eine widerwärtige Luft hinaus ins Sonnenlicht, die, wie es schien, die Herrschaft dieses irgendeinen Tages an sich reißen wollte. Und gelang dies dem dunklen Brodem allein auch nicht, so bezog doch kurz darauf solch ein düsteres Wolkenvolk den Himmel, dass das Licht der Sonne welk weit vor dem Ende dieses Tages wurde.
War an dem Platz, wo sich nun unverwandt die Erde aufgebrochen, sonst allerlei Getier zu Gast, das einer nahen Quelle Blüte schätzte, so waren heut all die Geschöpfe fort, wie nie gewesen.
Und selbst die lichten Wasser jenes Quells begannen, des hoffnungsvollen Sonnenstreifs beraubt, finsterer zu fließen.
Licht und Luft und Wasser waren wie unheilbar erkrankt, und die Erde klaffte offen wie ein schmachtend Hungerschlund. Sie wollte aber, und schien sie noch so schmachtend, an jenem Orte nichts verschlingen, hatte anderes im Sinn und spie, statt was zu schlucken, plötzlich gar noch etwas aus.
Die welke Sonne hatte Glück, dass sie hinter Wolken hatte sterben dürfen, denn das ersparte ihr, mit anzusehen, wie der, den selbst der Erde tiefste Klüfte bannten, aus ihren Tiefen sich gebar.
Trug rote Haut um seine Knochen, und es entwuchs dem krummen Rücken – Kindstod gestorbenen Zwillingsschwestern gleich – ein verdorrtes Flügelwerk, zerschlissen und zerrüttet und lang schon nicht mehr seinem eigentlichen Zwecke taugend.
Das dunkle Auge war geschlossen und schwieg in tiefer Traurigkeit.
Vom Kopfe spross, über finst’rer schwarzer Braue, ein kleines, aber sichtbares Gehörn, grausig wie des linken Beins behufter Fuß.
Mit einer Hand hielt jenes Kind der Tiefen seine Schulter, die andere umschlang den Hüftenknochen, als hielt’ es sich verzweifelt selbst, wobei der finsterhäut’gen Hände Nägel krümmend sich nach innen bogen und, fest wie es sich an sich klammerte, rote Blicke warfen unter seine Haut.
Aus seinem Steiße lugt’, zwei Arm lang und daumensbreit, ein Schweif, am Ende sich in einem Quast verlierend und viel zu kraftlos, die Erde, den Grund zu geißeln, der seinen Träger gerad’ verstieß.
Wären nicht Luft und Licht und Wasser längst erkrankt gewesen, des grausigen Gesellen garst’ger Blick hätt’ sie bis ins Mark verseucht. Schnell