Richard Kölldorfer
DER BUND ROTER LÖWE
Fulcanelli II
Für Andrea, Artus und Tristan
Engelsdorfer Verlag
Leipzig
2016
Richard Kölldorfer
Geb. 1973 in Tulln an der Donau. Heute lebt er mit seiner Familie in
Neulengbach/Niederösterreich.
Nach seiner elektro- und chemotechnischen Ausbildung sowie
verschiedenen Erwerbsjobs ist er bei
den Österreichischen Bundesbahnen im technischen Wagendienst tätig.
Berufsbegleitend absolvierte
er ein Studium der Geschichte mit Schwerpunkt auf
Wirtschaftsgeschichte sowie der Germanistik.
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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Inhaltsverzeichnis
Das Elixier
Lieber Hilaire, Paris, 27. März 1922
die letzten Jahre waren für uns alles andere als unbeschwert. Lilith fiel einem heimtückischen Anschlag der Rotkreuzer zum Opfer, Louis Pasteur ist von uns gegangen, das Firmenvermögen deiner Familie ging verloren. Gerade darum ist es wichtig, nicht zurückzuweichen, sondern entschlossen den Weg weiter zu beschreiten, selbst wenn er voller Gefahren ist und der Ausgang ungewiss bleibt. Wie Du weißt, wurde mir die Ehre zu Teil, nach dem Ableben von Lois Pasteur in seine Fußstapfen treten zu dürfen. Als Meister des Weißen Feuers obliegt es mir, Ziele vorzugeben, Kurs aufzunehmen und diesen nicht aus den Augen zu lassen. Lass es mich so formulieren: Ich bin ein Kapitän, der über den aufgewühlten Ozean segelt, Felsen und Sandbänken trotzend, um „Terra Incoqunita“, das unbekannte Land, zu erreichen. Nun, was braucht ein Kapitän, um die Tücken des Meeres meistern zu können? Er benötigt ein gutes Schiff, Wind in den Segeln, aber vor allem eine fähige Besatzung, die ihn tatkräftig unterstützt.
Darf ich mir erlauben, Dir einen Rat zu geben, Hilaire? Vergiss deinen Groll, den du gegen das Weiße Feuer hegst. Dein alter Freund Gustave hat sich für die dunkle Seite entschieden. Ist es nicht ein Grund mehr, die Grundwerte unserer Organisation zu verteidigen? Ja, es existieren im Weißen Feuer Strömungen, die dich vom Kurs abgebracht haben. Bist du daran nicht gereift? Kannst du heute nicht besser die Tücken des Lebens umschiffen? Es wäre doch eine Verschwendung, wenn Du mit Deiner Begabung, deiner Erfahrung die Zeit in einem verwunschenen Schloss fristest. An Deinen Briefen erkenne ich, dass Du immer noch begierig danach lechzt, die Fortschritte unserer Arbeit peinlich genau mitzuverfolgen. Augenblicklich könntest Du wieder mittendrin sein, nicht nur aus zweiter Hand Geschichten von vorgestern erfahren. Seit jeher war es Dein Traum, den Menschen ihr Leben zu erleichtern, möglicherweise sogar verlängern zu können.
Ich möchte Dir eine Frage stellen, Hilaire: Bist du gewillt, mit mir diese Entdeckungsreise zu wagen? Das Weiße Feuer bittet Dich um Hilfe und ich benötige Deine Unterstützung. Du wärst sozusagen meine rechte Hand und natürlich ist für Lilith ebenfalls ein Platz in der Gruppe. Meine besten Grüße, ich hoffe, es geht ihr gut.
Ferner würden eine viel versprechende Chemikerin und ein mit asiatischen Heilpraktiken vertrauter Arzt unsere Runde komplettieren. Du wärest in der glücklichen Situation dich mit Menschen auszutauschen, die dir neue Sichtweisen eröffnen könnten. So wie ich das sehe, überwiegen die positiven Argumente für eine Zusammenarbeit. Auf eine angemessene Antwort Deinerseits harre ich aus.
Argumentum ex Silentium
Albert Mercure
Der Brief von Albert Mercure führte mich geradewegs in einen Gewissenskonflikt. Natürlich wusste Albert, dass er mich nur herumkriegen würde, wenn er moralisch motivierte Integrität, gepaart mit meiner Neugier, einforderte. Letztlich hatte ich mit dem Weißen Feuer abgeschlossen und nachdem Lilith durch einen heimtückischen Angriff der Rotkreuzer, zurückziehen. Damals, als wir noch in Paris wohnten und arbeiteten, fügten einige Rotkreuter, die sich als Nachfolger der Inquisitoren sahen, Lilith lebensbedrohliche Brandwunden zu. Andererseits hatten die Rotkreuzer genau erreicht, worauf sie abzielten. Nicht nur, dass sie unsere Arbeitsgruppe zerschlugen, als sie an meiner Frau ein Exempel statuierten, das beeinflussbare Mitglieder des Weißen Feuers abschrecken sollte. Tagelang grübelte ich, was Lilith nicht verborgen blieb.
„Du wirkst recht abwesend in letzter Zeit, etwas angespannt“, meinte Lilith. „Du weißt doch, dass ich dich zu gut kenne, als dass du etwas vor mir verheimlichen könntest.“
„Entschuldigung. Ich wollte dich nicht beunruhigen.“
„Hilaire, ich bin deine Frau. Du kannst über alles mit mir reden. Es war der Brief von Albert, nicht?“
„Du hast Recht“, seufzte ich.
Lilith setzte sich neben mich und griff nach meiner Hand.
„Ohne Umschweife: Albert bot mir an, die rechte