Die Hochzeitskapelle. Rachel Hauck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783865069641
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sie beschützen wollte. Er hatte sich immer versprochen, dass er sich nicht wegen eines Mädchens blamieren würde. Von Dad hatte er nur zu gut gelernt, dass Frauen die Mühe nicht wert waren.

      Sein alter Pop drückte sich ziemlich deutlich darüber aus, dass es einem Mann eine Menge Sorgen bescheren konnte, eine Frau zu lieben. Und sein Vater war ein Pfundskerl, der die Wahrheit sagte.

      Außerdem, was wusste Jimmy schon von Mädchen? Nichts. Von Nana und April abgesehen, hatte er mit Frauen absolut keine Erfahrung.

      Bradley kam aus seinem Haus herausgerannt und band sich noch schnell die Turnschuhe. „Ich habe Spice angerufen“, sagte er.

      Tatsächlich kam auf der anderen Straßenseite drei Häuser weiter Spice Keating herausgeeilt. Sein Alter war ein Säufer, ein ziemlich grober sogar. Aber Spice selbst bestand nur aus Charme und Lächeln.

      Jimmy wusste nicht, wie er das machte.

      „Coach sagte, wir dürfen bei der Schule trainieren, wenn wir versprechen, den Boden nicht zu ruinieren“, sagte Clem, der rückwärtsging und Jimmy den Ball zuwarf.

      Aber Jimmy verfehlte den Ball. Er verfehlte ihn. Der Ball glitt ihm durch die Hände und fiel zu Boden.

      „So willst du also im Herbst spielen, Westbrook?“

      „Halt die Klappe, Clem.“ Jimmy hob irritiert den Ball auf, rannte mitten auf der Fahrbahn die Straße hinunter und spielte ihn seinem Quarterback zurück. „Sieh zu, dass du ihn vernünftig zu mir wirfst, dann kriege ich den auch.“

      Da konnte man sehen, was Mädchen anrichteten. Er war jetzt schon abgelenkt, und dabei hatte er sie noch nicht einmal getroffen. Das war das Ärgerliche mit Mädchen. Die konnten einen Mann in allerlei Hinsicht ruinieren, ihn demütigen.

      „Hey, Kumpels“, sagte Jimmy mit einem spöttischen Unterton. „Bei Clem ziehen Mädchen ein.“

      „Mädchen? Welche Sorte Mädchen?“

      „Westbrook, du alter Schwätzer.“ Clem schoss Jimmy den Ball zu.

      „Ach, was hast du denn? Früher oder später finden sie es sowieso heraus.“ Jimmy fing den Ball und rempelte Spice an. „Was meinst du mit ,welche Sorte‘? Gibt’s mehr als eine?“

      „Ja, na klar. Hübsche und hässliche.“ Spice lachte, rangelte mit Jimmy, griff nach dem Ball. Er grinste frech, und sein dunkles Haar hing ihm in die Augen. „Also welche jetzt? Hübsch oder hässlich?“

      „Ja, Jimmy“, stimmte Clem ein. „Welche denn jetzt?“

      „Es sind doch deine Kusinen.“ Jimmy warf den Ball zu Bradley, der ihn fallen ließ.

      „Na und?“ Clem sammelte den Ball auf, wirbelte herum und verfehlte knapp Mrs. Grove, die in ihrem großen neuen Cadillac um die Ecke bog. „Juckt mich nicht.“

      „Schönes Auto, Mrs. Grove.“ Ob jung, ob alt, Spice versuchte immer, alle zu bezaubern. „Egal, wir könnten hier jedenfalls ganz gut ein paar neue Mädchen gebrauchen. Hübsche.“ Er sah zu Mrs. Groves Auffahrt. „Und junge auch.“

      „Na ja, wenn du mal damit aufhören würdest, andauernd mit allen anzubandeln und sie dann sitzenzulassen, hättest du mehr Auswahl.“ Jimmy rannte ein längeres Stück, um Clems Pass zu erwischen, fing den Ball während des Rennens und spürte seinen permanenten Groll gegen Spice in sich. Sie waren zwar Freunde, aber letztes Jahr hatte Spice ganz genau gewusst, dass Jimmy ein Auge auf Rebekah Gunter geworfen hatte. Er drängte sich trotzdem dazwischen, obwohl er nicht vorhatte, je wirklich mit ihr zu gehen. Für ihn war die Liebe nur ein Spiel.

      „Ach, jetzt sei nicht so sauer. Du weißt selbst, dass du nie die Eier gehabt hättest, um dich mit Bekah zu verabreden.“

      „Nimm das zurück, Keating.“ Jimmy rempelte ihn an, hart.

      „Da sieht man’s wieder, Mädchen machen nur Ärger.“ Clem ging dazwischen und schwenkte den Ball. „Konzentriert euch. Wir müssen eine Saison gewinnen. Wisst ihr noch: der Tailback aus Memphis, der letztes Jahr unsere D-Line durchbrochen hat? Ich habe gehört, der hat im Frühling dreihundert Pfund gestemmt.“

      Bradley stöhnte. Er war Abwehrspieler, ein Defensive Lineman.

      „Ja, wir haben noch einiges vor uns.“ Clem sprintete vorwärts, fuhr herum und schickte den Ball dann in einem hohen Bogen zu Jimmy. Mann, der konnte werfen. Jimmy fing und überrannte Bradleys weiche Blockade.

      Wenn alles lief wie geplant, würde Clem als Quarterback anfangen und Jimmy als Halfback. Sie waren Nachwuchsspieler, aber immerhin die besten für die Aufgabe. Das hofften sie jedenfalls.

      Die Sonne stand hoch am klaren blauen Himmel, als Jimmy mit dem Ball unterm Arm die Straße verließ und eine Abkürzung durch Mrs. Whitakers Hinterhof nahm, wo Spice die Katze der alten Dame einen Baum hinaufjagte.

      Jimmy rannte vorweg, den Footballplatz schon im Blick. Clem war knapp hinter ihm, Spice und Bradley liefen am Ende.

      Als er die Zielmarke überschritt, warf er den Ball mit Wucht auf den Boden.

      Ja, genau das war es, was er brauchte, um den Kopf freizubekommen. Auf dem Platz sein. Sich auf die Saison freuen. Sich auf seine Ziele konzentrieren.

      Dad freute sich schon auf den Saisonbeginn seines Jungen, und Jimmy wollte ihn nicht enttäuschen. Er gab vor seinen Arbeitskollegen gerne mit seinem talentierten Sohn an.

      Jimmy würde seinen Vater stolz machen. Er würde nicht zulassen, dass ihn ein Mädchen davon abhielt.

      Doch als er sich für ihren ersten Spielzug hinter Clem stellte, hörte er in seinen Ohren sein Herz schlagen. Und das kam nicht daher, dass er mit seinen Freunden ein Wettrennen gemacht hatte, sondern lag einzig und allein an dem Bild des Mädchens auf der Fotografie, das ihm immer noch vor Augen stand.

       Kapitel Zwei

      TAYLOR

       Brooklyn Heights, New York

       16. September 2015

      Freudig blickte Taylor auf, als sie seinen Schlüssel in der Tür hörte. Jack war zu Hause.

      Ihre bildschirmmüden Augen stellten sich auf die dunklen Schatten ein, die ihre Wohnung im dritten Stock füllten. Das gedämpfte Licht der Straßenlaternen Brooklyns fiel durch die Fenster.

      „Schau, Hops, das ist eine Spitzenkampagne. Lass uns einfach die Präsentation machen und hören, was sie sagen.“ Jack bewegte sich mit dem Telefon am Ohr durch die Wohnung.

      „Hallo“, sagte Taylor beim Aufstehen und strich sich das Haar glatt. Sie war ganz steif vom vielen Sitzen. Jetzt, wo ihr Mann zu Hause war, sehnte sie sich nach seiner Aufmerksamkeit.

      Ihr Mann. Ehemann. Jetzt schon seit einem halben Jahr, und immer noch klang das Wort so fremd.

      Aber Jack ging zum Schlafzimmer, ohne innezuhalten oder auch nur in ihre Richtung zu nicken. Seine Laptoptasche hing ihm über die Schulter, und mit seiner breitschultrigen, muskulösen Gegenwart und dem ausgeprägten Selbstbewusstsein strahlte er ein eigenes Licht aus, mit dem er die trübe Wohnung durchflutete.

      Taylor sank zurück auf ihren Stuhl. Der Schmerz in ihren Muskeln kroch in ihr Herz. Wenn er sie gar nicht hierhaben wollte, warum hatte er ihr dann überhaupt einen Antrag gemacht?

      Noch viel verwirrender war allerdings die Frage, warum um alles in der Welt sie Ja gesagt hatte?

      Sie saß da, mit den Fingern auf der Tastatur im Anschlag. Das Licht ihrer Schreibtischlampe glitzerte auf ihrem Ehering, dem in Platin gefassten Symbol der Verpflichtung, die sie im Wohnwagenpark eingegangen waren.

      Am