Bernd Kemter
Fackel in tiefer Nacht
Spanien und der deutsche Philosoph Karl Christian Friedrich Krause
Roman
Impressum
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Verlagsleitung: Detlef W. Stein
Coverbild und Illustrationen: Elke Sieg
Umschlaggestaltung: Thomas Seidel
Lektorat: Dörthe Rieboldt
Korrektorat: Thomas Seidel
Satz: Thomas Seidel
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
ISBN 978-3-943583-86-1
INHALT
VORWORT
Karl Christian Friedrich Krause (1781 – 1832) – wohl auf keinen Vertreter seiner Zunft trifft das geflügelte Wort zu: Der Philosoph gilt nichts im eigenen Land. In Deutschland nahezu vergessen, stets im Schatten solcher Geistesgrößen wie Fichte, Schlegel, Schelling und Hegel stehend, verschmäht, geschmäht und als oft vergeblich sich abmühender Privatdozent in Jena, Dresden, Göttingen und München zumeist mit Geringschätzung bedacht, entfaltete seine Lehre im Spanien des 19. Jahrhunderts ihre volle Wirksamkeit. Sie strahlte ebenso auf lateinamerikanische und andere Länder aus. Doch zunächst: Wer war jener Denker, wie verlief sein Leben? Worin besteht der Kern seiner Lehre, des Panentheismus?
Krause wurde am 6. Mai 1781 in der thüringischen Kleinstadt Eisenberg als Sohn eines Lehrers geboren. Er studierte in Jena Theologie, Philosophie und Mathematik. Zu seinen Lehrern gehörten die berühmten Philosophen Fichte, Schelling und A. W. Schlegel. Auch sah sich Krause als Schüler Kants. 1801 erwarb Krause den Doktorgrad und habilitierte sich ein Jahr später mit einer philosophisch-mathematischen Schrift.
Weitere Publikationen folgten rasch, so die „Grundlagen des Naturrechts oder philosophischer Grundriss des Ideals des Rechts (I)“, „Grundriss der historischen Logik für Vorlesungen“, „Grundlagen eines philosophischen Systems der Mathematik“ (1. Teil), „Faktoren und Primzahlen“ und „Entwurf des Systems der Philosophie. 1. Abteilung“.
1802 schloss der 21-Jährige mit Amalia Concordia Fuchs aus Eisenberg den Ehebund. Das Paar hatte vierzehn Kinder, zwei starben allerdings kurz nach der Geburt. Die Vorlesungen des Privatdozenten in Jena waren zunächst gut besucht. Allerdings sanken die Studentenzahlen, und wie andere Dozenten auch, trug sich Krause mit dem Gedanken, aus Jena wegzuziehen. Er führte den Plan auch aus, was sich im Nachhinein als folgenschwerer Fehler für seine akademische Karriere erweisen sollte.
Die Familie zog zunächst nach Dresden, wo Krause Vorlesungen an einer Ingenieurschule hielt und zugleich Privatunterricht erteilte. Schon hier stellten sich enorme finanzielle Schwierigkeiten ein. Immer blieb Krause auf Geldzuwendungen des Vaters angewiesen. Die missliche Situation schien sich mit dem Umzug nach Berlin zu wenden. Immerhin durfte Krause mit Fichtes Fürsprache rechnen, weil er Vorlesungen in Mathematik zu halten beabsichtigte. Als sein einflussreicher Lehrer starb, hoffte Krause, ihn zu beerben, doch vergebens. Er konnte nicht in Berlin bleiben, zog 1815 wieder nach Dresden um. Die Jahre vergingen, die Familie fristete kümmerlich genug ihr Leben. Mehrere Umzüge in immer billigere Wohnungen waren an der Tagesordnung. Auch in Göttingen war Krause kein Glück beschieden. Die Hoffnungen, hier als Privatdozent aus den materiellen Nöten herauszukommen, zerschlugen sich. Schlimmer noch. Krause wurde mit dem Aufruhr 1831, der die Stadt erfasst hatte, in Verbindung gebracht, weil einige seiner Schüler darin verwickelt waren. Er musste die Stadt verlassen. Letzte Station des glücklosen Gelehrten war München. Hier strebte Krause eine Honorarprofessur an der Universität an, ersuchte bei König Ludwig um Beistand. Kein Geringerer als Schelling soll diesen Plan vereitelt haben. Wegen der Göttinger Affäre drohte Krause sogar die Ausweisung. Er wusste sich allerdings klug zu verteidigen, den König und seinen Minister, den Fürsten Ludwig von Oettingen-Wallerstein, von seiner Unschuld zu überzeugen. Letztlich gab das Ehrenwort des Philosophen Franz von Baader den Ausschlag.
Alle Not, alle Widrigkeiten, die Enttäuschungen seiner vergeblichen Versuche, ein einträgliches akademisches Amt zu erhalten, hinterließen ihre Spuren. Krause erkrankte ernstlich. Er suchte Heilung in Partenkirchen. Als er nach München zurückkehrte, erlag er am 27. September 1832 einem Schlaganfall. Wenige Menschen, unter ihnen seine weinenden Kinder, begleiteten den Sarg.
Soviel zum Leben dieses bedauernswerten Gelehrten. Und doch: Trotz aller Misserfolge, die nicht zuletzt auf den Neid mächtiger Brotgelehrter zurückzuführen waren, hat Krause eine originäre Philosophie hinterlassen. Dessen Kernpunkt bildet der Panentheismus. Was ist darunter zu verstehen?
Kurz übersetzt bedeutet dieser von Krause geprägte Begriff „Alles ist und lebt in Gott“. Gott ist der Welt einbegriffen und zugleich außer ihr. Gegenüber dem landläufig verstandenen Pantheismus Spinozas meint diese Lehre folglich, dass Gott und Natur nicht identisch sind. Angenommen wird somit ein vollkommenes göttliches Wesen, das sowohl in der Natur als auch im menschlichen Leben wirkend gegenwärtig ist. Dieses göttliche Wesen führt die Menschheit auf den Endzustand einer ethischen und sozialen Idealordnung hin. Das Wichtigste in diesem Kontext sind Krauses „Realer Harmonismus“ und seine „Lebenskunstwissenschaft“. Demnach entwickelt sich die Menschheit vom Individuum, von einfachen Bünden wie Familie und sozialen Zusammenschlüssen bis hin zum Staat letztlich zum „Menschheitsbund“. Hier ist der Höhepunkt erreicht, es folgt der Abstieg, und der Zyklus beginnt von Neuem. Immer aber ist Gott gegenwärtig, sein Prinzip der Liebe durchdringt das gesamte Dasein. Von daher rührt auch Krauses Leitspruch „Die Liebe trägt den Sieg davon“. Interessanterweise entwickelt Krause, insbesondere in seinem Hauptwerk „Das Urbild der Menschheit“, recht modern anmutende Auffassungen und dies ‒ man muss es hervorheben ‒ anfangs des 19. Jahrhunderts: Souveränität der Völker, Gleichberechtigung der Frau, Rechte des Kindes und Eigenrecht der Natur. Darunter fallen ebenso Rechte der Tiere; Rechte, die außerhalb jeglichen menschlichen Nützlichkeitsdenkens angesiedelt sind.
Warum fiel seine Lehre gerade in Spanien auf fruchtbaren Boden?
Reformerische Kräfte beauftragten im Jahre 1842 Julian Sanz del Rίo (1814 – 1859), Doktor des Kirchenrechts und nachmaliger Professor für Geschichte der Philosophie an der Madrider Zentral-Universität, mit einer Reise nach Deutschland. Er sollte sich dort nach modernen Philosophien umsehen, die geeignet schienen, das geistig weit zurückgebliebene Spanien in die neue Zeit zu retten. Sein Weg führte ihn im Jahre 1843 über Paris nach Brüssel, wo er mit dem Krause-Schüler Heinrich Ahrens (1808 – 1874) zusammentraf. Dessen Werk „Naturrecht