Weil du siehst, wie schön ich bin. Rachel Hauck. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Rachel Hauck
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Религия: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783961400898
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Kulissen spielen. Nicht umsonst nannte Tracie Blue sie „die Schönmacherin“.

      Die feine Bridgett Maynard heiratete den Sohn des Gouverneurs, Eric James. Eine Jugendliebe von der Rosebud High, schöne Menschen, vereint unter den Schirmen Erfolg und Wohlstand.

      Während Ginger sich darauf freute, mit Bridgett zu arbeiten, freute sie sich nicht unbedingt auf das Wochenende. Sie würde auf der alten Plantage bei ihnen wohnen müssen.

      „Na, wenn es eine schafft, diesen Laden hier zu einem Erfolg zu machen, dann du. Als ich Mrs. Henderson zuletzt gesehen habe, hat sie immer noch gelächelt, weil du ihr die Haare so schön gemacht hast.“

      „Grandpa war der Erste, der mir gesagt hat, dass ich die Schönheit in allen anderen sehen könne.“ Das hatte sie auch an jenem Tag getan, als Mrs. Henderson in ihrem Stuhl gesessen hatte, mit ihrem überfärbten, überdauergewellten, welken Haar. „Ich habe ihm geglaubt. Er hat mir jeden Monat ein neues Puppenbaby gekauft, weil ich denen immer die Haare abgeschnitten habe. Bis auf den Gummischädel.“ Gingers Herz lachte. „Mama ist immer wütend geworden. ‚Daddy, hör auf, dein Geld zu verschleudern. Sie wird die doch wieder nur kaputt machen.‘ Und dann hat er immer gesagt: ‚Sie wird zu der, die sie sein soll.‘“ Ginger tauchte die Farbrolle erneut ein und begann eine langsame Rollbewegung. Die Erinnerung an das Funkeln von Grandpas blauen Augen ließ ihr warm ums Herz werden.

      Sie vermisste ihn. Eine stabile Größe in der Wohnwagensiedlung. In ihrem Leben. Bei ihm hatte sie sich immer sicher gefühlt. Besonders, nachdem Daddy weggegangen war. Und dann wieder nach dem Feuer.

      Später war Tom Wells auf der Bildfläche erschienen. Ginger schüttelte sich seinen Namen aus ihren Gedanken. Der verdiente es nicht, Teil ihrer Erinnerungen zu sein. Ein Highschool-Schönling, der sich aus dem Staub gemacht und ihr Herz gebrochen hatte.

      Sie hatte ihn aus ihrem Kopf verbannt, bis sie nach Rosebud zurückgezogen war. Bis Bridgett vor drei Monaten in den Salon spaziert war und sie angebettelt hatte, bei ihrer Hochzeit die Stylistin zu sein – da waren dann die gut verpackten Erinnerungen an ihre Jugend in Rosebud, an ihre Zeit auf der Highschool, wieder zurückgekommen.

      „Kann ich dich mal was fragen?“, sagte Ruby-Jane, die den letzten Rest Farbe aus ihrer Rolle auf die Wand quetschte. „Warum hast du aufgehört, für Tracie Blue zu arbeiten? Jetzt mal ehrlich. Doch nicht nur, weil Maggie dich wegen des Salons hier angerufen hat?!“

      „Es war Zeit.“

      „Ist etwas passiert? Es war nicht wegen deiner Narben, oder?“

      „Nein.“

      „Weil das verrückt wäre, weißt du. Du warst drei Jahre lang mit ihr unterwegs. Deine Narben haben nie eine Rolle gespielt.“

      Oh doch, das hatten sie.

      Tränen trübten Gingers Sicht, während sie die alte Wand mit einer dicken Schicht Farbe bestrich. Adieu, Altes. Hallo, Neues. Sie verabscheute es, RJ anzulügen, aber über ihre Trennung von Tracie Blue zu sprechen, riss Wunden auf, die niemand wirklich sehen wollte.

      Hässlich. Ein Klatschblatt hatte sie so genannt. Letztes Jahr hatte sie im Internet einen Artikel gefunden, der die hässlichsten Stylisten der Stars aufzählte. Und Ginger Winters war die Nummer eins.

      Wo sie das Bild von ihr gefunden hatten, auf dem ihr Hals zu sehen war, würde sie wohl nie herausfinden.

      Ginger schluckte die aufwallende bittere Galle hinunter, atmete tief durch und rang damit, diese Bezeichnung aus ihrem Kopf zu verbannen.

      Wie sie sie aus ihrem Herzen bekommen sollte, wusste sie indes nicht. Die Worte schlugen Wunden und hinterließen Narben tief in ihrem Herzen, sie schufen Fangarme der Scham, die weder lange Ärmel noch bunte Schals abdecken konnten.

      Ginger trat einmal mehr zurück, um ihr Stück Wand zu betrachten. „Was meinst du?“

      „Mir gefällt es“, sagte Ruby-Jane. „Sehr.“

      „Mir auch.“ Langsam fühlte sich der Salon wirklich wie ihrer an.

      Im Radio kamen die Nachrichten zur vollen Stunde. Ginger linste auf die Wanduhr. Elf. „Bist du hungrig? Lass uns bei Anthony Pizza bestellen“, sagte sie, klemmte den Griff ihrer Rolle unter den Arm und zog ihr Handy aus der Hosentasche. „Ich glaube, eine große Käsepizza wäre genau richtig.“

      „Ganz mein Geschmack. Oh, und bestell noch überbackenes Käsebrot dazu.“ Ruby-Jane ging ein paar Schritte zurück und inspizierte ihre Arbeit. „Ich liebe diese Farbe, Ginger. Der Laden wird traumhaft aussehen.“

      „Gestern Abend habe ich im Netz noch nach neuen Lampen gesucht und … Hallo, Anthony, hier ist Ginger vom Schönheitssalon die Straße runter. Gut, gut, wie geht es dir? Ja, bitte … eine große Käsepizza … dünner Boden, ja … und eine Portion überbackenes Käsebrot, bitte. Nein, für Ruby-Jane … Ich weiß, die ist süchtig nach Kohlenhydraten.“

      „Bin ich gar nicht.“

      „Klar, eine von uns kommt vorbei und holt es ab.“ Ginger legte auf und steckte das Telefon wieder ein. „Lass uns das Geld eben aus der Barkasse nehmen.“

      Noch während die Worte ihre Lippen verließen, schepperten die Glöckchen an der Eingangstür laut gegen das Glas. Jemand kam herein.

      Im Umsehen legte sie ihre Rolle auf die Farbwanne. Ginger schnappte nach Luft. Tom Wells junior.

      Ihre Haut schien Feuer zu fangen, als sie den dunkelorangen Schal fester um ihren Hals zog. Lieber würde sie sich Tracie Blues Paparazzi stellen als Tom Wells.

      „Na schau mal einer an, wer da kommt. Tom Wells junior, so was.” Ruby-Jane ging zu ihm hin und umarmte ihn fest. „Was führt dich denn hierher? Ginger, schau mal, was da durch die Tür geweht ist.“ RJ schob Tom regelrecht weiter in den Laden.

      „Ich seh’s.“

      „Ruby-Jane, hallo, schön, dich zu sehen. Ginger … lange her, was!?“ Er fuhr sich mit der Hand über sein langes, gewelltes Haar, und der Blick seiner blauen Augen huschte zwischen Ruby-Jane und Ginger hin und her, der die Knie schlotterten, völlig machtlos in seiner Gegenwart. „Habt ihr auf? Ist Maggie da? Ich wollte mir schnell die Haare schneiden lassen.“

      Ruby-Jane klopfte ihm lächelnd auf die Schulter. „Die gute alte Maggie Boyd ist in Rente gegangen.“ Wieder schob sie ihn vorwärts und signalisierte hinter seinem Rücken, dass Ginger mit ihm reden sollte.

      „Also hat Maggie endlich ihre Reise nach Irland angetreten? Ich habe mich schon gewundert, warum auf dem Schild Gingers Schnittchen steht.“

      „S…sie ist tatsächlich gerade in Irland. Jetzt gehört der S…Salon mir.“ Gingers Stimme wurde immer leiser. In ihren eigenen Ohren, neben dem Donner ihres Herzschlags, klang sie leise und dünn. Sie griff nach dem Stiel der Farbrolle und drehte sich zur Wand. Jetzt reiß dich mal zusammen. Denk dran, was er dir angetan hat. Wenn sie auch nur ein bisschen Mut hätte, würde sie ihn jetzt mit Farbe überziehen.

      „Weißt du noch, wie wir zusammen Mathe gelernt haben, Ginger?“

      „Ja.“ Sie warf ihm einen Blick zu, bemühte sich so sehr, ruhig zu bleiben, aber Tom Wells mit seinen blauen Augen und diesen Mammut-Schultern stand nun einmal gerade in ihrem Salon.

      Immer noch stumm mit Gesten und Grimassen kommunizierend, ging Ruby-Jane um ihn herum. „Ja, ist ja wirklich lange her, Tom. Seit du die Stadt in unserem letzten Schuljahr verlassen hast. Was führt dich denn her?“

      „Ja, wirklich, ist schon eine Weile her. Ich … also, ich bin wieder da. Wegen der Hochzeit. Von Bridgett und Eric.“ Er wirkte reserviert, fast schüchtern. Auf jeden Fall sehr viel demütiger als damals. „Ich bin der Trauzeuge.“

      Ginger drückte die Farbrolle an die Wand. Was? Er war einer von Erics Trauzeugen? Sie würde das ganze Wochenende über in seiner Nähe sein?

      „Ich habe gehört, das wird die Hochzeit des Jahrzehnts.“ Ruby-Jane wedelte