Seewölfe - Piraten der Weltmeere 336. Roy Palmer. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Roy Palmer
Издательство: Bookwire
Серия: Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783954397334
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      Impressum

      © 1976/2017 Pabel-Moewig Verlag KG,

      Pabel ebook, Rastatt.

      eISBN: 978-3-95439-733-4

      Internet: www.vpm.de und E-Mail: [email protected]

       Roy Palmer

Angriff auf Fort St. Augustine

       Inhalt

       Kapitel 1

       Kapitel 2

       Kapitel 3

       Kapitel 4

       Kapitel 5

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       1.

      Langsam glitt die sechsriemige Jolle durch einen der schmalen Sumpfkanäle. Es war drückend heiß, kein Windhauch rührte die flirrende Schwüle auf. In dieser stickigen und feuchten Luft fiel selbst das Atmen schwer. Keiner der sieben Insassen des Bootes sprach ein Wort, es war nur das leise Geräusch zu vernehmen, mit dem die Riemenblätter ins Wasser tauchten und sich wieder daraus hoben.

      Bald wurde der natürliche Kanal so eng, daß nicht mehr gepullt werden konnte. Philip Hasard Killigrew, der Seewolf, gab seinen sechs Begleitern ein Handzeichen. Sie hielten mit der Arbeit an den Riemen inne und blickten sich mit mürrischen und mißmutigen Mienen nach allen Seiten um: Carberry, Gary Andrews, Matt Davies, Blacky, Jack Finnegan und Paddy Rogers, die nicht die Spur von Begeisterung für das Rohr- und Schilflabyrinth aufzubringen vermochten, in das sie sich begeben hatten.

      Carberry brach das Schweigen, indem er sich mit der linken Hand gegen die Wange klatschte und einen saftigen Fluch ausstieß.

      „Verdammte Moskitos!“ wetterte er. „Zum Teufel, wir holen uns hier noch das Sumpffieber oder sonstwas weg. Wir hauen am besten gleich wieder ab, ehe wir steckenbleiben oder im Morast versacken.“

      „Ganz meine Meinung“, sagte Blacky. „Außer Mücken, Blutegeln, Schlangen und Spinnen scheint es hier nämlich keine Lebewesen zu geben.“

      „Die Spanier müssen total verrückt sein“, sagte Matt Davies. „Sie haben diese beschissene Ecke Welt ‚La Florida‘ getauft, das Land der Blumen. Das hört sich nach Paradies und so an, aber in Wirklichkeit ist es eine Fieberhölle, wenn ihr mich fragt.“

      „Dich fragt aber keiner“, sagte Gary Andrews mit schiefem Grinsen. „Und falls irgendwo in diesem dämlichen Dickicht doch die Seminolen lauern sollten, bist du der erste, der einen Giftpfeil in die Gurgel kriegt – bei dem Geschrei, das du veranstaltest.“

      Hasard hatte sich von seiner Ducht erhoben und ausgiebig Umschau gehalten, jetzt nahm er wieder Platz.

      „In einem Punkt gebe ich euch recht“, sagte er. „Siedlungen scheinen sich hier nicht zu befinden, jedenfalls nicht in der Nähe. Wir sind die einzigen Menschen weit und breit. Aber wir sollten uns nicht gleich entmutigen lassen.“

      „O nein, das tun wir ja auch nicht“, sagte der Profos. Wieder landete seine Hand klatschend, diesmal auf seinem Halsansatz. Mit einer gemurmelten Verwünschung löste er die Mücke von seiner Haut, die er zerquetscht hatte, dann warf er erneut einen wütenden Blick zu den Myriaden von Moskitos, die sich in zitternden Wolken über den Sümpfen bewegten. „Wir haben eben nur ein bißchen Pech. Dauernd geraten wir in diese verfluchten Kalmen, und die Hitze ist so groß, daß sich die Planken der ‚Isabella‘ biegen. Sonst ist nichts los. Nicht mal ein lausiger Küstenschnapphahn läßt sich blicken, dem man die Haut in Streifen von seinem Affenarsch ziehen könnte.“

      „Mit anderen Worten, wir sterben noch vor Langeweile“, sagte Jack Finnegan.

      „Ich glaube, ich habe schon Fieber“, sagte Carberry düster.

      Hasard lächelte seinen Männern mit gespielter Herzlichkeit zu. „Gegen eure Leiden kenne ich aber die richtige Arznei. Erstens: Wir können tun, was ich bislang vermieden habe, weil die Flaute nie von Dauer war.“

      Blacky horchte auf. „Willst du – beide Boote ausbringen und die ‚Isa‘ in Schlepp nehmen? Bei diesen Temperaturen ist das aber eine höllisch schweißtreibende Arbeit.“

      „Ich sage das nur, weil ihr es offenbar sehr eilig habt“, sagte der Seewolf gelassen. „Sonst können wir meinetwegen auch die nächste Brise abwarten und solange unsere Umgebung auskundschaften, denn ich hatte mir eigentlich vorgenommen, diese Gegend so genau wie möglich kennenzulernen. Zweitens: Ed, wenn du dich krank fühlst, gebe ich dich in die Obhut Mac Pellews und des Kutschers, die werden dich bestimmt kurieren.“

      „Um Himmels willen, nein!“ stieß der Narbenmann entsetzt hervor, dann setzte er rasch ein Grinsen auf. „Ich hab’ doch nur Spaß gemacht. Mir geht es prächtig, und wenn du willst, pullen wir noch den ganzen Nachmittag über kreuz und quer durch diesen herrlichen Sumpf. Vielleicht gerät uns sogar noch ein alter Erpel vor die Muskete, dann haben wir frisches Wild zum Abendessen.“ Bedeutungsvoll klopfte er mit der Hand gegen den Kolben seiner Muskete, die er geladen und unter der Ducht verstaut hatte.

      Die anderen lachten, aber ganz wohl war ihnen dennoch nicht zumute. So ging es auch den Männern, die an Bord der „Isabella IX.“ auf die Rückkehr der Jolle warteten. Das Ziel, das sich der Seewolf bei dieser Reise gesetzt hatte, war recht vage. Keiner von ihnen war sicher, ob sie es auch wirklich erreichen würden. Sie waren zum ersten Male in Florida und wußten nicht, was sie hier erwartete. Gastfreundschaft würde es aber wohl auf keinen Fall sein, das stand für sie – nach all den Erfahrungen, die sie gesammelt hatten – fest.

      Im Grunde war es ein zumindest nur sehr schwierig zu verwirklichender Plan. Hasard wollte nach einem Indianerstamm suchen, der bereit war, Florida zu verlassen und auf die Caicos-Inseln überzusiedeln. Es gab einige Anhaltspunkte, die darauf schließen ließen, daß er mit der Verwirklichung seiner Idee Erfolg haben könnte. Doch andererseits war auch bekannt, daß die Seminolen, die in Florida hausten, ein grimmiger und angriffslustiger, ja, sogar blutrünstiger Menschenschlag waren.

      Freiwillig hatten sich die Männer der „Isabella“ nie zuvor auf die Suche nach Eingeborenen begeben, ganz gleich, wo sie den Anker geworfen hatten. Viel zu leicht handelte man sich einen Giftpfeil oder einen Speer ein, es war stets ratsam, zunächst vorsichtige Distanz zu wahren.

      Die „Heiden“, wie die Spanier und Portugiesen sie nannten, hatten in allen Teilen der Welt unliebsame Begegnungen mit den weißen Entdeckern, Forschern und Plünderern aus dem alten Europa gehabt, aus denen sie ihre Lehren gezogen hatten. So gesehen, war es eigentlich verständlich, daß sie auf überraschende Besuche nur feindselig reagierten.

      Folglich standen die Männer der „Isabella“ Hasards Vorhaben mit einiger Skepsis und höchst gemischten Gefühlen gegenüber, sie waren von dem Gelingen der Sache nicht überzeugt. Der Plan indes entsprang einer echten Notwendigkeit. Denn die Schlangeninsel war jetzt viel dichter bevölkert als jemals zuvor, und es traten ernstliche Versorgungsprobleme auf.

      Aus diesem Grund war der Seewolf mit der „Isabella IX.“ und seiner Crew zu den Caicos-Inseln gesegelt, um nach einem