Richter und Henker - Roland Benito-Krimi 8. Inger Gammelgaard Madsen. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Inger Gammelgaard Madsen
Издательство: Bookwire
Серия: Rolando Benito
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711739655
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      Inger Gammelgaard Madsen

      Richter und Henker

      SAGA Egmont

      Richter und Henker

      Aus dem Dänischem von Julia Pfeiffer nach

      Dommer og bøddel

      Copyright © 2015, 2018 Inger Gammelgaard Madsen und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711739655

      1. Ebook-Auflage, 2018

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      Auge um Auge – und die ganze Welt wird erblinden.

      Mahatma Gandhi

      1

      „Was zur Hölle ist los mit dir, Alter! Her mit dem Joint!“

      „Hört ihr das etwa nicht? Da ist doch jemand!“

      Maltes Stimme bebte – das tat sie immer, wenn sein Adrenalinpegel in die Höhe schoss. Er zupfte nervös an seiner grobgestrickten olivgrünen Mütze herum. Seine schiefe Nase lief. Sein Nasenbein hatte er sich einmal bei einem Skateboardunfall gebrochen, doch darauf war er stolz, denn seither ähnelte er Nikolai Valuev, wie er selbst fand. Rune wusste nicht einmal, wer das war. Er war kein besonders großer Fan des Boxsports. Doch er hatte die Poster in Maltes Zimmer gesehen und meinte auch, dass sowohl Nase als auch Augen des Boxers ihm zum Verwechseln gleichsahen.

      „Entspann dich, Mann. Hier ist niemand“, antwortete Christoffer ruhig, ohne von dem Geldstapel aufzusehen, den er gerade zählte.

      Rune öffnete ein Dosenbier und reichte es Malte.

      „Komm mal mit den Nerven runter, okay?“

      Geistesabwesend griff Malte nach dem Bier und tauschte es gegen den Joint. Er saß unruhig da, als schmerzte sein Gesäß auf dem harten Boden. Sie hatten ein kleines Feuer aus leeren Pizzakartons und anderem brennbaren Material angezündet, das trocken genug war, um von der Flamme aus Christoffers Feuerzeug entfacht zu werden.

      „Da ist doch jemand. Irgendwas knirscht. Könnt ihr das echt nicht hören? Das sind doch die in dem Auto da, die uns gefolgt sind.“

      „Ich hab’s dir schon zigtausendmal gesagt – niemand ist uns gefolgt, Malte!“, sagte Christoffer, sah diesmal aber auf und spähte in die Dunkelheit. Seine Augen blitzten unter dem Schatten seiner Baseballmütze hervor. Die Kapuze seines Sweaters, den er unter der Jacke trug, war darüber gezogen. Er sah wie ein Hip-Hopper aus. Rune konnte das Knistern der fettigen Pizzakartons im Feuer hören und trotzdem legte sich die Furcht wie eine kalte, klamme Hand auf seinen Rücken. Er nahm einen großen Zug vom Joint, um es zu vertuschen, und reichte ihn weiter an Christoffer.

      „Was ist mit diesem Severinsen …?“

      „Wer?“

      „Der eine, dem du das Pfefferspray ins Gesicht gesprüht hast. Was, wenn der jetzt …“, stammelte Malte weiter.

      „Der hat sich vor lauter Schmerzen zusammengerollt, hast du doch gesehen, oder? Der sieht jetzt keinen Scheiß mehr“, sagte Christoffer, gefolgt von einem unsicheren Lachen. „Freu dich lieber über die neuen Sneakers und hör auf zu flennen. Passen sie?“

      Alle drei hatten sie neue, teure Sneakers bekommen. Runes waren ihm ein wenig zu groß, denn es hatte keine Zeit zum Anprobieren gegeben.

      Christoffer sah Malte an, während er, den Joint im Mundwinkel, ein Gummiband um einen der Geldstapel wickelte. Ein heller Flaum zierte seine Oberlippe. Er war der Einzige von ihnen, der schon einen hatte – auch auf der Brust, was er ihnen stolz unter die Nase gerieben hatte. Immer wieder hatte er betont, dass er der Männlichste unter ihnen war. Doch er war schon immer der Anführer gewesen, daher änderte das nichts.

      „Wie viel Geld haben wir?“, fragte Rune, als Malte nicht antwortete und nervös in die Dunkelheit starrte. Im Schein des Feuers ähnelte er einem wilden Tier, das nachts vom Licht eines Autoscheinwerfers auf einer Landstraße getroffen wurde. Er hatte diesen Blick schon einmal zuvor an einem Fuchs gesehen, den sie beinahe überfahren hatten, als sie betrunken von einer Party auf dem Land nach Hause gefahren waren.

      „Nicht übermäßig viel. Heutzutage bezahlen wohl nur noch Rentner in bar. Und wie viele davon kaufen in so einem Laden ein? Aber genug, um am Samstag noch mal richtig Gas zu geben. Und die Sportsachen können wir immer noch für ein bisschen extra Cash verkaufen.“

      „Und der Bulle? Was ist mit dem?“, fuhr Malte mit so heiserer und leiser Stimme fort, dass sie ihn kaum hören konnten.

      „Das weiß ich doch nicht. Der hätte mich fast umgebracht. Ich bin verdammt noch mal derjenige, um den du dich sorgen müsstest!“

      Christoffer deutete verärgert auf seinen Arm, um welchen Rune hinten auf dem Autositz seinen Wollschal gebunden hatte, während Mads wie ein Wahnsinniger in dem gestohlenen Opel Corsa durch die Stadt gebrettert war und sich verfolgt gefühlt hatte.

      „Das war doch nur ein Kratzer“, sagte Rune, um die Wogen zu glätten.

      „Das ist mir scheißegal. Er hat auf uns geschossen, dieses dumme Schwein! Dafür soll er gefeuert werden. Wir waren unbewaffnet. Die hätten sich da raushalten sollen, diese beschissenen Bullenschweine!“

      „Ich finde jedenfalls, wir sollten uns jetzt aus dem Staub machen! Ich hab gesehen, wie sich da etwas bewegt hat“, stammelte Malte und machte Anstalten, aufzustehen.

      „Ach, halt doch die Fresse, Mann, du bist ja total paranoid. Du glaubst doch nicht, dass die herausgefunden haben, dass du es warst – ihre eigene Putze!“

      „Das werden sie nicht, Malte. Du hast dich im Hintergrund gehalten und dein Schal war die ganze Zeit um dein Gesicht gewickelt“, pflichtete Rune grinsend bei, als wäre das der Gedanke, der Malte an diesem Abend so nervös machte. Er hatte erst vor einigen Tagen diesen Job im Sportladen bekommen und es war seine Schwärmerei von den geilen Klamotten gewesen, die Christoffer auf die Idee mit dem Diebstahl gebracht hatte.

      „Aber wer macht diese Geräusche dann?“

      „Sind wohl ein paar Penner, die hier wohnen, oder die Kids hier im Viertel“, antwortete Christoffer ungeduldig.

      „Doch nicht so spät nachts …“

      „Dann ist es sicher nur Arne.“

      „Ich hab sein Mofa gar nicht gehört.“

      „Das kannst du hier drinnen gar nicht hören. Wo bleibt er eigentlich?“, sagte Rune und warf einen Blick auf seine Armbanduhr.

      „Er ist wohl nach Hause gefahren“, meinte Christoffer mürrisch.

      „Nein, es war abgemacht, dass er hierherkommt. Er will bestimmt seinen Anteil“, antwortete Rune.

      Tief drinnen hoffte er, dass Arne nicht mehr auftauchen würde. Er zerstörte immer die Stimmung und er mochte ihn nicht, er war einfach nicht wie die anderen. Nicht ganz normal und daher nicht vertrauenswürdig. Er brüstete sich damit, dass er schon jede Menge Häuser angezündet und fast eine gestörte Journalistin umgebracht hätte, dass ihm die Polizei aber nichts nachweisen konnte. Das fanden die anderen cool, darum war er ein Teil der Gang. Er hatte es nicht mehr zum Auto geschafft und sollte auf dem Mofa selbst herfahren. Vielleicht bereute er das Ganze, nach dem dramatischen Erlebnis im Sportladen, in dem es anders gelaufen war als geplant.

      „Jedenfalls ist es nicht er, den ich höre.“ Malte war panisch. „Ich kann da draußen auch Schatten sehen.“

      „Hier,