Ein genialer Rebell - Christian Friedrich Daniel Schubart 1730-1791. Utta Keppler. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Utta Keppler
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711708538
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      Utta Keppler

      Ein genialer Rebell - Christian Friedrich Daniel Schubart 1730-1791

      Saga Egmont

      Ein genialer Rebell - Christian Friedrich Daniel Schubart 1730-1791

      Copyright © 1982, 2017 Utta Keppler und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S

      All rights reserved

      ISBN: 9788711708538

      1. Ebook-Auflage, 2017

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com

      Die forelle

      Von Christian Friedrich Daniel Schubart

      In einem Bächlein helle,

      Da schoß in froher Eil

      Die launige Forelle

      Vorüber wie ein Pfeil

      Ich stand an dem Gestade

      Und sah in süßer Ruh

      Des muntern Fisches Bade

      Im klaren Bächlein zu.

      Ein Fischer mit der Rute

      Wohl an dem Ufer stand

      Und sah’s mit kaltem Blute,

      Wie sich das Fischlein wand.

      So lang dem Wasser Helle,

      So dacht ich, nicht gebricht,

      So fängt er die Forelle

      Mit seiner Angel nicht.

      Doch plötzlich ward dem Diebe

      Die Zeit zu lang. Er macht

      Das Bächlein tückisch trübe,

      Und eh ich es gedacht,

      So zuckte seine Rute,

      Das Fischlein zappelt dran,

      Und ich mit regem Blute

      Sah die Betrogne an.

      Die ihr am goldnen Quelle

      Der sichern Jugend weilt,

      Denkt doch an die Forelle;

      Seht ihr Gefahr, so eilt!

      Meist fehlt ihr nur aus Mangel

      Der Klugheit. Mädchen, seht

      Verführer mit der Angel!

      Sonst blutet ihr zu spät.

      Frühe Schuld

      „Christian und Conrad!“ sagte der Forstmeister Hörner aus Sulzbach und nahm den Dreispitz aus dem Schrank, „ihr zwei bleibt schön still daheim und macht mir keine Flegeleien, wie’s euch der Vater schon geheißen hat!“ Er wandte sich um. „Wir gehen derweil, ’s ist Zeit jetzo!“

      Christian machte eine ungeschickte Verbeugung. „Ja, gewiß, Herr Großvater!“ antwortete er gehorsam; der kleinere Conrad schaute stumm auf den zehnjährigen Bruder. „Gewiß!“ wiederholte er etwas zu spät, während der Forstmeister schon zur Tür ging. „Jakob!“ rief er hinaus, „komm, wir müssen aufbrechen, so ich als Gast mit dir auf ein Aalener Fest soll, mag ich mich nicht verspäten – oder hast du über dem Notenblatt die Hochzeitsladung vergessen?“

      Jakob Schubart, der Vater der Buben, erschien im Türrahmen, ein großer kräftiger Mann mit roter Gesichtsfarbe. Er war Diakon, Präzeptor und Organist der Aalener Gemeinde. „Hab das Präludium notiert, so ich nächstens spielen will!“ entschuldigte er sich, „der Herr Schwiegervater mag sich doch einen Augenblick gedulden, ich muß nur noch den Festrock anziehen!“ Damit verschwand er.

      Die Kinder standen ehrfürchtig dabei, als der Forstmeister ungeduldig hin und her ging. Er trug seine grüne Uniform mit den silbrigen Knöpfen, hatte den Zopf frisch gewachst und die Schläfenlocken gepudert, so daß ein Flor von weißem Mehl auf seinen Rockkragen stäubte, als er jäh den Kopf hob. „Euer Vater hat’s immer mit der Musika!“ murrte er ärgerlich, „die ihm doch wenig genug einbringt!“

      „Der Herr Vater singt sehr schön!“ sagte Christian vorlaut. Hörner fuhr auf und stieß an einen Stuhl; es gab ein schepperndes Geräusch. „Da hätt ich schier meine Pistolen auf den Tanz genommen!“ rief er erschreckt und griff in die hinteren Taschen. „Die wären mir etwa unversehens losgegangen, so ich getanzt hätt!“ Er nahm die beiden Waffen, unförmig große schwere Instrumente, aus den Schoßtaschen und legte sie aufs Klavier, ohne die neugierigen Augen der Buben zu beachten.

      Jetzt kam der Sohn wieder herein, flüchtig hergerichtet und vor Eile schnaufend. Jakob warf einen raschen Blick auf seine Kinder, rief ihnen einen Gruß zu an die Mutter, auf die er nicht mehr warten könne, und war noch vor dem Alten draußen.

      Christian nahm die Hände auseinander, die er wohlerzogen gefaltet hatte, streckte sich auf die Zehenspitzen und winkte dem Brüderchen. „Da! Schau aufs Klavizimbel! Sie liegen noch droben!“

      „Was?“ machte Conrad ungläubig, „und der Herr Vater hat nichts gemerkt!“ Er staunte den Älteren an, der schon höher hinaufreichte als er. „Lupf mich, Christel, ich möcht’s sehen!“

      „Du bist mir zu schwer, du Klotz, aber ich will’s selber einmal untersuchen!“ Er kletterte auf einen der massigen Stühle, den er sich ans Klavier gerückt hatte, und nahm ein Terzerola herunter. „Das Mordstrumm!“ flüsterte er anerkennend, „wiegt soviel wie … wie …“ – es fiel ihm kein rechter Vergleich ein – „wie ein Krautkopf!“ beschloß er endlich.

      Conrad stand unter ihm. „Laß doch sehen!“

      „So hält man’s vor sich!“ erklärte der Ältere und legte den Finger an den Abzug, wobei er die Waffe mit der Linken stützte.

      „Kannst schießen?“ forschte der Kleine begierig.

      Christian Schubart wog das wackelnde Stück in der Rechten, hob es und schielte über die Kimme. „Weiß nicht“, murmelte er zögernd, „ist ja auch nicht geladen.“

      „Ein Forstmeister trägt doch keine leere Pistol herum“, renommierte Conrad. „Paß auf, wenn’s knallt, wie laut das tut.“

      Christians Augen blitzten. Er wurde rot. „Soll ich?“ fragte er beinahe beschwörend, und der Kleine schrie: „Schieß!“

      Christian sprang vom Stuhl. Er stand einen Augenblick wie entrückt und richtete langsam den Lauf auf den Bruder. Unbewußt krümmte er den Finger: Donnerkrachen – Rauch – polternd fiel die Pistole zu Boden. Conrad taumelte und stürzte. Christian – zu Tode erschrocken – über ihn.

      Der Kleine wälzte sich zur Seite, sein blasses Gesicht zuckte. „Bin ich verschrocken!“ stammelte er und kroch auf den Bruder zu. Aber der stieß ihn weg und bäumte sich; sein Mund war verzerrt.

      „Christian!“ jammerte der Kleine, „hat’s dich erwischt?“

      „Ich bin ein Mörder!“ kreischte Christian außer sich, „ich, ich!“ Er merkte nicht, daß der Bruder unversehrt auf ihn einredete, sah nicht, daß nur sein abstehendes Fräcklein seitlich gestreift worden war, und daß die zwei Kugeln in der Bettlade des Nebenraumes steckten.

      Conrad fing an, laut zu weinen; er schluchzte seinen Schrecken heraus, die Händchen gegen die Augen gedrückt. Als er aufsah, war Christian verschwunden.

      Helene Schubartin rannte auf den Knall hin die Treppe herauf, stolpernd und keuchend, und kam todbleich herein; der Sechsjährige