Mata Hari I. Effes. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Effes
Издательство: Bookwire
Серия: Erotika-Reihe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711717325
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      Effes

      Mata Hari I

      SAGA Egmont

      Mata Hari I

      Copyright © 1995, 2018 Effes

      All rights reserved

      ISBN: 9788711717325

      1. Ebook-Auflage, 2018

      Format: EPUB 2.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach

      Absprache mit der Verlag gestattet.

      Vorrede

      Als am 14. Oktober 1917 die Spionin H.21, genannt Mata Hari, im Hofe der Festung Vincennes vor dem Peloton des 26. französischen Jägerbataillons stand, das die Gewehre auf diese ebenso schöne als mutige Frau angelegt hielt, und als nach dem Kommando seines Oberleutnants den in mehr als einer Hinsicht berühmten Körper elf Kugeln durchbohrt hatten, glaubte alle Welt, daß nun dieser Leib der Vergessenheit anheim fallen würde. Er hatte viele erfreut; er hatte aber auch viel Schuld auf sich geladen und deshalb wurde er schließlich gerichtet. Aber eines hatte weder die Prüderie noch die Justiz erreicht: Die Vernichtung des Andenkens. Nach dem Tode dieser merkwürdigen Frau spach man fast mehr von ihr, als man es zu ihren Lebzeiten getan hatte und unseren Tagen blieb es sogar vorbehalten, eine Entdeckung zu machen, die sie auf sehr lange Zeit der Vergessenheit entreißen dürfte.

      Es sind die Tagebücher, die intimen Aufzeichnungen, die jetzt, nach vielen Jahren, aus den Tiefen eines Pariser Archives ausgegraben wurden und nun zum erstenmal das Licht der Öffentlichkeit, allerdings auch jetzt nur in beschränktem Maße, erblikken. Ob die berühmte Tänzerin und Spionin die einzelnen Teile desselben bis zu ihrem Tode bei sich behalten konnte oder ob diese Bruchstücke durch eine bestimmte Persönlichkeit gesammelt oder zustandegebracht worden sind, ist nicht mehr zu ermitteln. Als Tatsache kann angenommen werden, daß die bereits reichlich vergilbten, unscheinbaren Blätter bis vor kurzem zwischen verstaubten Akten in einem Depot der Rue des Archives zu Paris schlummerten. Lediglich an Hand des Zettels, der dem Faszikel beigeheftet war, konnte man feststellen, daß es sich um ein verworfenes Aktenbündel handeln mußte, einem der hohen Beisitzer des Conseil de guerre gehörig, der den aufsehenerregenden Prozeß gegen die Spionin „H 21“ geführt hatte.

      Der erstaunte Finder dieses Schatzes teilte seine Entdeckung einem befreundeten Journalisten mit, der nach flüchtiger Einsichtnahme erkannte, daß es sich lohnen würde, davon eine Sonderausgabe herauzugeben. Infolge besonderer Umstände sieht sich die Amsterdamer Verlagsdruckerei, die die Herausgabe übernommen hat, in der Lage, gleichzeitig mit der französischen auch eine, allerdings äußerst beschränkte deutsche Ausgabe herstellen zu lassen.

      Eigentlich sind es mehrere Tagebücher, recht ausführliche, völlig ungeschminkte Bekenntnisse, geradezu erstaunliche Beichten, die die berühmte Frau, spontan ihrer Eingebung folgend und noch unter den frischen Eindrücken stehend, niedergeschrieben hat; Blätter voll unglaublich lebenssprühenden Ausdrucks, in rousseauischer Selbstentblößung, immer rückhaltlos offen und nichts beschönigend, nichts verschweigend. Sie reflektieren mit Spiegeltreue, ebenso realistisch als überzeugend, die einzelnen Epochen dieses an Sensationen wahrlich nicht armen Daseins wider, das die komplizierten Charaktere einer „grande amoureuse“ und unergründlichen Sphinx, eines liebestollen Weibes und berechnenden Dämons vereinigt. Diese Tagebuchblätter wurden in den verschiedensten Epochen ihres Lebens verfaßt und unterscheiden sich untereinander, stilistisch und dem Inhalt nach, genau so wie die einzelnen Schicksalsphasen, die diese merkwürdige Frau gelebt hat, die krassesten Gegensätze aufweisend und wie die aneinander gereihten Lebensbeichten mehrerer Frauen – durchaus keiner Durchschnittsnaturen – anmutend. Welche Höhen, welche Tiefen kannte diese Spielerin! Die immer alles einsetzte, um alles gewinnen zu können und die ihr niedrigstes Spiel stets mit ihrem Körper zu zahlen bereit war, ja, die ihre höchste Partie mit dem Leben beglich, nach all diesen heißen, unter dem Hochdruck der Sinne dahinströmenden Jahren zur Begleichung der letzten Ehrenschuld furchtlos ihr Herz den Gewehrschlünden darbot … Mata Hari war „beau joueur“ – sie lächelte und bezahlte. Welch ein Schicksal! Es ist kein Wunder, daß gerade das Abenteuer dieses irritierenden Lebens in ungezählten Romanen eingefangen wurde, daß gerade diese so sehr im Zwielicht stehende Gestalt einer großen Tänzerin, Spielerin und Erotikerin immer wieder dem Spießer im süßlichen und abgegriffenen Klischee dargeboten wurde. Unzulänglich und vollkommen mißverstanden. Man kannte eben die geheimen Blätter nicht, die hier erstmalig die Öffentlichkeit unterrichten sollen, welch heißes Herz in dieser liebestollen Brust, in diesem brünstigen Leib geschlagen hat, von dem so lange niemand wußte, ob es einer geheimnisvollen Tempeltänzerin des fernen Java – oder einer nüchternen Friesin, einer Tochter des illusionslosen Nordens gehörte. Wie anders schildern uns die wahren, diese echten und wirklich intimen Tagebücher die Heldin so vieler Erlebnisse! Und wir erleben endlich die innerliche Mata Hari, nicht nur die Tänzerin und die Spionin, nein: die Frau, ungeschminkt und hüllenlos, die Frau, wie sie nicht einmal ihre Liebhaber kannten. Wir sehen sie nackter als sie es bei ihren schon legendär gewordenen Tänzen war, wir lernen ihren Körper kennen, bis ins kleinste, geheimste Fältchen, wie ihn selbst die erste Reihe ihres staunenden, zeitgenössischen Publikums trotz schärfster Gläser, trotz hellsten Rampenlichtes nicht zu erspähen vermochte … Wir stellen staunend fest, wie ungeheuer realistisch diese Frau zu schreiben imstande war. Wie überzeugend klingt die Erklärung ihres hemmungslosen Trieblebens, das sie unter anderem immer wieder veranlaßte, sich bei jeder Gelegenheit gänzlich zu entkleiden, um – auch vor gänzlich Fremden – einen plötzlichen pantomimischen Einfall zu skizzieren. Diese Tagebücher reichen von den ersten Stilproben des Backfisches, der in der prüden holländischen Kleinstadt heranwächst, bis zu den letzten Aufzeichnungen der großen Kurtisane. Aber dazwischen liegen Romane. Eine unglaubliche Ehe, ein Leben in Indien, Triumphjahre in Paris und in den anderen Großstädten des Ruhmes, die unergründliche Geschichte geheimnisvoller Beziehungen … Leidenschaft und Wollust, Höhepunkte künstlerischer Freuden, Ekstasen zügelloser Sinnenlust, Ehrgeiz, in Abgründe abgleitend – zwischen diesen Polen schwankt eine glühende, brünstige Seele. Nichts ist ergreifender und aufrüttelnder als diese Blätter, die in so überdeutlicher Sprache die Wandlung einer Frauenseele aufzeigen.

      Kein noch so libertiner Schriftsteller Frankreichs würde es wagen, diese Ausdrücke, diese köstlichen detaillierten Schilderungen niederzuschreiben, von denen jede Seite der – allerdings nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Tagebuchblätter berichten. Einmal ist es die junge Frau, die „um ihren Mann etwas bieten zu können“, die Eindrücke und Verirrungen der Pubertätsjahre schildert, einmal ist es die geschundene Frauenseele, der gepeinigte, gequälte Körper, dann kommt die heranreifende Künstlerin auf ihre Erfahrungen mit der Fauna der Pariser Lebewelt zu sprechen, um als saturierte Liebeskünstlerin die letzten Geheimnisse zu lüften, und schließlich kommt die mysteriöse Freundin eines Thronfolgers und des Chefs der Spionage einer großen europäischen Macht zu Worte. Aber das Erstaunlichste bildet die Lebendigkeit ihres Stiles, die Gewandtheit ihres Ausdruckes, von einer Weitherzigkeit und von einer vor nichts zurückschreckenden Lust am Detail erfüllten Schreibweise, die dieses Memoirenwerk zum aufschlußreichsten Beitrag weiblicher Psyche machen. Vom Naiven bis zum Abwegigen, es gibt nichts, was von dieser Frau nicht versucht, ausgekostet, beschrieben worden wäre …

      Der Herausgeber

      I. Die Legende …

      Paris, im Mai 190 … Nun bin ich meiner Rolle ganz sicher. Die Nervosität, die mich anfangs immer beschlich, wenn ich auf meine „eigentliche Heimat“, das geheimnisvolle Indien, zu sprechen kam, ist verschwunden. Ich bin geschmeidig in mein zweites Ich geschlüpft, es restlos ausfüllend. Es sitzt nun da vor diesen Leuten, die Mund und Augen aufsperren, füllt seine Haut prall aus und sonnt sich behaglich, ohne jede Spur von Angst, man könnte ihm nicht jedes Wort glauben, auch nur eines in Zweifel ziehen. Ich befürchtete noch vor kurzem, meine Inkarnation würde auf die Pariser, diese geborenen Skeptiker, lediglich als Bluff wirken, als Saisonsensation, wie das Kuplet des Jahres oder wie die große Attraktion im Olympia … Nichts dergleichen. Und mein Tanz? Haben sie ihn auch nur begriffen, können sie auch nur seine choreographischen Umrisse sinnlich wahrnehmen – oder werden