Der Misanthrop. Moliere. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Moliere
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783985229055
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reden über ihn gleichgültig kühl.

      Potz Wetter, das ist elend, feig, gemein,

      Die eigne Seele so mit Schmutz zu mengen,

      Und sollte mir das widerfahren sein,

      Ich eilte, mich vor Ekel aufzuhängen,

      Philint. Je nun, mir scheint der Fall nicht hängenswert;

      Ich bitte Sie recht freundlich um die Liebe,

      Daß mir für diesmal Gnade widerfährt,

      Und daß ich's mit dem Hängen noch verschiebe.

      Alcest. Wie schlecht doch dies Gewitzel Ihnen steht!

      Philint. Im Ernst – ich weiß nicht, was Sie wollen.

      Alcest. Die Wahrheit will ich; dem Charaktervollen Entschlüpft kein Wort, das nicht von Herzen geht.

      Philint. Wenn jemand uns mit Freundesgruß begegnet,

      Dann mein' ich, daß man sich erkenntlich zeigt,

      Zu seiner Liebenswürdigkeit nicht schweigt

      Und ihn für seinen Segen wieder segnet.

      Alcest. Unleidlich ist mir dieser feige Schacher,

      Den ihr zum guten Ton gehören laßt!

      Nichts ist mir so im Innersten verhaßt

      wie diese kunstgerechten Phrasenmacher,

      Die Schmeichler, stets zum Liebesgruß bereit,

      Die uns mit leerem Redeschwall bedecken,

      Die mit derselben süßen Höflichkeit

      Den ernsten Mann behandeln wie den Gecken.

      Was frommt es noch, wenn jemand hoch und hehr

      Uns Treue schwört, Hingebung, Freundesglut,

      Mit Lob uns überschüttet und nachher

      Dem ersten besten Tropf ein Gleiches tut?

      Wer noch gesund empfinden kann,

      dankt für solche feilgebotnen Ehren,

      Und wenn sie noch so überschwenglich wären,

      Der teilt nicht gern mit jedermann.

      Auf ein Verdienst muß sich Verehrung gründen:

      er jeden achtet, achtet keinen;

      Und weil auch Sie der Knecht sind dieser Sünden,

      Drum sind wir fertig – ein für allemal.

      Mir widerstrebt's, mich Leuten zu vereinen,

      Die sich verschenken ohne Wahl.

      Ich fordere, daß man mich höher stellt;

      Der Allerweltsfreund kann mir nicht genügen.

      Philint. Wir leben doch nun einmal in der Welt,

      Und ihren Sitten müssen wir uns fügen.

      Alcest. Brandmarken, sag' ich, muß man ohn' Erbarmen

      Dies falsche Händedrücken und Umarmen.

      Ein Mann sei männlich, und in jedem Fall

      Soll er in seinem Wort sein Denken spiegeln;

      Nie soll des Herzens echter Widerhall

      Mit leeren Floskeln sich verriegeln.

      Philint. Doch was die Offenheit zum Lohn erhält,

      ist meistenteils Verfolgung und Gelächter,

      Und manches Mal, Herr Weltverächter,

      Verlangt die Klugheit, daß man sich verstellt.

      Ist's schicklich, ist es wohlerzogen,

      Wenn man zu jedermann die Wahrheit spricht?

      Und wenn ich einem Menschen nicht gewogen,

      Soll ich es ihm bekennen ins Gesicht?

      Alcest. Ja!

      Philint. Würden Sie der alten Schönheit sagen,

      Daß es in ihren Jahren nur empört,

      Wenn Frau'n sich schminken und kokett betragen?

      Alcest. Gewiß!

      Philint. Dem Dorilas, wie sehr es jeden stört,

      Wenn er bei Hof mit prahlender Betonung

      Von seinen Taten, seinen Ahnen spricht?

      Alcest. Jawohl!

      Philint. Sie scherzen.

      Alcest. Nein, ich scherze nicht

      Und kenn' in diesem Punkte keine Schonung.

      Was Hof und Stadt mir vor die Augen brachte,

      Reizt mir die Galle, raubt mir meinen Schlummer,

      Und Schwermut überfällt mich, tiefer Kummer,

      Wenn ich das Treiben dieser Welt betrachte.

      Ich sehe, wie ich meinen Blick auch schärfe,

      Nur Unrecht, Selbstsucht, Lüge, falschen Sinn;

      Mir wird's zu viel; es macht mich toll; ich werfe

      Dem ganzen Menschenvolk den Handschuh hin.

      Philint. Das ist ja lächerlich: Sie nehmen's allzu schwer

      Mit ihrem philosoph'schen Herzeleide! –

      Paßt nicht vortrefflich auf uns beide

      Die »Ehemännerschule« von Molière,

      Wo auch zwei Brüder...

      Alcest. Törichter Vergleich!

      Philint. Nein, wirklich, sparen Sie die Zorngebärden.

      Die Welt wird deshalb doch nicht anders werden,

      Und weil der Freimut gar so tugendreich,

      Drum sag' ich Ihnen frei heraus:

      Dies all ist krankhaft, und man lacht Sie aus.

      Ja, solch ein unbarmherz'ger Menschenfresser

      Macht sich zum Narren überall.

      Alcest. Potz Wetter – um so besser, um so besser!

      Das freut mich äußerst, das ist grad mein Fall.

      Gält' ich dem Volk für einen weisen Mann,

      Das würde mich verzweifeln lassen.

      Philint. So bitter klagen Sie die Menschheit an!

      Alcest. Ich lernte sie aus tiefster Seele hassen.

      Philint. Hat denn Ihr Grimm die armen Erdenseelen

      In Bausch und Bogen ausnahmslos verdammt?

      Ich denke doch, daß Männer uns nicht fehlen...

      Alcest. Die Menschen hass ich, alle – insgesamt:

      Die einen, weil sie falsch und ränkevoll,

      Die andern, weil sie Falschheit höflich dulden,

      Statt sie zu geißeln mit dem tapfern Groll,

      Den sie der Tugend und sich selber schulden.

      Hilft dies Vertuscheln nicht sogar zum Siege

      Dem Schuft, mit dem ich im Prozesse liege?

      Man kennt die Maske, die er umgehangen,