Ein Liebestraum. Napoleon I. Gräfin von Walewska. Robert Heymann. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Robert Heymann
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9788711503539
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      Robert Heymann

      Ein Liebestraum.

      Napoleon I.

      Gräfin von Walewska

      Historischer Roman

      Mit 16 Abbildungen.

      Saga

      Ein Liebestraum. Napoleon I. Gräfin von Walewska

      © 1910 Robert Heymann

      Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

      All rights reserved

      ISBN: 9788711503539

      1. Ebook-Auflage, 2016

      Format: EPUB 3.0

      Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

      SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

      Vorwort.

      Ich habe in meinem Leben zwei Frauen geliebt — sagte Napoleon auf St. Helena. Gemeint sind Josefine Beauharnais und Maria Walewska. Jene wurde seine Gattin im besten Sinne. Diese Geliebte in edelster Form. Die Geliebte war der Gattin überlegen, stärker als beide aber blieb die Staatsraison.

      Sie bildet den Konflikt in einer Liebe, die ebenso menschlich wie genial war. Zwei Menschen verschiedener Rassen, Halbgott und Naturkind, jener mit dem Schwert des Königs Ahasver, diese die Epigonin uralten, konservativen Adels, begegnen sich im Trubel einer weltbewegenden Umwälzung. Aus dem Spiel wird Leidenschaft, die Intrigue der polnischen Gräfin wächst sich zu einer gewaltigen politischen Sinfonie aus, unter deren Wucht Europa erzittert: zu dem grossen Feldzug von 1812.

      Der weisse Schrecken ist das Ende. Der Sturz des Imperators folgt. Und ferne dem felsigen Eiland im Weltmeer, wo der Kaiser hinwelkt, erlischt die seltsame Liebe der Frau, die selbst Napoleon gegenüber in ihrem Wesen Jungfrau blieb. Der Cäsar stirbt während eines wilden Orkans, die sanfte Heldin Polens sinkt still und friedlos in das Dunkel der Vergessenheit.

      Sie ist ganz Romanfigur: mild, schwankend, jedem Konflikt seelisch ergeben. Napoleon, die erzene Augustusgestalt, unmodellierbar, Schicksale meisselnd.

      Ich habe versucht, aus den Gestalten, Geschehnissen und Dissonanzen einen Roman zu formen. Ich habe alles vermieden, was durch Erfindung das klare historische Gemälde beirren könnte.

      So hoffe ich, Napoleon und die Walewska so geschaffen zu haben, wie sie waren, durch die Vergangenheit verklärt, die beiden einstmals nicht genug Gerechtigkeit widerfahren liess.

      Die in dem Buche enthaltenen Abbildungen sind dem im Verlage von Georg Müller in München erschienenen Werke: „Gertrude Kircheisen, Die Frauen um Napoleon“ entnommen.

      Der Verfasser.

      1.

      Seit einer Stunde harrte die Elite des polnischen Adels auf Napoleon. Die hell erleuchteten Säle waren von den Trägern der berühmtesten Namen gefüllt. Der Grosskämmerer von Lithauen, von Posen zurückgekehrt, wo er dem französischen Kaiser die polnische Gesandtschaft vorgestellt hatte, stand in seinem goldstrotzenden und reichen Ornate da, umgeben von den Grosswürdenträgern Polens, um den Mann zu begrüssen, den ganz Warschau wie einen Halbgott verehrte. Erwartete man doch von ihm die Erfüllung des heissesten Wunsches Polens: Die Wiederaufrichtung des Königtums.

      Die schönsten Frauen des zertrümmerten Reiches Lessczynskis gaben sich ein Stelldichein: Die ehemalige Gräfin Tyskiewicz, die jetzt als Gräfin Potocka durch ihren Gatten nicht geringen Einfluss in dem neugegründeten Grossherzogtum besass. Sie war eine Schönheit von ungewöhnlicher Pikanterie, in der sich die unverfälschte slavische Rasse kennzeichnete. Sie hatte Napoleon bereits bei seinem ersten Einzug in Warschau gesehen, vor vierzehn Tagen, ehe der russische Feldmarschall Kamenskoi den Kaiser zu den Schlachten bei Czarnowo, Nasielsk, Kursomb, Lobachizyn, Golymin und Pultusk herausgefordert und von ihm und seinen Marschällen geschlagen worden war.

      Der unbeschreibliche Eindruck, den Napoleon auf den beweglichen Geist dieser jungen Gräfin gemacht hatte, kam in den Worten zum Ausdruck, die sie an Frau von Vauban richtete, dieselbe, welche eine Enkelin des grossen Vauban war, der 57 Jahre Soldat gewesen und in dieser Zeit an 53 Belagerungen und 140 Gefechten teilgenommen hatte:

      „Ich befinde mich in einer unbegreiflichen Aufregung. Wenn der Kaiser nur endlich käme, dass diese Spannung schon vorüber wäre!“

      Darauf Frau von Vauban, die nicht mehr ganz jung war, denn sie befand sich bereits unter dem enthaupteten Ludwig XVI. am Pariser Hof, mit einem leisen Lächeln, durch das versteckte Ironie schimmerte:

      „Wer weiss! Wenn Sie den Kaiser erst näher kennen ..“

      „Ich werde nie mein Urteil über ihn ändern! Man kann nur schwer verstehen, wie tief und unerwartet der Eindruck ist, den man von ihm empfängt. Ich erlebte eine Art Betäubung, eine wortlose Ueberraschung, ähnlich der, wie man sie empfinden mag, wenn man ein Wunder sieht. Es war mir, als schwebe ein Heiligenschein um sein Haupt. Der einzige Gedanke, den ich ausdenken konnte, als ich mich von meinem Erstaunen erholt hatte, war, dass ein solches Wesen unmöglich sterblich sein könnte, dass ein so mächtig organisierter Geist, ein so grosses Genie niemals aufhören könnte, zu sein. In meinem tiefsten Innern verlieh ich ihm eine doppelte Unsterblichkeit!“

      Frau von Vauban war durch diesen spontanen Ausbruch der Begeisterung weniger überrascht, als es bei ihrer etwas skeptischen Natur zu erwarten war. Uebrigens stand sie selber kaum weniger als alle andern unter dem machtvollen Einfluss des Kaisers, der alle Herzen erbeben liess. War sie doch die nahe Freundin des Fürsten Poniatowski, der in unerschütterlicher Treue an Bonaparte hing. Er war es gewesen, der vor 13 Jahren unter Kosciuszko für die Freiheit Polens gekämpft und Warschau gegen die Preussen verteidigt hatte. Noch lebten in seiner Erinnerung die furchtbar blutigen Tage nach dem 5. November, wo Praga von den Russen unter Suwarow gestürmt und alle Bewohner niedergemetzelt worden waren. Jetzt, nachdem Napoleons Adler Preussen niedergerungen, hatte ihn die provisorische Regierung zum Kriegsminister ernannt.

      Auch er erwartete in voller Gala den Kaiser, neben ihm der siebzigjährige, steife Graf Anastasius Colonna Walewicz-Walewski, dem seine reizende Gemahlin zu Hof gefolgt war.

      Graf Potocki, der zwei Jahre für Polen in dem Schlüsselburger Staatsgefängnis hatte schmachten müssen, unterhielt sich mit dem Grafen Lassczinski, dem Bruder der Gräfin Walewska, über die Aussichten, welche Polen nach Zertrümmerung der preussischen Heere und der Niederlage der russischen Truppen hatte. Doch ausser diesen Trägern grosser Namen waren noch die bedeutendsten Helden der polnischen Geschichte seit den Kämpfen Polens gegen Russland zugegen. Die Begründer der polnischen Liga: Dombrowski, Held von Casabianca, und Wybicki, dessen Name seit dem berühmten Reichstag von 1768 für immer mit der Geschichte Polens verknüpft ist, beide Generäle Napoleons. General Kniaziewitz, der sich in der Schlacht bei Dubienka das Ritterkreuz erfochten und den Sieg bei Hohenlinden bewirkt hatte, war aus der Stille seines Landgutes nach Warschau geeilt, um dem Befreier Polens zu huldigen.

      In dieser glänzenden Versammlung, zwischen den schönsten Frauen Polens, von denen Napoleon selbst nach Paris geschrieben hatte, sie seien alle Französinnen, fielen natürlich Gestalten wie der berühmte Davoust und Marschall Ney auf. Sie waren gekommen, die glänzende Suite ihres Kaisers zu vervollständigen. Jener war seit seinem berühmten Angriff gegen die Preussen im verflossenen Jahre Herzog von Auerstädt, dieser, der Sohn eines württembergischen Böttchermeisters, seit der Uebergabe Ulms Herzog von Elchingen. Soult war erst seit kurzem Marschall und hatte sich noch nicht die blutigen Lorbeeren von Corunna verdient. Davoust war der Held dieses Abends, denn er war es gewesen, der mit seinem tapferen Korps den Erbfeind Polens, die Russen, bei Czarnowo vor acht Tagen geworfen hatte. Sein Untergeneral Petit war nicht zugegen. Er hatte im Mondschein die russischen Redouten an der Brücke des Bug mit dem Bajonett gestürmt.

      Aber