Emil Rathenau und das elektrische Zeitalter. Felix Pinner. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Felix Pinner
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 4064066112011
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Persönlichkeiten der deutschen Elektrizitätsindustrie, und darum seien seinem ungewöhnlichen Lebens- und Entwicklungsgang einige Worte gewidmet. Schuckert hat keine Ingenieurbildung erhalten, sondern er stammte aus ganz einfacher Mechanikerlaufbahn, und ist in dieser Hinsicht von allen bekannten Persönlichkeiten der deutschen Elektrizitätsindustrie am meisten Halske ähnlich. Während dieser aber alles, was er geworden ist, seinem Sozius Siemens verdankte, dessen fortreißende Persönlichkeit den für bescheidene Verhältnisse Geschaffenen über die ihm sonst gesetzten Grenzen hinaushob, ohne ihn doch auf der erreichten Höhe heimisch machen zu können, besaß Schuckert die Energien des Auftriebs in sich selbst. In einer mechanischen Werkstätte seiner Vaterstadt Nürnberg duldete es ihn nur gerade die drei Lehrjahre. Dann ging er auf die Wanderschaft durch eine Reihe von größeren deutschen Städten. In Berlin arbeitete er eine Zeitlang im Betriebe von Siemens & Halske. Allmählich brachte er es bis zum Werkmeister, die Mußestunden, die ihm seine Berufsarbeit ließ, zu seiner technischen Fortbildung benutzend. Sein Wandertrieb führte ihn schließlich nach Amerika, wo er auch bei Edison tätig war. Im Jahre 1873 kehrte er nach Nürnberg zurück, wo er eine kleine Werkstätte errichtete und sich mit der Reparatur von Nähmaschinen und der Herstellung von Instrumenten und Apparaten beschäftigte, die er zum Teil selbst konstruierte oder verbesserte. Seine Fabrikate verleugneten nicht den Fachmann, der die Elemente der Feinmechanik nicht nur technisch, sondern auch handwerklich bis ins Kleinste studiert hatte. Im Jahre 1875 baute er seine erste Dynamomaschine, und die vorzüglichen Eigenschaften, die sie besaß, schufen seinen Erzeugnissen Ruf, seinem Geschäft die Grundlage für den Aufschwung. Auch die Bogenlampe und später die Glühlampe traten hinzu, wodurch sich das Unternehmen allmählich zum größeren elektrotechnischen Etablissement auswuchs, das in Alexander Wacker einen tüchtigen Kaufmann fand, der die technische Arbeit Schuckerts so lange glücklich ergänzte, als er sich nicht zu unbeherrschten Experimenten hinreißen ließ.

      In technischer und kaufmännischer Hinsicht richteten sich die meisten der damals neugegründeten Firmen bis zum Beginn der 90er Jahre noch immer nach dem Vorbild von Siemens & Halske, die damals ihren Vorrang noch unbestritten behaupteten. Sie begannen als offene Handelsgesellschaften und sobald es galt, ihnen eine straffere handelsrechtliche Form zu geben, bedienten sie sich der Rechtsnatur der Kommanditgesellschaft, die auch Siemens & Halske (Inhaber Werners Bruder Karl und Werners Söhne Arnold und Wilhelm) nach dem im Jahre 1890 erfolgten Austritt Werner v. Siemens aus der Firma gewählt hatten. Erst später, als die A. E. G. sich immer stärker mit ihren neuen Geschäftsmethoden an die Seite von Siemens & Halske und an dieser vorbei in den Vordergrund schob, wurde auch für die anderen Unternehmungen der Elektrizitätsindustrie die Aktiengesellschaft die gegebene Form, für die sich Emil Rathenau schon bei der Gründung seiner Gesellschaft im Jahre 1883 ohne Zögern, und ohne an irgend welche Vorbilder zu denken, entschieden hatte. Selbst Siemens & Halske konnten schließlich nicht umhin, ihr Unternehmen auch in dieser Hinsicht ihrer jüngeren Konkurrenz anzupassen und wandelten im Jahre 1897 ihre Kommanditgesellschaft als letzte der großen Elektrizitätsfirmen in eine Aktiengesellschaft um. Der Typ Rathenau hatte endgültig gesiegt. Werner v. Siemens, der im Jahre 1892 gestorben war, hatte diesen Umschwung allerdings nicht mehr erlebt. Ob er ihn gebilligt hätte, ist schwer zu sagen. Noch im Jahre 1889, als er seine Lebenserinnerungen schrieb, äußerte er sich über die Frage der rechtlichen Form von gewerblichen Unternehmungen folgendermaßen:

      „Es führt mich dies auf die Frage, ob es überhaupt dem allgemeinen Interesse dienlich ist, daß sich in einem Staate große Geschäftshäuser bilden, die sich dauernd im Besitze der Familie des Begründers erhalten. Man könnte sagen, daß solche großen Häuser dem Emporkommen vieler kleineren Unternehmungen hinderlich sind und deshalb schädlich wirken. Es ist das gewiß in vielen Fällen auch zutreffend. Überall, wo der Handwerksbetrieb ausreicht, die Fabrikation exportfähig zu erhalten, wirken große konkurrierende Fabriken nachteilig. Überall dagegen, wo es sich um die Entwicklung neuer Industriezweige und um die Eröffnung des Weltmarktes für schon bestehende handelt, sind große zentralisierte Geschäftsorgane mit reichlicher Kapitalansammlung unentbehrlich. Solche Kapitalansammlungen lassen sich heutigen Tages für bestimmte Zwecke allerdings am leichtesten in der Form von Aktiengesellschaften herbeiführen, doch können diese fast immer nur reine Erwerbsgesellschaften sein, die schon statutenmäßig nur die Erzielung möglichst hohen Gewinnes im Auge haben dürfen. Sie eignen sich daher nur zur Ausbeutung von bereits vorhandenen, erprobten Arbeitsmethoden und Einrichtungen. Die Eröffnung neuer Wege ist dagegen fast immer mühevoll und mit großem Risiko verknüpft, erfordert auch einen größeren Schatz von Spezialkenntnissen und Erfahrungen, als er in den meist kurzlebigen und ihre Leitung oft wechselnden Aktiengesellschaften zu finden ist. Eine solche Ansammlung von Kapital, Kenntnissen und Erfahrungen kann sich nur in lange bestehenden, durch Erbschaft in der Familie bleibenden Geschäftshäusern bilden und erhalten. So wie die großen Handelshäuser des Mittelalters nicht nur Geldgewinnungsanstalten waren, sondern sich für berufen und verpflichtet hielten, durch Aufsuchung neuer Verkehrsobjekte und neuer Handelswege ihren Mitbürgern und ihrem Staate zu dienen, und wie dies Pflichtgefühl sich als Familientradition durch viele Generationen fortpflanzte, so sind heutigen Tages im angebrochenen naturwissenschaftlichen Zeitalter die großen technischen Geschäftshäuser berufen, ihre ganze Kraft dafür einzusetzen, daß die Industrie ihres Landes im großen Wettkampfe der zivilisierten Welt die leitende Spitze, oder wenigstens den ihr nach Natur und Lage ihres Landes zustehenden Platz einnimmt.“

      Man sieht also, Werner v. Siemens fühlt das Bedürfnis, sich und seinen Typus des großindustriellen Geschäftshauses noch nach zwei Seiten hin zu verteidigen, einmal gegenüber dem von ihm überwundenen Handwerksbetrieb, den er zur Zeit seiner Anfänge in Deutschland noch als den herrschenden vorgefunden hatte, ferner gegenüber dem Aktienbetrieb, der damals schon im Begriff war, seinen Typus zu überwinden. Inzwischen hat sich gezeigt, daß die Nachteile, die er den Aktiengesellschaften zuschreibt, nämlich die Notwendigkeit, hohe Gewinne zu erzielen und auszuschütten, dieser Rechtsform zwar anhaften können, aber nicht anzuhaften brauchen. Es gibt Aktiengesellschaften, die Gewinne ebenso zurückzuhalten und im Betriebe weiterarbeiten zu lassen verstehen, wie Privathäuser. Man braucht gar nicht einmal an die Friedrich Krupp Akt.-Ges., an die Thyssenschen, Hanielschen Unternehmungen und an viele andere zu denken, deren Aktien sich in einer Hand oder in den Händen einer geschlossenen Gruppe befinden. Wir wissen jetzt, daß auch die eigentlichen Aktiengesellschaften, die nicht Privathäuser in Aktiengesellschaftsform, sondern republikanische Gebilde mit zersplittertem Aktienbesitz sind, die Nachteile, die ihnen Werner v. Siemens zuschreibt, sehr wohl vermeiden und über das jeweilige Aktionärinteresse hinaus bei zweckentsprechender Verwaltung eine solide Innenkultur treiben können. Diesen Beweis hat kein anderer so glänzend erbracht, wie der zweite große technische Kaufmann der deutschen Elektrizitätsindustrie: Emil Rathenau.

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