Eduard von Keyserling
Gesammelte Werke
Romane und Novellen
Eduard von Keyserling
Gesammelte Werke
Romane und Novellen
Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2020
1. Auflage, ISBN 978-3-962814-60-1
null-papier.de/611
null-papier.de/katalog
Inhaltsverzeichnis
Fräulein Rosa Herz
Wellen
Beate und Mareile
Seine Liebeserfahrung
Dumala
Abendliche Häuser
Schwüle Tage
Am Südhang
Die dritte Stiege
Fürstinnen
Nachbarn
Harmonie
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Jürgen Schulze
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Autor
Eduard Graf von Keyserling (1855–1918) war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker des Impressionismus.
Er entstammte einer kleinadligen Familie. Seine Schwestern Henriette (1839–1908) und Elise (1842–1915) wurden ebenso als Schriftstellerinnen bekannt.
Keyserling wurde als zehntes von zwölf Kindern geboren. Nach dem Gymnasium begann er ein Jurastudium, das er »wegen einer Inkorrektheit« unterbrechen musste, eher er sich entschloss, im entfernten Wien Philosophie und Kunstgeschichte zu studieren.
Keyserling war selbst in seinem Stand ein Einzelgänger und gesellschaftlich isoliert. Durch eine Syphilisinfektion erkrankt erblindete er mit 45 Jahren. Danach diktierte er seine Werke den in seinem Haushalt lebenden Schwestern. In seinen letzten Lebensjahren verließ er kaum noch das Haus in München Schwabing, wo er vom Jahre 1900 bis zu seinem Tod wohnte.
Immer mal wieder vergessen und neu entdeckt gilt Keyserling aufgrund seiner ab 1903 veröffentlichten Erzählungen, Novellen und Romane als einer der wenigen bedeutenden impressionistischen Erzähler. Vielen gilt er als »der bessere Fontane«.
Die Riege seiner Anhängerschaft ist lang und reicht von Hermann Hesse über Thomas Mann bis Arthur Schnitzler und Marcel Reich-Ranicki.
Auswahl der Werke:
- 1887 Fräulein Rosa Herz – Eine Kleinstadtliebe
- 1892 Die dritte Stiege
- 1902 Die schwarze Flasche
- 1903 Beate und Mareile – Eine Schloßgeschichte
- 1904 Schwüle Tage (Novellensammlung)
- 1905 Harmonie
- 1908 Landpartie – Junistimmung
- 1909 Bunte Herzen (Novellensammlung)
- 1911 Wellen
- 1914 Abendliche Häuser
- 1916 Am Südhang
- 1917 Fürstinnen
So di che poco canape s’allaccia
Un’ anima gentil, quand’ ella é sola
E non é chi per lei di fesa faccia.
Petrarca
Vorwort
Ich weiß sehr wohl, dass Rosa Herz nur ein unbedeutendes armes Mädchen ist, das ein Schicksal erleidet, wie es unzählige unbedeutende arme Mädchen erleiden. An ihr und ihrem Schicksal ist somit nichts, was des Aufhebens wert wäre. Dennoch – könnte ich bewirken, dass der Leser diese unbedeutende Mädchenseele und dieses gewöhnliche Schicksal nachfühlt und nachlebt, so würde ich glauben, demjenigen mit meiner Erzählung willkommen zu sein, der, nicht zufrieden, nur ein Leben und eine Seele zu besitzen, gern fremdes Leben in sich aufnimmt. Da ist es denn gleich, ob es ein König oder ein armes Mädchen ist; nur ein Menschenleben – wirkliches Leben – muss es sein – »ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe«, sagt der Prediger Salomonis. – – –
Der Verfasser
Erstes Kapitel
Den Ort, an dem Fräulein Rosa Herz das Licht der Welt zuerst erblickt hatte, vermochte keiner anzugeben. Wo ihre Wiege gestanden – ob sie überhaupt je eine Wiege besessen –, wer konnte es wissen! Über jenen Teil von Fräulein Rosas Leben hatte sich undurchdringliches Dunkel gebreitet.
Herr Klappekahl, der Apotheker, war gewiss ein Mann von seltenem Scharfblick. Ein halbes Jahr hatte er in der Residenz verlebt, und die Früchte jenes Aufenthaltes, ohne Zweifel, waren: Weltklugheit, Bildung, skeptische Klarheit in der Beurteilung der verwickeltsten Verhältnisse; Eigenschaften, die ein jeder ihm zuerkannte. Vielleicht auch ein Anflug von Frivolität, aber – »mein Gott!« meinte er, »wer kann sich in der verderbten Weltstadt davor bewahren!« Herr Klappekahl nun pflegte zu sagen, wenn das Gespräch auf Rosa Herz kam: »Ihren Geburtsort? Gott, wer soll den kennen! Solche arme Würmer kommen ebenso geräuschlos und plötzlich zur Welt wie die Pilze nach dem Sommerregen. Gelegentlich einmal, während eines Zwischenaktes, hinter einer alten Kulisse, was weiß ich! – Das Publikum klatscht und ruft. Dann tritt der Regisseur vor und dankt, denn die Fee oder der Engel kann nicht erscheinen, ein kleines Unwohlsein… Und in einer Ecke hört man’s piepen. In einer verstaubten Papprüstung – auf einem wackeligen Theaterthron liegt etwas