Die Wachtel Kinder-Eindrücke
Ich war etwa zehn Jahre alt, als mir passierte, was ich hier erzählen will.
Es war Sommer. Ich weilte damals bei meinem Vater auf dem Maierhof des südlichen Russland. Rings um uns auf mehrere Werst Entfernung erstreckte sich die Steppe. Kein Baum, kein Bach in der ganzen Nachbarschaft. Niedrige, mit Buschwerk bedeckte Einsenkungen durchfurchten, grünen Schlangen gleich, hie und da die einförmige Fläche. Schwache Wasseradern sickerten auf dem Boden dieser Einsenkungen. An anderem Ort, beinahe auf der Höhe der Abhänge, gewahrte man kleine Quellen, deren Wasser so klar war wie die Thränen, und zu denen stark begangene Fußwege führten. Am Rande des Wassers, in der feuchten Erde kreuzten sich die Fußspuren der Vögel und der anderen kleinen Tiere. Sie sowohl wie die Menschen brauchen reines Wasser.
Mein Vater war ein passionierter Jäger. Ließen ihm seine Arbeiten einen Augenblick Zeit, und war das Wetter schön, so nahm er sein Gewehr, hing die Jagdtasche um, pfiff seinem Hunde, dem alten Schatz, und ging auf die Wachtel- oder Rebhuhn-Jagd. Er verachtete die Hasen. Die, wie er mit spottenden Tone sagte, höchstens für die Sonntagsjäger gut seien. Neben den Schnepfen, die im Herbst kamen, war dies das ganze Wild, das es bei uns gab.
Dafür gab es Wachteln und Rebhühner in Menge; besonders Rebhühner. Folgte man den Abhängen der Einsenkungen, so traf man jeden Augenblick dort, wo sie sich niedergeduckt hatten, die Spuren ihrer Krallen im trockenen Staube. Der alte Schatz setzte sich sogleich in Positur. Sein Schweif zitterte, die Haut über seiner Stirn legte sich in Falten, und mein Vater wurde etwas blaß, während er den Finger vorsichtig dem Hahn seines Gewehres näherte.
Er nahm mich zu meiner großen Freude oft mit. Ich streckte meine Hosen in die Stiefel, warf meine Feldflasche über die Schulter und bildete mir ein, ein echter Jäger zu sein. Der Schweiß rann mir in Strömen von der Stirn, der Sand lief mir in die Stiefel, aber ich fühlte keine Müdigkeit und wich meinem Vater nicht von der Seite. So oft ein Schuß fiel und ein Tier stürzte, sprang ich hoch in die Höhe und stieß einen Freudenschrei aus, so glücklich war ich. Der verwundete Vogel überschlug sich, zappelte mit den Flügeln, bald auf dem Boden, bald im Maule des Hundes – sein Blut floß, und ich – ich war entzückt und empfand nicht das leiseste Gefühl des Mitleids.
Was hätte ich nicht darum gegeben, selbst schießen, die Wachteln und Rebhühner selbst zu töten! Aber mein Vater hatte mir auseinandergesetzt, daß ich ein Gewehr erst bekäme, wenn ich zwölf Jahre alt, und daß mir dann erlaubt sein werde, auf Lerchen zu schießen. Es gab Unmassen von diesen Vögeln in unserer Gegend. An schönen Tagen, wenn die Sonne schien, sah man sie zu Dutzenden am klaren Himmel schweben; sie stiegen höher, und immer höher, und ihr Zwitschern klang wie der Nachhall ferner Glöcklein.
Ich blickte zu Ihnen hinauf wie auf meine künftige Beute und zielte nach ihnen mit dem Stock, den ich an meine Schulter drückte, wie mit einem Gewehr. Nichts ist leichter, als sie zu treffen, wenn sie mit ausgebreiteten Flügeln fünf oder sechs Fuß über der Erde schweben, bevor sie plötzlich im Gebüsch verschwinden.
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