MRK
Ausfertigungsdatum: 04.11.1950
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
in der Fassung des Protokolls Nr. 11
Rom/Rome, 4.XI.1950
Der Text der Konvention wurde geändert entsprechend den Bestimmungen von Protokoll Nr. 3 (SEV Nr. 45), in Kraft getreten am 21. September 1970, von Protokoll Nr. 5 (SEV Nr. 55), in Kraft getreten am 20. Dezember 1971, und von Protokoll Nr. 8 (SEV Nr. 118), in Kraft getreten am 1. Januar 1990. Er umfaßte weiterhin den Text von Protokoll Nr. 2 (SEV Nr. 44), das, gemäß Artikel 5 Absatz 3, seit seinem Inkrafttreten am 21. September 1970 Bestandteil der Konvention war. Sämtliche Bestimmungen, die durch diese Protokolle geändert oder hinzugefügt wurden, sind ab dem Inkrafttreten von Protokoll Nr. 11 (SEV Nr. 155) am 1. November 1998 durch letzteres ersetzt. Ab diesem Zeitpunkt ist das am 1. Oktober 1994 in Kraft getretene Protokoll Nr. 9 (SEV Nr. 140), aufgehoben.
Bereinigte Übersetzung zwischen Deutschland, Liechtenstein, Österreich und der Schweiz abgestimmte Fassung
Die Unterzeichnerregierungen, Mitglieder des Europarats -
in Anbetracht der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verkündet worden ist;
in der Erwägung, daß diese Erklärung bezweckt, die universelle und wirksame Anerkennung und Einhaltung der in ihr aufgeführten Rechte zu gewährleisten;
in der Erwägung, daß es das Ziel des Europarats ist, eine engere Verbindung zwischen seinen Mitgliedern herzustellen, und daß eines der Mittel zur Erreichung dieses Zieles die Wahrung und Fortentwicklung der Menschenrechte und Grundfreiheiten ist;
in Bekräftigung ihres tiefen Glaubens an diese Grundfreiheiten, welche die Grundlage von Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bilden und die am besten durch eine wahrhaft demokratische politische Ordnung sowie durch ein gemeinsames Verständnis und eine gemeinsame Achtung der diesen Grundfreiheiten zugrunde liegenden Menschenrechte gesichert werden;
entschlossen, als Regierungen europäischer Staaten, die vom gleichen Geist beseelt sind und ein gemeinsames Erbe an politischen Überlieferungen, Idealen, Achtung der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit besitzen, die ersten Schritte auf dem Weg zu einer kollektiven Garantie bestimmter in der Allgemeinen Erklärung aufgeführter Rechte zu unternehmen -
haben folgendes vereinbart:
Artikel 1 – Verpflichtung zur Achtung der Menschenrechte
Die Hohen Vertragsparteien sichern allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in Abschnitt I bestimmten Rechte und Freiheiten zu.
Abschnitt I – Rechte und Freiheiten
Artikel 2 – Recht auf Leben
1. Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich ge schützt. Niemand darf ab sichtlich getötet werden, außer durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist.
2. Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um
a. jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b. jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c. einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen.
Artikel 3 – Verbot der Folter
Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Artikel 4 – Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
1. Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden.
2. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.
3. Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
a. eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Vor aussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
b. eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienst verweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
c. eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
d. eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bür gerpflichten gehört.
Artikel 5 – Recht auf Freiheit und Sicherheit
1. Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicher heit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzo gen werden:
a. rechtmäßiger Freiheitsentzug(1) nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht;
b. rechtmäßige Festnahme oder rechtmäßiger Freiheitsentzug (2) wegen Nichtbefolgung einer rechtmäßigen gerichtlichen Anordnung oder zur Erzwingung der Erfüllung einer gesetzlichen Ver pflichtung;
c. rechtmäßige Festnahme oder rechtmäßiger Freiheitsentzug(2) zur Vorfüh rung vor die zustän dige Gerichtsbehörde, wenn hinreichender Verdacht besteht, daß die betreffende Person eine Straftat begangen hat, oder wenn begründeter Anlaß zu der Annah me be steht, daß es notwendig ist, sie an der Begehung einer Straftat oder an der Flucht nach Begehung einer solchen zu hindern;
d. rechtmäßiger Freiheitsentzug(1) bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Er ziehung oder zur Vorführung vor die zuständige Behörde;
e. rechtmäßiger Freiheitsentzug (1) mit dem Ziel, eine Ver breitung ansteckender Krankheiten zu verhindern, sowie bei psychisch Kranken, Alkohol- oder Rausch giftsüchtigen und Landstreichern;
f. rechtmäßige Festnahme oder rechtmäßiger Freiheitsentzug(2) zur Verhinderung der unerlaub ten Einreise sowie bei Personen, gegen die ein Ausweisungs- oder Ausliefe rungs ver fahren im Gange ist.
2. Jeder festgenommenen Person muß unverzüglich in einer ihr verständ lichen Sprache mitgeteilt werden, welches die Gründe für ihre Festnahme sind und welche Beschuldigun gen gegen sie erhoben werden.
3. Jede Person, die nach Absatz 1 Buchstabe c von Festnahme oder Freiheitsentzug(2) betroffen ist, muß unverzüglich einem Rich ter oder einer anderen gesetzlich zur Wahrnehmung richterlicher Auf gaben ermächtigten Person vorgeführt werden; sie hat Anspruch auf ein Urteil innerhalb angemessener Frist oder auf Entlassung während des Verfahrens. Die Entlassung kann von der Leistung einer Sicherheit für das Erscheinen vor Gericht abhän gig gemacht werden.
4. Jede Person, die festgenommen oder der die Freiheit entzogen ist, hat das Recht zu beantragen, daß ein Gericht innerhalb kurzer Frist über die Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzugs(3)entscheidet und ihre Entlassung anordnet, wenn der Freiheitsentzug(4) nicht rechtmä ßig ist.
5. Jede Person, die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme oder Freiheitsentzug(2) betroffen ist, hat Anspruch auf Scha denser satz.
Artikel 6 – Recht auf ein faires Verfahren
1. JJede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivil rechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene straf rechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhen den Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muß öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens aus geschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationa len Sicher heit in einer demokratischen