Hermann Brünjes
Die Auferstehung des Oliver Bender
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Inhaltsverzeichnis
Die Auferstehung des Oliver Bender
Die Auferstehung des Oliver Bender
Gewidmet den Einwohnern
jenes Dorfes, das mir Jahrzehnte Heimat war.
Bei euch begegnen sich Himmel und Tal.
Danke.
Prolog
»Victory!«
Den meisten der Trauernden kamen spätestens jetzt die Tränen. Dieses Lied hatte er selbst sich ausgesucht. »Victory is on our lips and in our life! For Jesus has surely been raised from the death!« Gespielt und gesungen wurde es von jungen Leuten zu Gitarre und Saxofon. Oliver war nur 66 geworden. Seinen zweiten Herzinfarkt hatte er nicht überlebt.
Maren, seine zehn Jahre jüngere Frau, trug ein schwarzweißes Kleid. Wie immer sah sie nicht nur gepflegt, sondern richtig gut aus. Diesmal allerdings trug sie Trauer im Gesicht. Tränen hatten unter ihren Augen schillernde Spuren hinterlassen. Dennoch sah sie gefasst auf den schlichten Sarg, der jetzt von vier Männern in Schwarz in die Grube gelassen wurde. Sie selbst hatte immer gesagt, sie wolle einmal »im Stück« beerdigt werden. Ihr Mann, dem auch Verbrennen Recht gewesen wäre, hatte zugestimmt und gemeint, er wolle dann auch im Tod an ihrer Seite bleiben.
Die Feier in der Kapelle des Himmelstaler Friedhofs war kurz aber eindrücklich gewesen. Sie hatten kräftig gesungen. Sowohl den alten Choral »Großer Gott wir loben dich!«, als auch das neuere Lied »Gott mein Herr«, kannten viele Mitglieder der Trauergemeinde und hatten von Herzen mitgesungen. An der Straße mögen sich Passanten gewundert haben, klang es doch aus der Kapelle eher nach Freude als nach Trauer.
»Vater unser«, auch das Gebet Jesu hallte laut aus vielen Mündern über dem noch offenen Grab. Zuerst der Pastor, dann Maren Bender, die beiden Kinder und ein Enkel, dann viele Freunde, alte Kollegen, Nachbarn und Dorfbewohner warfen Erde und Blumen auf den Sarg.
Dann war es vorbei.
Noch am Nachmittag wurde das Grab geschlossen. Auf den Erdhügel legte man einen Kranz und zwei Gestecke.
Das war’s mit Oliver Bender.
Freitag, 9.8.
»Er ist auferstanden!«
Der Mann sieht eigentlich recht seriös und zeitgemäß aus: kariertes Freizeithemd mit kurzen Ärmeln, blaue Jeans und Sandalen ohne Socken an den Füßen.
Ich muss ihn anschauen wie einen Außerirdischen, denn schnell schiebt er eine Erklärung nach.
»Äh, ich meine, er war einfach wieder da.«
»Wer, Jesus Christus?« Ich grinse ihn etwas dümmlich an. »Das hört man ja allenthalben.«
»Nein, Oliver Bender.«
»Und wer soll das sein?«
»Das ist unser Nachbar! Nee, das war unser Nachbar.«
»Ist oder war? Er war also tot? Oder ist es noch?«
Ich hoffe, der Mann ist von meinen dummen Fragen nicht genervt. Er verzieht den Mund, bleibt jedoch sachlich.
»Ja, er war tot. Wir haben ihn mit großer Anteilnahme heute vor einer Woche auf dem Himmelstaler Friedhof beerdigt. Alle waren sie dort, das ganze Dorf, seine Frau Maren, seine Kinder und Enkel, wir Nachbarn. Alle!«
»Und nun lebt er wieder? Und ist jemandem erschienen?«
»Richtig. Am Sonntagabend haben ihn zwei Nachbarn gesehen. Corinna und ich.«
Gerald Tönnies, so heißt mein um die fünfzig Jahre alter Gesprächspartner, nickt energisch, so als will er sich selbst noch einmal das Unmögliche als möglich bestätigen.
»Corinna hat ihn gegen zehn Uhr abends auf seiner Terrasse gesehen. Und ich bereits vorher in unserer Straße.«
Mir ist nicht klar, ob ich dieses Gespräch überhaupt weiterführen soll. Ich bin zwar weder Chefredakteur unseres Käseblattes noch dessen Starreporter – aber auch ich stehe meistens