Liebesleben und Geschlechterkampf. Tekla Reimers. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tekla Reimers
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738067477
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      Tekla Reimers

      Liebesleben und Geschlechterkampf

      Biologische Gleichheit - Differenzen - Bindungen aus weiblicher Sicht

      Dieses ebook wurde erstellt bei

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1. Gleichheit der Geschlechter

       2. Erzählung I: Alix wächst heran und überschreitet die weibliche Rolle.

       3. Die großen Frauen und das starke Geschlecht

       4. Erzählung II: Alix‘ Schwestern suchen den Mann fürs Leben

       5. Frauen und Männer sind gleich reizvoll

       6. Schönheit

       7. Erzählung III: Alix erlebt sexualisierte Gewalt und wird Eine, die das Wissen liebt

       8. Darwins Kampfgesetz, Gewalt und List

       9. Kindliche Kampfspiele

       10. Erzählung IV: Alix emanzipiert sich für eine eigene Karriere

       11. Frauenmacht und Männerherrschaft

       12. Wirtschaftliche Macht und Geschlechterhierarchie

       13. Erzählung V: Alix findet eine Liebesehe und ihre Berufung zur Naturwissenschaft

       14. Liebeswonnen und Informationsstoffe

       15. Sexualerregung

       16. Erzählung VI: Alix sucht ihre orgastische Potenz

       17. Gleichheit in orgastischer Lust

       18. Bindungen durch Geschlechtsliebe

       Angeführte und zitierte Literatur

       Stichwortverzeichnis

       Impressum neobooks

      1. Gleichheit der Geschlechter

      Biologisch betrachtet lassen sich die alten Geschichten über Frauen in Männerkleidern, die von echten Männern nicht zu unterscheiden sind, auch heute immer wieder bestätigen. Mehr noch: sogar ohne Kleider - zum Beispiel in der Sauna - sehen Frauen und Männer von hinten oftmals gleich aus. Körperhöhe, Schulterbreite, Hüftumfang, Muskulatur, Behaarung oder Länge der Beine, all diese Merkmale variieren total innerhalb eines Geschlechts und zwischen den Geschlechtern. Allein die Vorderansicht des Menschen, mit Busen oder Penis, ist normalerweise eindeutig weiblich oder männlich.

      Diese biologische Tatsache wird im Alltagsleben durch sexistische Konventionen der Bekleidung verdeckt. Zu Grunde liegt ihr die bisexuelle, zwittrige Potenz aller Zellen: Jede einzelne Körperzelle eines Menschen enthält Entwicklungsmöglichkeiten für beide Geschlechter, was daher auch für die Organe gilt und ebenfalls für den menschlichen Embryo. Die Zellen einer genetischen Frau, wie die eines genetischen Mannes, sind befähigt einen vollständig weiblichen Körper auszubilden, ebenso wie einen vollständig männlichen. Anfangs sind für jeden einzelnen Embryo Entwicklungen aller Eigenschaften beider Geschlechter möglich. Ob eine Zelle, ein Organ, schließlich ein Mensch sich in mehr weiblicher oder mehr männlicher Richtung gestaltet und heranwächst, hängt von den Einflüssen ab, denen die jeweiligen Zellen im Körper ausgesetzt sind. Bei Säugetieren und Menschen kommen diese allein aus inneren Bedingungen: Chromosomen, Genen auf dem Y-Chromosom sogenannten Geschlechtsrealisatoren und Hormonen.

      Beispielsweise bedeutet das: die Knorpelzellen im Schultergürtel einer Frau können zu männlicher Schulterbreite auswachsen, wenn sie in der Jugend von männlichen Hormonen in genügender Menge beeinflusst werden. Das Gleiche geschieht mit den Hüftknochen des Mannes unter Östrogeneinfluss. Entsprechendes gilt für alle anderen Geschlechtsmerkmale.

      Deshalb sind die Geschlechter im Körperbau nicht alternativ, sondern variieren entlang einer graduellen Skala zwischen weiblichen und männlichen Extremen, den W<—>M-Polen. Es gibt alle erdenklichen Kombinationen maskuliner und femininer Merkmale an Muskulatur, Fettpolsterung, Gesichtsbildung und Behaarung. Sämtliche möglichen Variationen erblicher Konstitution zwischen femininem Mann mit reichlich Unterhaut-Fettgewebe, grazilem Knochenbau und spärlicher Behaarung und viriler Frau: schmalhüftig, langbeinig, mit breitem Kreuz, harten Muskeln und behaartem Körper kommen heutzutage in der Weltbevölkerung vor.

      Die statistischen Mittelwerte von Messungen körperlicher Merkmale der Geschlechter verschweigen ihren oft großen Überschneidungsbereich, die Gemeinsamkeiten. In der Biologie sind Eigenschaften, die als zweigestaltig zwischen den Geschlechtern gelten (=sexualdimorph), immer als getrennte Häufigkeitsverteilungen erfasst und dargestellt worden. Das Ausmaß sexueller Unterschiede drückt sich infolgedessen als Abweichung der arithmetischen Mittelwerte aus und wird zumeist in Prozentzahlen der Geschlechterrelation festgestellt: Die männlichen Messwerte sind dabei willkürlich als hundertprozentig (100%!) gesetzt worden und die weiblichen dann jeweils darauf bezogen. So erscheinen Frauenkörper ungefähr 95-prozentig, irgendwie unvollständig gegenüber dem - willkürlich zum Ganzen erhobenen – Mann. Männliche Werte ergeben in dieser Darstellung einen Vollmenschen, weibliche nur einen Teil davon - eben ca. 95%. Eine Umkehrung der Geschlechterrelationen wäre genauso richtig, d.h. die weiblichen Messwerte könnten als 100% gesetzt werden und männliche Werte darauf bezogen. Das Männliche erschiene dann, mit ungefähr 108%, als irgendwie überschießend, das menschliche Normalmaß überschreitend.

      Was den Kern der Sache eigentlich sogar besser träfe, denn das genetische Basisprogramm aller Säugetiere ist weiblich. Zwingend auch für den Menschen aufgrund seiner Stammesgeschichte. Die Ausbildung männlicher Merkmale muss in jedem individuellen Körper extra angestoßen werden - von einigen Genen auf dem Y-Chromosom, den Geschlechtsrealisatoren. Sie wandeln die zwittrigen Keimdrüsen eines Embryos in Hoden, die ihrerseits durch Männlichkeitshormone die Körperzellen beeinflussen sich in männliche Richtung auszuwachsen. Ohne diesen permanenten Einfluss von Hodenhormonen, gestalten sich in allen Menschenkörpern sämtliche Gewebe und Organe rein weiblich. Alle männlichen Eigenschaften müssen also über das genetische Grundprogramm hinaus eigens hervorgerufen werden, bei jedem Mann, während einer Phase vor der Geburt und in der Pubertät. Das hat sich naturhistorisch so ergeben, letzten Endes durch die Evolution eines weitgehend leeren Y-Chromosoms