Quentin Durward. Walter Scott. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Walter Scott
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783754172261
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mit welcher Beschwerde ist er denn hergekommen?“

      „Über allerhand Dinge“, erwiderte Crawford, „die an der Grenze vorgefallen sein sollen; zuletzt aber darüber, dass unser König einer Dame, die aus Dijon geflüchtet sei, einer jungen burgundischen Gräfin, seinen Schutz habe angedeihen lassen, während der Herzog sie als seine Pflegetochter an den Grafen de Campobasso habe verkuppeln wollen.“

      „Ist denn die Dame ganz allein nach Frankreich hinübergekommen?“, fragte Lindesay.

      „Ganz allein nicht“, erwiderte Lord Crawford, „sondern mit einer älteren Verwandten, auch einer Gräfin, die sich in dieser Angelegenheit dem Willen der jüngeren gefügt und die Reise mit ihr zusammen unternommen hat.“

      „Aber wird sich denn der König als Lehnsherr des Herzogs in solchen Streit zwischen ihm und seinem Mündel einlassen?“, fragte Cunningham, „der Herzog hat doch über sie das gleiche Recht, das dem König nach dem Ableben des Herzogs zustände?“

      „Der König wird sich wohl in diesem Falle, wie immer, von den Regeln der Politik bestimmen lassen“, bemerkte Crawford, „und bekannt ist Euch wohl, dass er die beiden Gräfinnen nicht offiziell empfangen, sondern unter den Schutz seiner Tochter, der Madame von Beaujeu, oder der Prinzessin Johanna zu stellen geruht hat.“

      „Der Burgunder will von Politik aber nichts wissen“, meinte Gutherie, „und so kann's wohl sein, dass sie mal aneinandergeraten.“

      „Mag der heilige Andreas dazu helfen!“, riefe Balafré. „Ich hab's mir schon seit zwanzig Jahren prophezeit, dass ich das Glück meines Hauses noch einmal durch eine Heirat mache. Wer weiß, was passiert, wenn wir noch einmal für Ehre und Frauenliebe in den Kampf ziehen, nach dem Motto der alten Romanzen und Rittergesänge?“

      „Du willst noch von Frauenliebe faseln mit Deiner Narbe über der Nase?“, spottete Gutherie.

      „Halt, Kameraden!“, rief Crawford, „hier ist der Ort nicht, um mit scharfen Waffen zu fechten oder auch nur einander mit bitterem Spott zu streiten. Hier sind wir alle zusammen gute Freunde, und was die junge Dame anbetrifft, so ist sie für einen armen schottischen Lord viel zu reich, sonst möchte ich mich schließlich trotz meiner sechzig Jahre selbst um ihre Hand bewerben. Indessen eins können wir tun, nämlich einen Humpen leeren auf ihre Gesundheit! Denn sie soll, wie es heißt, eine wahre Schönheit sein.“

      „Ich dürfte sie“, sagte ein anderer der Bogenschützen, „heute Morgen gesehen haben, als ich auf Barrierenwache war. Aber sie sah da mehr aus wie eine dunkle Laterne statt wie ein Licht; denn man trug sie in geschlossener Sänfte zum Schloss.“

      Lord Crawford erhob verweisend die Hand und rief, zu dem Sprecher gewandt: „Was sind das für Reden, Arnot? Schämt Euch! Welcher Soldat spricht wohl darüber, was er auf seinem Posten sieht? Zudem könnt Ihr doch gar nicht wissen“, setzte er hinzu, „ob sich da grade die Gräfin Isabella in der Sänfte befunden hat?“

      „Nun, Mylord“, erwiderte Arnot, „ich kann bloß sagen, dass mein Trabant grade die Pferde im Dorfe herumführte, und dabei dem Eseltreiber Donquin in den Weg lief, der die Sänften wieder nach dem Gasthofe brachte, weil sie dem Lilienwirte gehörten, und da sah ich, wie der Donquin sich einen Humpen Wein vom Wirt geben ließ und den Saunders Steed bat, ihm als alter Bekannter Bescheid zu tun, und der Saunders Steed machte gar keine Umstände, sondern tat ihm auf der Stelle Bescheid ...“

      „Auf der Stelle“, wiederholte Lord Crawford, „das sage ich Euch, meine Herren! So etwas kommt mir nicht wieder vor, ich verlange, dass es in dieser Hinsicht mit Euch besser werden muss! Eure Trabanten und Burschen sind viel zu schnell bei der Hand, mit jemand ein Glas zu leeren. In Kriegszeiten ist das eine gar nicht so ungefährliche Sache! Indessen meine ich, lieber Arnot, wir machen Eurem Berichte, der sich ein wenig in die Länge zu ziehen droht, durch einen kräftigen Schluck ein schnelles Ende. Der Gräfin Isabelle von Croye soll's gelten! Und den Wunsch wollen wir damit verbinden, dass es ihr vom Schicksal beschieden sein möge, einen besseren Gatten zu bekommen als den elenden, italienischen Schurken Campobasso. Und nun, Kamerad Arnot, was hat denn der Eseltreiber zu Deinem Trabanten gesprochen?“

      „Mit Verlaub“, erwiderte Arnot; „die beiden Damen, die er in den Sänften ins Schloss getragen habe, seien große Damen gewesen und hätten sich ein paar Tage inkognito im Hause seines Herrn aufgehalten, und der König habe sie auch mehr denn einmal mit seinem Besuche beehrt und ihnen immer große Aufmerksamkeiten erwiesen. Seiner Meinung nach hätten sie sich in das Schloss geflüchtet aus Furcht vor dem Grafen Crevecoeur, dem Gesandten des Burgunders, dessen Ankunft soeben durch einen vorausgeeilten Kurier gemeldet wurde.“

      „Was Du sagst, Kamerad!“, rief da Gutherie, „da sollte man doch meinen, dass es niemand anders als die Gräfin Isabelle gewesen sei, die zur Laute sang, als ich über den Hof ging! Die Musik kam aus den Nebenfenstern des Dauphinturms, und etwas so Liebliches ist wohl im Schloss Plessis noch nie vernommen worden. Meiner Treu! Ich dachte, die Musik käme von niemand anders als von der Fee Melusine. Ich hab, trotzdem ich wusste, dass der Tisch für uns schon gedeckt sei, mich wahrhaftig nicht vom Flecke weg rühren können, sondern stand da, wie ... wie ...“

      „Wie ein Esel, mein lieber Guthrie“, fiel ihm Lord Crawford ins Wort, „Du hast die Mahlzeit mit Deiner langen Nase gerochen, und die Musik gehört mit Deinen langen Ohren, aber Dein kurzer Verstand hat nicht ausgereicht, Dir zu sagen, wofür Du Dich entscheiden sollst ... Doch schallt da nicht die Glocke von der Kathedrale zur Vesper herüber? Es kann doch, weiß der Herr! Noch nicht Vesperzeit sein? Da muss der Küster ja um eine ganze Stunde zu zeitig geläutet haben!“

      „Nicht doch“, rief Cunningham, „die Glocke erklingt schon zur rechten Zeit! An der westlichen Seite der herrlichen Ebene geht ja schon die Sonne unter.“

      „Du hast recht, Cunningham“, erwiderte Lord Crawford; „na, Bursche! Wir müssen uns mehr an regelmäßiges Leben halten, denn im Guten kommt man am weitesten ... und ein gutes, altes Sprichwort sagt: Langsames Feuer dörrt das Malz recht. Also zum Schluss noch einen vollen Humpen auf Altschottlands Wohl! Dann jeder wieder auf seinen Posten!“

      Der Abschiedstrunk wurde geleert, dann entfernten sich die Soldaten. Lord Crawford nahm unter dem Vorwand, ihm ein paar Weisungen noch für seinen Neffen zu geben, Balafré am Arm. In Wahrheit wollte er seinen leicht schwankenden Gang geschickt verheimlichen, und schritt in höchst zeremoniöser Haltung in seine Behausung, die ihn über die beiden Höfe, die seine Behausung von dem Bankettsaal trennten, führte. Mit eindringlichen Worten empfahl er vorm Auseinandergehen Balafré die gewissenhafteste Fürsorge für den Neffen, besonders da, wo Wein und Weiber in Betracht kämen.

      Dem Neffen Quentin Durward war von den Worten, die über die schöne Gräfin Isabelle gesprochen worden waren, keines entgangen. Kaum hatte er die kleine Zelle betreten, die er hinfort als Page seines Onkels beziehen sollte, so versank er in tiefes Nachdenken. Der Jüngling wurde aus seinen Träumen gerissen als der kleine Will Harper, sein Stubenkamerad, den Raum betrat. Dieser brachte ihm die Weisung seines Onkels, sich schlafen zu legen und Kräfte für den andern Tag zu sammeln, an welchem er seinen Dienst anzutreten habe.

      Achtes Kapitel.

      Am nächsten Morgen fand die Sonne den Weg in die kleine Zelle. Die Folge, Durward sprang seinem Lager auf, um in die stattliche Uniform zu fahren, die er als Page seines Onkels Balafré tragen sollte. Auf die er auch mit allem Recht stolz war, denn sie war vom Onkel auf das vornehmste und reichlichste ausstaffiert.

      „Na, Junge“, rief Balafré, sich lustig die Hände reibend, „zeigst Du Dich ebenso treu und tapfer, wie sich Dein Aussehen nett und schmuck macht, dann werde ich den prächtigsten Pagen des ganzen Korps haben! Folge mir ins königliche Vorzimmer, doch halte Dich immer mir zur Seite!“

      Mit diesen Worten nahm er seine wuchtige, und doch kunstvoll verzierte Partisane, eine Stangenwaffe von etwa 2,50 m länge, und gab seinem Neffen eine leichtere, aber sonst, der seinigen völlig gleiche Waffe derselben Art, in die Hand. Dann begaben sie sich in den inneren Palasthof, wo ihre Kameraden, denen die Wache in den inneren Gemächern oblag, bereits Aufstellung genommen hatten. Auf einen Wink Balafrés